Zu Beginn jeder Woche reflektiert die Kleine Zeitung auf den vergangenen Spieltag zurück und greift – ganz im Stile von American Football – per Touchdown sechs Punkte auf, die in ihrer Besonderheit eine Erwähnung wert sind. Keine News, sondern mehr Analyse und Hintergrund-Geschichten.

  1. Big Guys can Catch
  2. Baltimore Ravens treten das Gaspedal durch
  3. Bears-Fans sollten nicht übermütig werden
  4. Achterbahnfahrt des Stephen Gostkowski
  5. Liebe auf den ersten Blick: Murray und Hopkins
  6. Swag-Duell: Minshew Mania gegen Fitzmagic

1) Big guys can catch

Gerade aus europäischer (deutscher) Sicht verlief die zweite Woche hervorragend: New England Fullback Jakob Johnson erzielte den allerersten Offensiv-Touchdown eines deutschen NFL-Spielers. Zuvor hatte bereits DE Markus Kuhn 2014 im Trikot der Giants ein Fumble der Titans aufgeklaubt und zu einem Touchdown getragen. Aber bis zur Nacht von Sonntag auf Montag konnte keiner aus der Offensive scoren. Auch für QB Cam Newton war das eine Prämiere – sein erster Passing-Touchdown im dunkelblauen Patriots-Trikot. Da Newton keinen weiteren Passing-TD erzielte, führt Johnson damit sogar den gesamten Patriots-Kader in Receiving-TDs an.
Eigentlich haben Spieler auf der Position des Fullbacks selten Kontakt mit dem Ball und dienen eher als Vorblocker für den Running Back. Doch in Woche 2 war Johnson nicht der einzige Fullback, der sechs Punkte erzielen konnte: Auch Baltimores Patrick Ricard und Las Vegas Alec Ingold erzielten einen TD für ihre Teams.
Big Guys can catch“, dachte sich wohl auch Chicagos Offensive Tackle Bobby Massie, der spät im vierten Quarter einen Drive seiner Bears am Leben erhielt. Beim vierten Versuch mit einem Yard noch zu gehen, konnten die Giants zwar den Pass der Bears verteidigen, wehrten aber den Ball in Richtung von Massie. Dieser fing den Ball und erzielte so das nötige First Down für die Bears:

2) Baltimore Ravens treten das Gaspedal durch

Der Sieg gegen die Houston Texans markiert das saisonübergreifend fünfte Spiel in Serie in der Regular Season, welches die Ravens mit mehr als 15 Punkten gewinnen konnten. Die Mannen um QB Lamar Jackson zählen auch in dieser Saison zu den Titelaspiranten. Sowohl die Offensive (71 Punkte erzielt, 3. in der NFL) und die Defensive (22 Punkte zugelassen, 1. in der NFL) zählt zu den besten der Liga.
Der Rushing-Angriff, der letztes Jahr einige Rekorde purzeln hat lassen, ist auch heuer mit 5.1 Yards per Lauf mehr als souverän.

3) Bears-Fans sollten (noch) nicht übermütig werden

„Die Chicago Bears sind 2-0! Mitch Trubisky ist ein starker Quarterback!“ Nach Woche 2 könnte die Stimmung in „Windy City“ wohl kaum besser sein. Aber Vorsicht ist geboten. Die beiden Siege kamen gegen die Detroit Lions und die New York Giants – keines der Teams sieht nach einem echten Maßstab aus und der Sieg gegen die Lions war nur einem Drop von Detroits RB DeAndre Swift zu verdanken. Chicagos QB Mitch Trubisky scheint sich heuer als echter NFL-Starting Quarterback zu beweisen. Auch wenn im Vergleich (vor allem) zur Vorsaison sein Passer-Rating und seine Touchdown-Quote um einiges höher ist, steht er bei nur einem Karriere-Tief von 59,38% angekommener Pässe und einer höheren Interception-per-Game-Rate als in den Saisonen davor. Es wird sich wohl im Laufe der Saison zeigen, wohin die Reise geht – als nächstes warten die Atlanta Falcons.

