Schon nach einer halben Stunde hat der Spitzenpulk der drei Audi und der drei Peugeot mit dem Überrunden begonnen. Nach nicht einmal einer Stunde schienen die Uhren in Le Mans stillzustehen. Der Audi des Schotten Allan McNish lag völlig zerfetzt und halb auf dem Dach an den Reifenstapeln nach dem berühmten Dunlop-Bogen . . .

Als der Unfall erstmals in Zeitlupe über die TV-Schirme lief, schlugen die Mechaniker und Ingenieure in der Audi-Box die Hände über dem Kopf zusammen und Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich stand mit geschlossenen Augen regungslos da. Le Mans hielt den Atem an. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Streckenposten die demolierte Türe des Wracks geöffnet hatten. Als McNish, wacklig und sichtlich benommen, herauskletterte, applaudierten Ullrich und seine gesamte Crew.

Und erst als die Schreckensbilder auf den Monitoren wieder und wieder abliefen, wurde allen bewusst, dass in diesen Momenten Le Mans nur Zentimeter vor einer riesengroßen Katastrophe war: Allan McNish, 41-jähriger Schotte, ehemaliger Formel-1-Pilot bei Toyota, in Le Mans zwei Mal Sieger und weitere fünf Mal auf dem Podium, hatte beim Überrunden den weit langsameren Ferrari von Anthony Beltoise seitlich gerammt. Der McNish-Audi schoss daraufhin fast ungebremst über das breite Kiesbett und detonierte, sich überschlagend, an den Reifenstapeln. Nur Zentimeter, dann wäre der sich in alle Bestandteile auflösende Audi über die Leitplanken, mitten in Fotografen und Streckenpersonal, geflogen.

McNish war ohne Schramme davongekommen, wurde aber zur genaueren Untersuchung ins Spital gebracht. Mit ihm blieb auch Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen (acht Siege) auf der Strecke. Eine Stunde lang hatte das Safety-Car das gesamte Rennen neutralisiert. Danach war Alexander Wurz im Peugeot zum ersten Mal für einige Runden in Führung. Und dann wurde es wieder Nacht in Le Mans. Und niemand wusste, was heute in der Früh alles ans Tageslicht kommen würde.