Nach Monaco kommt die Formel 1 in Baku erneut auf einen Stadtkurs – aber die Strecke in Aserbaidschan ist viel schneller. Dazu kommt: Mit einer knapp zwei Kilometer langen Gerade gibt es eine der längsten Vollgaspassagen der Saison. Damit wird der Streit um die beweglichen Flügel, die in Monaco kaum eine Rolle spielten, wieder zum Thema.

Seit Barcelona schwelt die Diskussion über Heckflügel, die sich an einigen Autos bei hohen Geschwindigkeiten zu stark verbiegen – auch und gerade am Red Bull. Der Internationale Verband FIA kündigte strengere Tests an – aber erst beim übernächsten Rennen in Le Castellet. Mercedes-Teamchef Toto Wolff deutete aber an, im Zweifel auch schon in Baku protestieren zu wollen.

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Wenn Red Bull den Heckflügel einsetzen sollte, warnt Wolff: „Angesichts des Vorteils, den das bedeutet (Wolff geht von einer halben Sekunde pro Runde aus, Anm.), wird das dann zu den Stewards gehen. Reichen die nicht, dann geht es vor das Internationalen Berufungsgericht.“ Helmut Marko hat dafür kein Verständnis. „Wir ändern unseren Flügel, damit er wie gefordert zum von der FIA geforderten Zeitpunkt die neuen Tests besteht“, sagt der Grazer, „ aber bis Baku schaffen wir das zeitlich nicht, weil wir das gesamte Heck anpassen müssen. Man kann nicht einfach nur einen neuen Flügel bauen.“

Was ihn an der Haltung von Mercedes besonders stört: Dass man dort seiner Meinung nach ja in solchen Situationen selbst schon von FIA-Entscheidungen profitierte, jetzt aber der Konkurrenz nicht das Gleiche zugestehen wolle. „Es gehört in der Formel 1 dazu, dass die Teams genau hinschauen, wenn die Konkurrenz etwas Besonderes am Auto hat“, betonte er gegenüber F1-Insider.com. „Das haben wir auch gemacht, als Mercedes im vergangenen Jahr mit dem DAS-System kam. Die FIA hat das System für nicht legal erklärt, trotzdem durfte es bis zum letzten Rennen eingesetzt werden. Das haben wir akzeptiert. Warum akzeptiert Mercedes jetzt nicht, dass das genauso mit unserem Heckflügel gemacht wird?“

Schützenhilfe von anderen Teams

Schützenhilfe kommt von Alfa-Romeo-Teamchef Fredéric Vasseur, dessen Team ebenfalls betroffen ist. „Wir gehen alle an das Limit der Regeln. Das ist die DNA der Formel 1. Es gab eine Regel und die war klar; ein Grad Verbiegung bei 1000 Newton Last. Das wird jetzt erhöht, wir werden reagieren. Ich finde es nur nicht ideal, dass wir diese Regel mitten in der Saison ändern. Das ist nicht der richtige Ansatz, verursacht Kosten. Wenn sie eine Regel ändern wollen, sollten sie das im Winter tun.“

Derweil holt Marko schon zum Gegenschlag aus: „Wir erwarten, dass jetzt auch die Tests für die Frontflügel verschärft werden, das ist nur gerecht. Denn besonders der Frontspoiler von Toto Wolffs Team ist in diesem Bereich der größte Wackelkandidat. Da liegt jedenfalls auch Protestpotenzial.“ Dass Mercedes wirklich gegen das Ergebnis von Baku protestiert, glaubt er im Übrigen nicht: „Mercedes müsste gegen acht Autos protestieren – auch Ferrari, Alfa Romeo und Alpine sind betroffen. Wollen sie das wirklich tun und damit für einen großen Skandal sorgen? Ich denke nicht.“ Die Antwort gibt es aber erst am Sonntag.