4) Liebe auf den ersten Blick: Murray und Hopkins

Nach dem Trade von WR DeAndre Hopkins zu den Arizona Cardinals waren sich Fantasy-Football-Spieler nicht sicher, ob Hopkins dieselbe Höhe an Receptions, Yards und Touchdowns erreichen kann, die er in Houston hatte. In Arizona gäbe es einige andere Spieler, die auch den Ball haben wollen würden. Ohne richtiges Training Camp und ohne Preseason hätte man erwartet, dass die Chemie zwischen Quarterback und Wide Receiver erst aufgebaut werden muss. Nach zwei Spieltagen kann man allerdings festhalten, dass die Beziehung von QB Kyler Murray und DeAndre Hopkins Liebe auf den ersten Blick ist. Ganze 14 Receptions in Spiel 1 und nochmal acht im zweiten Spiel konnte Hopkins bereits verzeichnen und liegt damit in dieser Kategorie auf dem klaren ersten Platz. Auch bei den Yards zählt Hopkins zu den Spitzenreitern, mit 219 Yards liegt er auf Platz 5. Obwohl er nur einen Touchdown erzielt hat, ist er außerordentlich für seinen Quarterback, konnte er doch mit 13 seiner Receptions ein First Down erzielen – das ist Platz 2 hinter Atlantas WR Calvin Ridley (16).

5) Achterbahnfahrt Stephen Gostkowskis

Der Langzeit-Kicker der New England Patriots, viermaliger Pro Bowler, zweimaliger All-Pro und dreifacher Super Bowl Champion Stephen Gostkowski hat derzeit seine Mühen das lederne Ei zwischen die beiden gelben Pfosten zu schießen. Vor Beginn dieser Saison hatte der Kicker in seiner Karriere ganze 653 von 664 (98,34%) seiner Extrapunkte verwandelt.
In Woche 1 gegen die Denver Broncos vermasselte Gostkowski dann aber zunächst einen von zwei Extrapunkten sowie alle drei (!) seiner Field Goals. Nichtsdestotrotz vertraute sein Head Coach Mike Vrabel in den Schlusssekunden auf den 36-jährigen und Gostkowski ließ ihn nicht im Stich und verwertete das entscheidende Field Goal zum Sieg für die Titans.
In Woche 2 im Divisions-Duell gegen die Jacksonville Jaguars versemmelte dann Gostkowski schon wieder einen von zwei Extrapunkten. Dafür konnte er zunächst seinen einen Field-Goal-Versuch verwerten. In der Schlussphase wurde er abermals zum Winner für die Titans als er sein zweites Field Goal an diesem Sonntag verwertete – die Gostkowski-Achterbahn nahm wieder Fahrt auf.

