Das ganz spezielle Monaco-Feeling – der Ritt auf der Rasierklinge
„Wie Hubschrauber fliegen im Wohnzimmer“, so beschrieb einst der dreimalige Weltmeister Nelson Piquet den Kampf in den Straßenschluchten des Fürstentums. Nico Hülkenberg findet ein drastisches Bild: „In Monte Carlo muss man Eier und Herz in die Hand nehmen. Das ist der sprichwörtliche Ritt auf der Rasierklinge.“ Lewis Hamilton liebt die Herausforderung: „ Es ist ein Traum, hier zu fahren. Jedes Jahr wieder. Ich wohne ja hier, und manchmal, wenn kein Rennen ist, dann laufe oder fahre ich durch die Stadt und kann kaum glauben, welche Geschwindigkeiten wir hier an vielen Stellen erreichen. Gestern habe ich einem Freund, der noch nie hier war, die Strecke gezeigt, und ihm gesagt, das wir mit Tempo 300 aus dem Tunnel kommen. Er hat nur gemeint, wir wären doch alle verrückt...“

Die Schlüsselstelle - für Sebastian Vettel:
Für den viermaligen Weltmeister und letztjährigen Monaco-Sieger ist die Kurvenkombination vorbei am Casino entscheidend. „Da rutscht du gnadenlos auf bedrohlich aussehende Leitschienen zu, während dein Auto von der Straße immer wieder ausgehebelt wird. Willst du hier richtig schnell sein, darfst du nur einen Millimeter zwischen deinen Rädern und den Leitplanken Platz lassen.“

Die Belastung für die Fahrer – 4290-mal schalten in knapp zwei Stunden
Im Laufe der 78 Rennrunden auf der 3,337 Kilometer langen Strecke, der kürzesgten im GP-Kalender, sind es 1482 Kurven, davon 624 nach links und 858 nach rechts, die bewältigt werden müssen, das heißt auch 4290-mal schalten auf der Fahrt mit fast 300 km/h Höchstgeschwindigkeit durch die Häuserschluchten. Heute natürlich mit der Wipp-Schaltung am Lenkrad, ohne kuppeln, einfacher als früher, in den 80ern und ganz frühen 90ern, als das alles noch per wesentlich anstrengenderen Hand- und Fuß-Einsatz bewältigt werden musste. Trotzdem sagt Nico Hülkenberg: „Monaco ist die Mutter aller Schlachten. Auf keiner anderen Strecke bekommst du so einen Kick. Du hast das Gefühl, dein Herz steckt in deinem Mund, und das Adrenalin schießt dir durch den Körper.“ Dabei ist die körperliche Beanspruchung geringer als die mentale. „Die Konzentration ist 20 bis 30 Prozent höher als auf anderen Strecken.“

Die Geschichte – der erste Monaco-GP
Der erste Monaco-GP überhaupt 1929 wurde von einem gewissen „Williams“gewonnen, doch mit dem heutigen Williams-Team hat das nichts zu tun: Bugatti-Fahrer William Charles Frederick Grover-Williams (geboren 1903 in Montrouge, Frankreich) war ein britisch-französischer Autorennfahrer und Spion, der 1945 im KZ von Sachsenhausen hingerichtet wurde. An den ersten Monaco-Sieger erinnert ein Denkmal, das ihn im Rennwagen zeigt.

Das kurioseste Rennen - 1982
Der Monaco-GP 1982 war ein Rennen, das anscheinend keiner gewinnen wollte: Der führende Alain Prost landete in Runde 74 von 76 in den Leitplanken. Der neue Leader, Ricciardo Patrese im Brabham, drehte sich und würgte in der Loews den Motor ab. Nun lag Didier Pironi vorn, doch dem Ferrari-Fahrer ging ausgangs des Tunnels der Sprit aus. Also sollte Andrea de Cesaris das Kommando übernehmen, doch auch dem Alfa-Fahrer ging der Sprit aus! Der neue Leader Derek Daly rollte mit kaputten Flügeln und Getriebe aus, nach einem Leitschienenkuss. Damit siegte am Ende doch Patrese, der von der Loews abwärts auf der abschüssigen Strecke den Motor wieder in Gang bringen konnte...

