Das Leben verlief heuer, corona-bedingt, für nahezu alle Menschen in völlig anderen Bahnen. Vermutlich auch ihres. Konnten sie dennoch etwas Positives aus der Pandemie ziehen?

SUSIE WOLFF: Ja, natürlich. Wir haben heuer sehr viele Besprechungen und Meetings mit Video-Call machen können. Ich bin heuer viel weniger gereist. Natürlich wünschen wir uns das gewohnte Leben zurück, es fehlen mir die persönlichen Gespräche. Aber ich denke, ich werde in Zukunft eine Balance zwischen Video-Meetings und persönlichen Treffen finden. Die Video-Meetings laufen effizienter ab, vor allem, wenn alle Teilnehmer aus verschiedensten Himmelsrichtungen zu einem Treffen anreisen müssen. Durch das weniger reisen, werden wir wohl auch die Umwelt etwas schonen können. So wie früher wird es wohl nie mehr.

Hat die Corona-Pandemie auch ihr Privatleben beeinflusst?

Ja, klar. Das Leben mit Corona ist für viele Menschen eine schlimme Zeit. Zum Glück ist bei uns in der Familie niemand betroffen. Selbst für uns ist das eine Revolution. Toto ist viel weniger gereist, er war viel mehr zu Hause. Und da mussten wir schon prüfen, ob unsere Ehe daraus eigentlich stärker wird. Am Ende sind wir darüber froh: wir haben die Zeit zusammen genossen, vor allem mit unserem Sohn Jack. Wir haben feststellen können, wie sehr wir uns über kleine Dinge freuen konnten, über kurze Spaziergänge, über ein Leben ohne den permanenten Zeitstress. Das war ganz neu für uns, wir haben neue Prioritäten gefunden, die wir jetzt nicht mehr aufgeben wollen. Auch wenn wir feststellen mussten, wie sehr wir am Rennsport, der unsere Passion ist, hängen. Die Arbeit mit unseren Rennteams macht Spaß.

Es scheint, dass es bald eine Impfung gegen Covid-19 gibt. Würde sie sich schnell impfen lassen?

Nun, ich würde mich nicht in die erste Reihe stellen. Zuerst sollten Menschen geimpft werden, die es dringend brauchen. Pflegepersonal oder ältere Menschen. Aber dann würde ich mich schon impfen lassen.

Sie blicken auch in die Zukunft der Formel E. Sie sind ja Teamchefin von Venturi. Gibt es da schon Neuigkeiten für 2021?

Wir sind von der Formel 1 natürlich inspiriert worden. Wir haben gesehen, was möglich ist. Derzeit fahren wir Tests in Valencia. Im Jänner soll das erste Rennen in Chile stattfinden. Wir haben die gesamte Infrastruktur geschaffen, wir haben Corona-Teststraßen installiert, wir werden alle Hygienemaßnahmen treffen.

Sie kommen ja aus dem Motorsport mit Verbrennungsmotoren. Sie sind in der DTM gefahren. Was fasziniert sie an der Formel E?

Ja ich war einen ganz anderen Motorsport gewohnt. Aber die Formel E kann so viel bieten. Unsere Rennstrecken sind mitten in den Städten, wir kommen zu den Leuten, dazu ist es für den Fan viel, viel billiger. Alles ist in einen Tag gesteckt. Und natürlich ist die Technologie schon beeindruckend. Noch ist es nicht der Mainstream, aber es wird kommen.

Sind sie schon einmal mit einem Formel E gefahren?

Nein. Ich habe soviel andere Sachen zu tun. Und wenn ich das einmal machen will, dann will ich auch schnell sein. Darauf müsste ich mich aber vorbereiten und dazu fehlt mir die Zeit. Außerdem habe ich genug vom Rennfahren, die Zeit ist vorbei. Jetzt möchte ich einfach zu 100 Prozent meinen Job machen.

Das heißt, sie würden mit Toto kein Rennen fahren, eine Rallye vielleicht, oder in Le Mans?

Nein, das kommt nicht in Frage. Privat fahren wir manchmal Kartrennen. Das endet nicht immer sehr freundlich.

Wenn ihr einen Familienausflug macht, wer fährt dann?

Meistens Toto. Er ist so ein schlechter Beifahrer. Nur in England tut er sich manchmal schwer mit dem Linksverkehr.

Würden sie sich ein E-Auto kaufen?

Wir haben einen Mercedes EQC. Es fehlen noch Ladestationen. Für lange Strecken ist es noch nicht so brauchbar. Aber für den Stadtverkehr, für die Kurzstrecke ist ein E-Auto derzeit die beste Technologie.

Sie engagieren sich sehr für Frauen im Sport. Warum kommt keine Frau im Motorsport an die Spitze, so wie eine Michelle Mouton, die um den Rallye-WM-Titel gefahren ist. Was fehlt, um eine Frau als Weltmeister zu sehen?

Michelle und ich arbeiten eng zusammen. Gemeinsam mit der FIA gibt es konkrete Vorhaben. In erster Linie ist es eine Frage von der Menge an Talenten. Es gibt einfach viel zu wenig junge Mädchen, die sich zum Beispiel für den Kartsport interessieren. Weil es auch keine Vorbilder gibt, keine Frauen in der Formel 1. Dazu wollen wir aber Möglichkeiten schaffen.

© KK/Wolff

Jetzt wird ja die Formel W im Rahmen der Formel 1 stattfinden. Ein erster Schritt?

Das ist sicher einmal gut, aber wir müssen langfristig mehr Mädchen zum Sport bringen. Nur so können wir auch die Talente finden.