Österreichs Handball-Männer müssen Platz fünf bei der Heim-EM abhaken. Am Montag unterlagen Nikola Bilyk und Co. in der Wr. Stadthalle Deutschland mit 22:34 (13:16) und können in Hauptrundengruppe I den dritten Rang nicht mehr erreichen. Gegen die im bisherigen Turnierverlauf enttäuschenden Deutschen waren gute erste 15 Minuten zu wenig - am Ende stand die bisher höchste Niederlage bei dieser EM.

Das Halbfinale war für die Deutschen, die nun auf Platz fünf hoffen, schon vor der Österreich-Partie nicht mehr möglich gewesen. Die Tickets für die Top-Vier sicherten sich zuvor bereits Kroatien und Spanien. Für Österreich geht es im abschließenden Spiel gegen Weißrussland am Mittwoch (18.15 Uhr, live ORF 1) aber noch um die beste ÖHB-Endrunden-Platzierung der Handball-Neuzeit. Das ist aktuell der 9. Rang von der Heim-EM 2010.

Guter Start der Österreicher

Österreich erwischte vor 9000 Zuschauern und bei prächtiger Stimmung einmal mehr einen guten Start. Deutschland mühte sich im Angriff, auch Goalie Thomas Eichberger zeigte gleich mit zwei Paraden Präsenz. Im Angriff lief es vor allem aus dem Rückraum gut, dennoch ließ Österreich zweimal die Chance auf ein Plus-Drei liegen: Beim Stand von 4:2 scheiterte Frimmel vom Flügel (9.), das 8:5 verspielte man mit einem technischen Fehler im Angriff (13.). Wenig später kassierte Bilyk eine Zwei-Minuten-Strafe (14.) und saß dann überhaupt fast eine Viertelstunde auf der Bank. Ohne den Kapitän fehlte es dem Spiel der ÖHB-Männer an Dynamik und Torgefahr, Deutschlands nun offensive Deckung machte es den Österreichern auch schwerer.

Überragender Johannes Bitter

Eine 9:7-Führung (16.) verwandelte sich erst in ein 10:10 (20.), ehe Deutschland kurz vor der Pause sogar mit 16:12 (28.) in Führung lag. Ein wesentlicher Faktor war Deutschland-Goalie Johannes Bitter, der rund 15 Minuten vor der Pause Andreas Wolff ablöste und mit sieben gehaltenen Bällen glänzte. Dass Österreich zur Pause noch im Spiel war, hatte man schließlich Eichberger, der eine Doppelchance vereitelte, zu verdanken und auch Raul Santos, der wenige Sekunden vor dem Halbzeitpfiff auf 13:16 verkürzte.

Der Wiederbeginn fiel aus rot-weiß-roter Sicht aber alles andere als ideal aus. Mit einem 3:0-Lauf stellten die Gäste auf 19:13 und hatten nach genau 34 Minuten für die Vorentscheidung gesorgt. Österreich erholte sich davon nicht mehr, spätestens mit dem 18:26 (44.) war alles gelaufen. Nicht zuletzt in der Verteidigung fand man keine Mittel mehr - und auch insgesamt zwei Paraden von Eichberger und dem später eingewechselten Thomas Bauer waren zu wenig. Im Finish konnte Teamchef Ales Pajovic dann immerhin auch der "zweiten Garnitur" Einsatzminuten verschaffen.

Der Liveticker zum Nachlesen

Endstand – AUT vs. GER 22:34

Die Deutschen haben ihr Vorhaben bei der EM mit dem Halbfinal-Einzug klar verpasst. Im Spiel gegen die Österreicher haben unsere Lieblings-Nachbarn aber gezeigt, dass weiterhin zu den Top-Nationen kommen. Die Österreicher haben wiederum nicht so stark gespielt wie in den Begegnungen zuvor. Pajovic stellte in den letzten Minuten komplett um, brachte alle Kaderspieler. Es ging dem Teamchef wohl auch darum, die Topspieler zu schonen. Schließlich kommt es am Mittwoch zum Duell mit den Weißrussen. Die Fehlerquote der Österreicher war nach der Halbzeit einfach zu hoch. Jetzt heißt für die Österreicher Köpfe hoch und die Kräfte für das Spiel gegen die Weißrussen sammeln. Der Sieg der Deutschen geht in Ordnung, die Höhe der Sieges ist auch glücklich.

50. Minute – AUT vs. GER 20:29

Bilyk bleibt konzentriert und stellte zwischenzeitlich auf 18:23 aus österreichischer Sicht. Für die rot-weiß-rote Equipe lief es weiterhin nicht, Tobias Wagner erhielt bei 41:44 eine Zeitstrafe. Deutschland stellte kurz auf eine offensive Deckung um, erfolgreich. Die Österreicher sind in der Offensive zu unkonzentriert, schließen zu hastig ab, oft ohne Torerfolg. Pajovic schwört bei einem Time-out seine Truppe ein, um jedes Tor zu kämpfen. Das Topspiel wird immer einseitiger. Auch deshalb, weil Johannes Bitter im Tor der Deutschen einfach nicht zu bezwingen ist. Die Deutschen führen mittlerweile mit zehn Toren.

