Die Überraschung ist ausgeblieben. Beim 23:27 (8:13) gegen Kroatien haben Österreichs Handball-Männer am Donnerstag die erste Niederlage bei der Heim-EM hinnehmen müssen. Der vielfache Medaillengewinner bei WM, EM und Olympia erwies sich zum Hauptrundenauftakt in der Wr. Stadthalle als zu stark und übernahm die Führung in Gruppe I vor den punktegleichen Spaniern (je 4).

Nur wenig Chancen darf sich Österreich, das bei zwei Zählern hält, auch im nächsten Spiel am Samstag (18.15 Uhr/live ORF 1) ausrechnen. Mit Spanien wartet wieder in der Stadthalle der Titelverteidiger, der nach dem 31:25 über Tschechien am Donnerstag bei dieser Endrunde weiter makellos ist. Abgeschlossen wird der erste Hauptrundentag mit dem Spiel Deutschlands gegen Weißrussland (20.30).

So groß das rot-weiß-rote Selbstvertrauen nach den Siegen über Tschechien, die Ukraine und Nordmazedonien auch gewesen sein mag. Kroatien erwies sich vor lautstarkem kroatischen Anhang an diesem Abend als abgeklärte Klassemannschaft, die das Duell stets im Griff hatte und mit dem vierten Erfolg im vierten Spiel ihre Halbfinalambitionen untermauerte.

Die Partie begann eigentlich nicht schlecht für Österreich, das wieder mit Thomas Eichberger im Tor und der Einsergarnitur startete. Doch die erstmalige 4:3-Führung durch Flügel Robert Weber sollte auch die letzte bleiben. Anstelle die nächsten zwei Chancen auf das 5:3 zu nützen, blieb man zehn Minuten ohne Treffer. Die vom ehemaligen Welthandballer Domagoj Duvnjak angeführte 5:1-Abwehr der Gegner erwies sich da als unüberwindbar.

Die Folge waren viele österreichische Fehlwürfe und auch technische Fehler, am Ende der ersten Hälfte stand eine Angriffsquote von mageren 30 Prozent. Kapitän Nikola Bilyk und sein bisher kongenialer Rückraum-Konterpart Janko Bozovic, der leicht angeschlagen einige Minuten pausierte, blieben vergleichsweise blass. Eichberger hielt seine Truppe mit sechs Paraden (32 Prozent) vor der Hälfte zwar einigermaßen im Spiel, das aber mit der 10:5-Führung der Kroaten in der 22. Minute im Prinzip gelaufen war.

Österreich aber gab nicht auf, steigerte sich nach dem Seitenwechsel in Sachen Abschlussquote massiv. Nach 41 Minuten war der Rückstand mit vier Toren (16:20) völlig im Rahmen. Allerdings ließ auch Kroatien um seinen starken Spielmacher Luka Cindric nicht nach und lag nach 43 Minuten erstmals sechs Tore im Plus (22:16). Die Gastgeber von Teamchef Ales Pajovic, der angesichts von weiteren drei Hauptrundenpartien rotierte, blieben aber hartnäckig und verkürzten noch einmal auf 20:24 (52.). So konnte die Niederlage zwar nicht verhindert werden. Am Ende stand aber ein akzeptables Resultat, das Bilyk und Co. für den Rest der EM hoffen lassen darf.

Der Liveticker zum Nachlesen:

Endstand – CRO vs. AUT 27:23

Auch in den letzten zehn Minuten lassen die Gäste nichts mehr anbrennen, Spannung will somit keine mehr so richtig aufkommen. Zu routiniert spielt Kroatien in den Schlussminuten - und lässt sich aufgrund der starken Leistung zu Recht nach dem Schlusspfiff von seinen Fans feiern.

50. Minute – CRO vs. AUT 24:19

Kroatiens Teamchef Lino Cervar ließ seinen ersten Anzug schon bald durchschnaufen, doch auch der zweite sitzt bei den Kroaten richtig gut. Dennoch ließ der Trainerfuchs die 5-1-Variante weiter spielen. Die wird noch so manchem Gegner massive Probleme bereiten. Die Stimmung in der Stadthalle war ebenso von den Kroaten geprägt. Immer wieder breiteten sich von der Tribüne hinter Eichbergers Tor die Schlachtrufe durch die gesamte Halle aus. Paraden von Maric wurden frenetisch gefeiert.

