Sie kennen David „RLB Zoom“ Chojnacki nicht? Den Titelverteidiger beim größten europäischen Fortnite-Turnier, das von Freitag bis Sonntag wieder 5000 Spieler auf den Wiener Rathausplatz lockt? Ein Sieg reicht freilich nicht aus für ein Denkmal, von denen viele in der Nähe der „Game City“ stehen. Da sind etliche Habsburger, Babenberger oder Bundespräsidenten verewigt, ein Erzbischof oder Johann Strauss Vater. In der Game City spielt freilich kein Radetzkymarsch. Das Publikum ist jünger. Viel Publikum. E-Sport lockt die Massen. Mehr als 200 Millionen Fans weltweit verfolgen E-Sport.

Der Däne Johan „n0tail“ Sundstein ist der Preisgeldkönig in einer Rangliste, in der weltweit 23.000 Turniere erfasst sind. Sundstein hat bislang 6,9 Millionen Dollar Preisgeld erspielt. Es geht zu wie im „echten“ Sport. Teams zeigen ihr Training in Livestreams und ziehen so Sponsoren an Land. Streaming-Plattformen zahlen für Übertragungsrechte, Turnierveranstalter zahlen Lizenzgebühren an Spielehersteller, das Merchandising bietet alles vom Kaffeehäferl bis zum Babystrampler. 2018 betrug der weltweite Umsatz im E-Sport 865 Millionen US-Dollar, 2022 sollen es 1,79 Milliarden US-Dollar sein.

Debatte in Österreich

In Österreich wird seit Monaten debattiert, ob E-Sport in die Bundes-Sportorganisation BSO eingebunden und offizieller Sport wird. Förderungen inklusive. Es ist eine emotionale Debatte. E-Sport beinhaltet viele sportliche Aspekte wie Teamarbeit, Augen-Hand-Koordination, Reaktionsvermögen, Ausdauer, Präzision oder Wettkampf. Andererseits gibt es in der BSO anerkannte Sportarten, die im Vergleich ebenso geringe körperliche Bewegung aufweisen: Schach, Sportschießen, Kegeln, Bahnengolf.

Die Werte des Sports

Freilich müsse man zwischen E-Games und virtuellen Sportspielen unterscheiden, denn viele Spiele sind tatsächlich gewalttätig und passen nicht zu den Werten des Sports. Die E-Szene kontert, dass auch Speerwurf und Schießen das Töten zum Ziel haben, Boxen oder Football bleibende Schäden hinterlassen können und Figuren im Schach eliminiert werden. Klar, dass E-Sport vor dem Bildschirm dem Grundziel des Sports, nämlich der Bewegung, widerspricht. Der E-Sport, sagen E-Sportler, könne aber Brücken schlagen vom virtuellen zum physischen Sport.

Die stärksten Argumente gegen die Aufnahme von E-Sport als Sport sind aber strukturelle Probleme. Da gibt es einerseits das Thema Urheberrecht, denn die Rechte für die Spiele liegen bei den Entwicklern und nicht einem Verband. Und es klemmt bei der Frage, wie gemeinnützig E-Sport ist. Die BSO als gemeinnütziger Sportverband kann keinen nicht gemeinnützigen Verein aufnehmen, ohne die gesamte Verbandsstruktur zu gefährden. Und in Österreich entscheiden die jeweils lokalen Finanzämter darüber, ob ein Verein gemeinnützig und damit steuerbegünstigt ist oder nicht.

E-Sport bei Olympia 2028?

Das Asiatische Olympische Komitee hat E-Sport übrigens als offizielle Sportart bei den Asienspielen 2022 im Programm. Das IOC steht noch auf der Bremse, weil Ego-Shooter-Spiele den ethischen Werten des Sports widersprechen. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass bei Olympia 2028 in Los Angeles Olympiasieger vor dem Bildschirm jubeln.