König Georg VI. und die spätere Queen Elizabeth sind da, mit ihnen rund 120.000 Zuschauer. 21 Fahrer reihen sich zur Begrüßung auf, darunter ein thailändischer Prinz namens Birabongse Bhanudej Bhanubandh, kurz Prinz Bira, oder auch der belgische Jazzmusiker Johnny Claes. Es ist der 13. Mai 1950, die Geburtsstunde der Formel-1-WM. Den 70. Jahrestag am Mittwoch hatten sich alle anders vorgestellt.

Eigentlich würden die Erben der PS-Pioniere des vergangenen Jahrhunderts nach den ersten sechs Rennen der Rekordsaison 2020 kurz verschnaufen nach dem Grand Prix von Spanien. In der nächsten Woche würde es nach Monaco gehen, dem Klassiker schlechthin.

Die Ungewissheit regiert

Statt zu feiern, statt zu fahren herrscht aber auch in der Formel 1 Stillstand durch die Coronavirus-Pandemie - gepaart mit vor allem einem: Ungewissheit. Und auch wenn die Formel 1 krisenerprobt ist, rüttelt der Zwangsleerlauf an den Grundfesten. Wie die milliardenschwere Serie in 70 Jahren aussehen könnte, ob es sie dann überhaupt im Behauptungskampf mit E-Mobilität und Nachhaltigkeit noch gibt - wer weiß das schon. Im Moment ist schon unklar, ob alle zehn Teams die aktuelle Krise einigermaßen überstehen.

Budgetobergrenzen, die Erschließung immer neuer lukrativer Märkte, DRS (Überholhilfe Drag Reduction System) oder MGU-K (Motor-Generator) - beim Renndebüt an jenem 13. Mai 1950 spielte all das noch gar keine Rolle. Die Fahrer waren durchschnittlich rund 39 Jahre alt, Modellathleten mit eigenem Trainer waren nicht die Regel.

Und doch, oder vielleicht erst recht war es die Zeit, in der die Helden auf den Strecken geboren wurden, deren Namen die Piloten der heutigen Generation sich noch immer verneigen lassen. Giuseppe "Nino" Farina gewann das erste Formel-1-Rennen - er war schon 43 Jahre alt. Der Italiener krönte sich auch zum ersten Champion. In seinem Alfa Romeo raste er über den Kurs in Silverstone mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 145 Stundenkilometern. Sicherheitsvorkehrungen wie heutzutage waren nicht einmal im Ansatz da.

Nicht nachdenken

"Über die Folgen eines Unfalls durfte man gar nicht nachdenken", sagte der deutsche Ferrari-Star Sebastian Vettel (32) einmal über die alten Zeiten der Formel 1. "Wenn man damals am Start stand, musste man praktisch immer damit rechnen, dass einer oder zwei wieder dran sein würden", erinnerte sich einmal der mittlerweile 92-jährige Ex-Rennfahrer Hans Herrmann. Technische Hilfen - nein. "Früher ist man normal Auto gefahren. Man hatte eine Kupplung, ein Gaspedal, eine Bremse und ein Lenkrad, mit dem man nach links, rechts oder geradeaus gefahren ist", betonte der Deutsche, der 1954 WM-Siebenter wurde.

Hermann war damals bei der Premiere in Silverstone nicht dabei, dafür aber einer, der als einer der besten in die Geschichte eingehen sollte. Juan Manuel Fangio schafft es nicht ins Ziel beim ersten WM-Lauf der Motorsport-Königsklasse. Und im Titelduell mit Farina fehlten dem Argentinier am Ende drei Punkte. Ein Jahr später holt Fangio den Titel, vier weitere folgten. Erst dem deutschen Nimmersatt Michael Schumacher gelang es Anfang dieses Jahrtausends, die Rekordmarke des 1995 mit 84 Jahren gestorbenen Südamerikaners zuerst einzustellen und dann mit insgesamt sogar sieben WM-Triumphen zu überbieten.

Von Niki bis Ecclestone

Wer im Zeitraffer durch die Formel-1-Historie seit jenem 13. Mai 1950 rast, den Feuerunfall des im Mai vergangenen Jahres verstorbenen Niki Lauda vor Augen, sich an große Stallrivalen-Duelle wie das von Ayrton Senna gegen Alain Prost erinnert, an die vier Jahrzehnte währende Ära von Bernie Ecclestone samt Bestechungsprozess denkt, an das schwarze Wochenende von Imola mit dem Tod des Salzburgers Roland Ratzenberger und Brasiliens Ikone Ayrton Senna, an die skurril-unfassbare Spionageaffäre, die McLaren seinerzeit die Rekord-Geldstrafe von 100 Millionen US-Dollar bescherte, der merkt schnell, dass die Formel 1 sich irgendwie immer durch alle Krisen und Skandale manövriert hat.