Der König von Monaco – Ayrton Senna
Der unvergessene Brasilianer gewann hier insgesamt sechsmal 1987, und dann ununterbrochen von 1989 bis 1993. 1988 – vor genau 30 Jahren - fuhr er hier die vielleicht beeindruckendste Qualifying-Runde, die es in der Formel 1 je gab, 1,427 Sekunden schneller als Alain Priost im gleichen Auto. Und beschrieb später einen Zustand, in dem er sich quasi selber beim Fahren zusah, alles funktionierte automatisch, der Verstand war vom Körper abgekoppelt. „Ich hatte bereits die Pole, um eine halbe Sekunde, aber ich fuhr immer schneller, eine Sekunde vor meinen Gegnern, dann fast eineinhalb Sekunden. Ich fuhr nur noch nach Instinkt, ich war in einer anderen Dimension, wie in einem Tunnel, jenseits von bewusstem Verständnis. Ich bin ausgestiegen und habe meinen Jungs gesagt: Das ist das Maximum, es gibt keinen Raum, um noch schneller fahren zu können. Dieses Gefühl habe ich nie wieder erreicht.“

Die Monegassen in Monaco – von Chiron bis Leclerc
Ausgerechnet ein Monegasse hält den Rekord des ältesten Formel-1-WM-Piloten: In Monaco 1958 war Louis Chiron stattliche 58 Jahre alt! Doch Chiron, Monaco-Sieger 1931, konnte sich nicht für den Grand Prix qualifizieren. 1955 fuhr Chiron sein letztes Heimrennen, als 55-Jähriger. Auch ein Rekord. In diesem Jahr ist Sauber-Fahrer Charles Leclerc ist der erste Monegasse seit Olivier Beretta 1994, der beim Heim-GP an den Start gehen wird.

Der alljährliche Aufwand – 33 Kilometer Leitplanken
Der Aufbau der Rennstrecke dauert doppelt so lange wie der Abbau – jeweils sechs und drei Wochen. Die vielen tausend Einzelteile (Tribünen, Leitschienen, Zäune etc.) sind, Stück für Stück nummeriert, in Lagerhäusern rund um Monaco untergebracht. Verbaut werden 33 Kilometer Leitschienen, 20.000 Quadratmeter Fangzäune, 1100 Tonnen Tribünen und 3600 Altreifen...

Die große Namensverwirrung – Grand Hotel Fairmont, Loews oder Bahnhof?
Es ist die langsamste Kurve in der Formel 1 überhaupt mit knapp 60 km/h – und die, die immer wieder für Namensverwirrung sorgt: Offiziell heißt sie heute „Grand Hotel“ oder „Fairmont“ - weil das dortige Luxushotel inzwischen den Namen Grand Hotel Fairmont trägt. Aber bei der Formel 1 ist dieser neue Name noch nicht wirklich angekommen – wer von der Kurve redet, sagt „Loews“ - so hieß sie nämlich früher über viele Jahre, genauso wie das Hotel. Um das Durcheinander komplett zu machen: Bevor das Loews gebaut wurde, stand hier der alte Bahnhof von Monaco, also hieß die Kurve einst einmal Bahnhofskurve.

Die Promis – sehen und gesehen werden für viel Geld
Für die Promis, ob Schauspieler oder Musikstars, spielt es natürlich keine Rolle, für die Unterkunft im einer der Edel-Suiten oder Luxusbleiben im Fürstentum einen mittleren fünfstelligen Euro-Betrag dazulassen oder in einem angesagten Nachtclub 80 Euro für einen Drink oder gleich ein paar Tausend für eine Flasche Edel-Champagner abzudrücken.

Die Normalos – wo ist die Schmerzgrenze?
Die „normalen“ Fans wohnen außerhalb – in Monaco selbst werden von den Hotels selbst in den unteren Kategorien schnell mal über 400 Euro pro Nacht aufgerufen – bei Mindestbuchung von fünf oder sechs Nächten. Sie motzen zwar ein bisschen, wenn sie für ein Bier zehn Euro bezahlen sollen, für einen kleinen Cappuccino sechs oder sieben - aber sie kommen immer wieder. Weil man nirgendwo anders mehr so nahe an Fahrer und Autos heran kommt. Sie besuchen die Trainings – das Rennen selbst schauen sich dann viele aber nur im Fernsehen an. Tribünentickets für den Sonntag schlagen mit 450 bis 800 Euro zu Buche...