Mit der Aufmerksamkeit, die ihr auch noch spät in der japanischen Nacht im olympischen Dorf zuteil wurde, sickerte bei AnnaKiesenhofer langsam die Tragweite ihres Erreichten durch. Nicht nur in Österreich überschlugen sich die Gazetten und TV-Anstalten bei der Erzählung ihres Olympiamärchens mit Superlativen. Es war nach dem überraschenden Sieg auf dem Fuji-Speedway ein Griss um die Niederösterreicherin.

Zahlreiche internationale Fernsehstationen und TV-Sender versuchten eine Wortmeldung der promovierten Mathematikerin zu erhaschen. Und beim Interview-Marathon wusste sie fast so zu überraschen, wie auf der Strecke. Die Moderatoren von CNN-Südamerika staunten nicht schlecht, als Kiesenhofer in perfektem Spanisch antwortet. Zuvor glänzte sie übrigens auf Englisch, auch Französisch ist keine Hürde. „Die mediale Aufmerksamkeit ist jetzt sehr groß, was sich aber tut, etwa bei Sachen wie Sponsoren, muss ich erst sehen. Da habe ich ja überhaupt keine Erfahrung“, sagte sie.

Dass einem plötzlich Menschen aus allen möglichen Nationen gratulieren, sei schon „ein besonderes Gefühl“. Vor dem Quartier standen einige Österreicher Spalier, als die Olympia-Goldene erst lange nach dem Rennen ins olympische Dorf gekommen ist. „Am Schluss war der Trubel dann aber schon ein bisschen viel“, erzählte Nationalteamtrainer KlausKabasser. Als Kiesenhofer gegen halb zwei Uhr nachts ins Bett fiel, waren ihre Follower-Zahlen in den sozialen Medien schon in die Höhe geschnellt. Alleine auf Instagram stieg die Zahl binnen weniger Stunden von 1500 auf knapp 25.000 Interessierte. Zeit, der Masse an Gratulanten zu antworten, hatte sie in dem Trubel noch nicht. „Ein paar wenigen Freunden konnte ich wirklich antworten.“

Ihre Fahrt war eine in die Geschichtsbücher und der Schmerz eine der prägendsten Erinnerungen für die 30-Jährige. Sie sprach von einer „Periode des Leidens auf den letzten Kilometern. Ich hatte wenige Rennen, auf denen ich so gelitten habe. Diese Selbsterfahrung brennt sich in das Gedächtnis ein.“

Obwohl der Flug verschoben worden ist, konnte sie die Medaille im olympischen Dorf nicht lange präsentieren. Heute wird sie in Wien landen und nach einem Empfang in Schwechat wird dann wohl (endlich) ein wenig Ruhe einkehren. Vier Tage wird Kiesenhofer in Niederkreuzstetten verbringen und endlich wieder ihre Familie in die Arme schließen können. Aufgrund der Pandemie, des harten Trainings („Im Rennen habe ich auch gelitten, aber oft ist es noch härter im Training zu leiden.“) und auch wegen der Arbeit hat sie ihre Mutter nun etwa ein Jahr lang nicht gesehen. Was danach ansteht? „Arbeiten. Ich muss auf der Uni viel aufarbeiten und viel für die Vorlesungen im Herbst vorbereiten“, sagte sie lächelnd.