6) Minshew Mania gegen Fitzmagic – sympathisches Swag-Duell

Mit dem Gostkowski-Field-Goal verpassten die Titans den Fans der Jacksonville Jaguars einen kleinen Dämpfer in ihren Träumen. In der vergangenen Saison und der Offseason gaben die Jaguars fast alle ihre Stars ab und wurden daher vor der Saison als potentieller Kandidat für den ersten Pick im Draft 2021 abgestempelt. Angeführt von QB Gardner Minshew II konnten die Jaguars in den ersten beiden Spielen aber mehr als positiv überraschen und stehen mit einem Win-Loss-Record von 1-1 da. Minshew spielt dabei wohl um seine Karriere, da ein Top-3-Pick im Draft wohl gleichbedeutend mit der Ankunft eines neuen Quarterbacks (Clemsons Trevor Lawrence oder Ohio States Justin Fields) in Jacksonville ist.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag gibt es nun ein besonderes Duell. Die Jaguars erwarteten im Norden Floridas die Miami Dolphins aus dem Süden Floridas. Es wird wohl selten ein Quarterback-Duell mit sympathischeren Spielmachern geben. Gardner Minshew II wurde vergangene Saison zum Shooting-Star in Jacksonville und es entstand der Spitzname „Minshew Mania“. (Notiz am Rande: Obwohl er Gardner Minshew II ist, gab es keinen Gardner Minshew I vor ihm – sein Vater heißt Flint Minshew).
Seinen Gegenüber im kommenden Thursday Night Game kennt wohl jeder NFL-Fan: Ryan „Fitzmagic“ Fitzpatrick. Gedraftet in Runde sieben des Jahres 2005 spielt der Quarterback nun bei seinem bereits achtem NFL-Team. Seit Jahren gilt der Mann aus Arizona als „Brückenquarterback“, also ein QB, der zunächst spielt, bevor man einem jungen (neuen) Spieler die Führung des Teams in die Hand gibt. Daher spielt Fitzpatrick auch vergleichsweise sorglos, da sein Schicksal weniger von seiner eigenen Leistung abhängt, als mehr von der seines potentiellen Nachfolgers und dem Management. Manchmal scheint Fitzpatricks Motto daher zu lauten: „Wer nichts riskiert, der nichts gewinnt.“ Das lieben Football-Fans, da der QB so oftmals ein sehenswertes Play aus der Hand zaubert. Der Spitzname „Fitzmagic“ war geboren.
Weitere Punkte in Sachen Sympathie sammelten die beiden Quarterbacks mit ihrem Outfits mit hohem Swag-Faktor.
Fitzpatrick lieh sich 2018 diese Klamotten von seinem Teamkollegen WR DeSean Jackson für eine Pressekonferenz aus, nachdem der Quarterback eine Serie von überragenden Spielen ablieferte. Minshew selbst postete im März 2019 ein Foto von sich aus College-Zeiten bei der Anreise zu einem Auswärtsspiel neben dem von Fitzpatricks Pressekonferenz.

Extrapunkt: Schulnoten für die Erstrunden-Rookies

Nach Noten sortiert werden die Erstrunden-Rookies im Schulnotensystem an ihren Leistungen an den ersten beiden Spieltagen bewertet. Neben dem Team bedeutet die Zahl in Klammer der Pick, an dem der Spieler gedraftet worden ist. Nicht genügend inkludiert auch Spieler, die nur wenige Snaps bekommen haben, obwohl sie fit sind.

SEHR GUT
QB Joe Burrow (Cin, 1), ED Chase Young (Was, 2), CB C. J. Henderson (Jax, 9), OT Mekhi Becton (NYJ, 11), Clyde Edwards-Helaire (KC, 32)

GUT
QB Justin Herbert (LAC, 6), OT Tristan Wirfs (TB, 13), WR Jerry Jeudy (Den, 15), WR CeeDee Lamb (Dal, 17), LB Patrick Queen (Bal, 28)

BEFRIEDIGEND
OT Jedrick Wills Jr. (Cle, 10), DT Javon Kinlaw (SF, 14), CB D. Arnette (LV, 19), ED K’Lavon Chaisson (Jax, 20), WR Jalen Reagor (Phi, 21), WR Justin Jefferson (Min, 22), LB Kenneth Murray (LAC, 23)

GENÜGEND
CB Jeff Okudah (Det, 3), OT Andrew Thomas (NYG, 4), DT Derrick Brown (Car, 7), WR Henry Ruggs (LV, 12), CB A. J. Terrell (Atl, 16), CB Jeff Gladney (Min, 31)

NICHT GENÜGEND
LB Isaiah Simmons (Ari, 8), OT Austin Jackson (Mia, 18), C Cesar Ruiz (NO, 24), LB Jordyn Brooks (Sea, 27), CB Noah Igbinoghene (Mia, 30)

ZU WENIG SPIELZEIT
QB Tua Tagovailoa (Mia, 5), WR Brandon Aiyuk (SF, 25), QB Jordan Love (GB, 26), OT Isaiah Wilson (Ten, 29)