40. Minute – CRO vs. AUT 20:15

Was hat Ales Pajovic ausgeheckt? Österreich brauchte dringend eine zündende Idee, um durch diese Deckung zu kommen. Bozovic verwandelte seinen fünften Versuch zum ersten Tor und dann musste Herburger zum zweiten Mal vom Feld. Den Siebener sollte Thomas Bauer parieren – das gelang nicht. Vorne ging Österreich ein wenig mutiger in die Eins-gegen-Eins-Situationen und wurde belohnt. Mit schnellen Schritten ging immer wieder eine Lücke auf. Der Abstand blieb aber konstant rund um fünf Tore. Bilyk verlagerte den Aufbau immer wieder nach hinten, um so die Kroaten etwas herauszulocken und dann schnell zum Kreis zu gehen. Im Angriff funktionierte es nach dem Wechsel bedeutend besser, doch auch die Kroaten trafen munter weiter. 8000 Zuseher machten jede Menge Radau.

Halbzeit – CRO vs. AUT 13:8

Pajovic probierte, brachte mit Raul Santos und Richard Wöss bald die zweiten Flügel, doch in der Ratlosigkeit unterliefen den Aufbauspielern noch mehr Fehlwürfe. Zumindest konnte Thomas Eichberger im Tor an seine Form der Vorrunde anschließen und so hielt sich der Rückstand einigermaßen in Grenzen. In der 27. Minute krümmte sich Santos auf dem Feld. Er hielt sich den Fuß, doch die Pfeife der Schiedsrichter blieb stumm. Der Leobener reklamierte – vergebens. Auf der anderen Seites des Feldes saß das Pfeiferl ein wenig lockerer. Das gefiel den Fans nicht sonderlich, den französischen Unparteiischen wird es egal sein.

20. Minute – CRO vs. AUT 9:5

Kroatien wurde danke einer wirklich stabilen Abwehr immer dominanter. Österreichs Aufbaureihe biss sich an dem Riegel fest und „Kunststücke“ gelangen schon gar nicht. Nach 15. Minuten feierten die kroatischen Fans und Ales Pajovic zog die Handbremse. Timeout für Österreich beim Stand von 4:7 war das die einzig richtige Lösung, um vielleicht wieder ein bisschen Ruhe in das Spiel zu bringen. Kroatien drohte schon da, zu enteilen. Auch, weil Keeper Marin Sego die meisten Würfe entschärfte. Österreich wirkte erstmals bei dieser EM ratlos und auch Nikola Bilyk bekam die Urgewalt des Mittelblocks zu spüren. Österreichs Trainer Pajovic lief wie ein Tiger vor der Bank auf und ab und musste eine Strafe gegen Lukas Herburger mitansehen. Österreich geht in die letzten zehn Minuten der ersten Hälfte in Unterzahl.

10. Minute – CRO vs. AUT 3:4

Wie zu erwarten begannen die Kroaten mit einer 5-1-Deckung, zentral vor dem Mittelblock stand Kiel-Bomber Domagoj Duvnjak. Eine rote Wand, die Österreich heute knacken muss und auch die Schiedsrichter scheinen nicht lange zu fackeln. Bei ersten Angriff der Kroaten musste Bozovic raus. Ungünstig, doch Eichberger blieb Sieger im Sieben-MeterDuell. Das erste Tor ließ drei Minuten auf sich warten. Duvnjak tankte sich durch. Das Spiel war so richtig eröffnet. Weltstar Luka Cindric verfehlte einen Wurf aufs leere Tor und dann gelang Zainer der erste Treffer – Angeschrieben und der Lärm war ohrenbetäubend. Es zeichnete sich eine Abwehrschlacht ab – Eichberger war gleich voll da. Die größeren Schwierigkeiten hatten allerdings die Österreicher. Gegen die offensive Deckung entfaltete das schnell Spiel der Österreicher nicht seine Wirkung und wurde im Keim erstickt. Robert Weber war aber zur Stelle und brachte Österreich in der 10. Minute mit seinem dritten Tor 4:3 in Führung. Doch dann kippte die Partie.

Es geht los

Österreich startet mit folgender Angriffsformation in das Duell mit Kroatien: Thomas Eichberger (Tor) – Gerald Zainer (Aufbau mitte), Nikola Bilyk (links), Janko Bozovic (rechts) – Sebastian Frimmel (Flügel links), Robert Weber (rechts) -  Fabian Posch (Kreis). Der bislang einzige Duell zwischen Österreich und Kroatien stieg übrigens am 26. Jänner 2010 in der Wiener Stadthalle. Das Spiel war chaotisch und wurde von den Fans frenetisch gefeiert. Damals siegte Kroatien 26:23. Für Ex-Leobener Zainer ist es übrigens das 50. Länderspiel.

Vor Spielbeginn

Österreich hatte die Ehre als „Gastteam“ die Halle zuerst zu betreten und schon da war klar: Die sangesfreudigen Kroaten haben hier kein Heimspiel – wie noch in Graz. Alleine auf der kleinen Extra-Tribüne standen Österreich-Fans mit rund 30 Trommeln. Es ist angerichtet für einen Leckerbissen in der Stadthalle.