40. Minute – AUT vs. GER 16:23

Die zweite Halbzeit begann nicht gut. Zuerst wehrte Eichberger einen Schuss, der Abpraller wurde von den Johannes Golla aber verwertet. Und plötzlich waren die Österreicher fünf Treffer hinten. David Schmidt traf für die Gäste. Und auch in numerischer Überlegenheit konnten die Österreicher nicht aufholen. Herburger traf nach der Halbzeitpause als erster Österreicher. Die Pajovic -Truppe konnte den Fünf-Tore-Rückstand nicht aufholen. Die Deutschen spielten zu konstant und hatten ein gutes Tempo. Die Wurf-Effektivtät zu diesem Zeitpunkt: 70 Prozent Deutschland: 48 Prozent Österreich. Die Gäste treffen fast nach Belieben, weil die Deckung der Österreicher zu passiv ist. Bilyk bleibt konzentriert und stellte zwischenzeitlich auf 18:23 aus österreichischer Sicht. Für die rot-weiß-rote Equipe lief es weiterhin nicht, Wagner erhielt bei 41:44 eine Zeitstrafe. Deutschland stellte kurz auf eine offensive Deckung um, erfolgreich.

30. Minute – AUT vs. GER 13:16

Ein Duell der Giganten wurde in der 20. Minute serviert: Österreichs Robert Weber am Siebenmeter-Strich gegen Jogi Bitter. Der Fuchs im Tor spitzelte den Ball mit dem Fuß weg. Jannik Kohlbacher sorgte für die zweite Führung in der 22. Minute und dann hielt Bitter auch noch einen Dicker-Versuch. Der Konter landete auch im Netz 10:12. Bilyk war noch immer auf der Bank. Zumindest brachte die erste Strafe für Deutschland (Schmidt) eine leichte Entlastung. Österreich griff in dieser Phase auch in die Trickkiste. Der Abstand wurde aber nicht geringer, denn die Wurfquote stimmte nicht. Fabian Böhm brachte die Deutschen in der 27. Minute mit einem Hüftwurf erstmals mit drei Toren in Führung und Pajovic reagierte mit einer Auszeit. Der Lauf des Gegners musste durchbrochen werden. Mehr als drei Minuten hatte Österreich nicht mehr getroffen und Bilyk kam wieder und Zeiner feuerte den Ball weit übers Tor. Den Konter verwandelte Timo Kastenig – 12:16. Das Spiel drohte kurz vor der Pause den Österreichern aus den Händen zu gleiten. Weber traf nur die Stange – Bitter hielt in der 29. Minute bei einer Quote von 67 Prozent. Die Halle stand noch einmal auf, um Österreich nach vorne zu treiben und Santos traf zum 13:16. Dieses Spiel ist noch lange nicht entschieden.

20. Minute – AUT vs. GER 10:10

Die Klasse Deutschlands spiegelte sich immer wider in guten Einzelaktionen, doch Österreich stand da um nichts nach. In der 12. Minute kassierte Herburger die erste Strafe, Pajovic ließ den Keeper im Angriff vom Feld kommen. Das rächte sich im ersten Angriff. Superstar Uwe Gensheimer traf das leere Tor nach einem Konter problemlos. Mitten in die Strafe (32 Sekunden Rest), musste auch noch Bilyk runter und Tobias Reichmann glich per Siebenmeter aus. 7:7 und die Zeit musste von der Uhr genommen werden. Eine heikle Phase, doch Frimmel gelang ein feiner Fügelwurf und Eichberger hielt. Nichts passiert – der Einsatz stimmt und Fabian Posch stellte auf 9:7. Lange Gesichter auf der deutschen Bank. Und die „Deutschland“-Rufe wurden weniger. Durch die massive Konzentration auf den Mittelblock kamen die deutschen Flügel zu Chancen, leider. Hendrik Pekeler stellte nach einem Gerangel auf 9:9 und Frimmel musste vom Feld. Pajovic brachte den Grazer Daniel Dicker und schonte Bilyk, der schon eine Strafe kassiert hatte. Eine weitere wäre ein massives Problem, drei bedeuten den Ausschluss. Ohne den Lenker war es im Angriff aber noch schwieriger, aber nicht unmöglich. Das Remis wurde gehalten.

10. Minuten – AUT vs. GER 6:5

Der erste Angriff und der erste Treffer ließen die Halle erbeben. Nikola Bilyk stellte auf 1:0. Was für ein Beginn. Deutschlands Team zeigte aber gleich, dass die EM für sie nicht vorbei war und stand defensiv gut. Österreich musste vor dem großen Mittelblock oft kreuzen, um die Lücke aufzubekommen. Nach sechs Minuten gelang dann Thomas Eichberger die erste große Parade. Die Halle kochte – Länderspielatmosphäre nach dem Frimmel-Tor zum 4:2. Auch Peter Stöger schien es zu gefallen, als Deutschland im nächsten Angriff wieder an Eichberger scheiterte. Deutschland stand mit einer 6-0-Deckung sehr stabil und ging auf den Ballführenden immer wieder gut heraus. Immer wieder ging bei Österreichs Angriffen Verteidiger Lukas Herburger in der ersten Welle mit, um Verwirrung zu stiften.

Es geht los!

Obwohl für viele Deutsche die EM mit dem verpassten Halbfinale schon „vorbei“ ist, waren die Tribünen in der Stadthalle richtig gut gefüllt. Auch wenn sich ein paar „Buhhhhhhs“ bei der Begrüßung unter den Jubel mischten, die Fans in schwarz-rot-gold waren zahlreich erschienen und Österreichs Team bekam höchstmögliche Unterstützung: Bundespräsident Alexander Van der Bellen war mit Schal auf der Tribüne.

Trainer Ales Pajovic schickte im Angriff seine Standardformation auf das Feld: Thomas Eichberger (Tor) – Gerald Zainer (Aufbau mitte), Nikola Bilyk (links), Janko Bozovic (rechts) – Sebastian Frimmel (Flügel links), Robert Weber (rechts) - Fabian Posch (Kreis). Noch nie hat Österreich den Erzrivalen in einem Pflichtspiel geschlagen. Gelingt heute die Sensation?