Der österreichische Skiverband (ÖSV) ist mit dem Abgang seines Sportdirektors konfrontiert. Der 59-jährige Salzburger Anton Giger legte am späten Mittwochabend sein Amt zurück. Eine entsprechende Meldung der Tiroler Tageszeitung am Mittwochabend bestätigte sich am Donnerstag mit der offiziellen Mitteilung durch den ÖSV. Darin heißt es: "Wenige Personen haben die jüngere Geschichte des Österreichischen Skiverbandes so maßgeblich geprägt, wie Toni Giger. Nach 33 Jahren beendet der nunmehrige Sportdirektor seine Karriere beim Österreichischen Skiverband, um sich neuen Aufgaben zu widmen."

Giger hatte vor drei Jahren die Nachfolge von Hans Pum angetreten, der sich in die Pension verabschiedete, und trug damit die Verantwortung für alle Sparten des Verbandes. Zuvor war er elf Jahre höchst erfolgreich als Rennsportleiter der Alpin-Männer tätig (u.a. zwölf WM-Titel und sechs Olympiasiege), ehe er nach den Winterspielen 2010 durch Mathias Berthold abgelöst wurde. Präsident Peter Schröcksnadel wollte Giger jedoch unbedingt halten und schuf für ihn den Posten als Leiter der Abteilung für Entwicklung, Forschung und Innovation. Diese Agenden hatte Giger zusätzlich bis zuletzt inne.

Vor Gigers Abgang hatte der ÖSV nach dem Olympiawinter bereits drei Spitzenpositionen im Alpinbereich neu besetzt bzw. besetzen müssen. Herbert Mandl wurde zum Alpinchef bestellt, wenig später verkündete Patrick Riml seinen Rücktritt als Leiter des Hochleistungssports Alpin. Zu neuen Rennsportleitern bei Männern und Frauen als Nachfolger von Andreas Puelacher und Christian Mitter rückten Marko Pfeifer und Thomas Trinker auf.

Und doch der vielen Lobesworte über den Salzburger "Ski-Mathematiker" scheint klar, dass das Ende nicht friktionsfrei gewesen sein dürfte. Erste Unstimmigkeiten mit der neuen Verbandsspitze kamen nach den Olympischen Spielen in Peking zutage. Da soll es eine Presseaussendung gewesen sein, in der der Sportdirektor eine eigene Bilanz der Spiele zog, die u. a. auch die neue Präsidentin Roswitha Stadlober verärgerte. Als erste Konsequenz trennte man sich, eher still und heimlich, vom Kommunikationsdirektor Stefan Illek. Und dann wurden die Agenden von Toni Giger sukzessive beschnitten, wie man hört. So wurde ein eigener alpiner Sportdirektor engagiert, Herbert Mandl. Und Stadlober erklärte auf die Frage, wer nun zuständig sei: "Für die Alpinen ist es Herbert Mandl. Toni Giger ist Sportdirektor. Nicht mehr, aber auch nicht weniger."

Die Machtfülle des Salzburgers im Verband war zuletzt beeindruckend, hatte er doch weiterhin die Hand auf der Abteilung für Forschung und Entwicklung, die auch das Skiservice umfasst, als auch über allen sportlichen Bereichen. Dass er den Alpinbereich nach wie vor lenken wollte, ist kein Geheimnis. Zu verwoben war der erfolgreiche Trainer mit den Alpinen. Der Wechsel und Umbruch der neuen Führung, der mit einer Beschneidung von Giger einhergegangen sein soll, dürfte nun zu viel gewesen sein. "Es war, ist und bleibt mir eine Ehre! Aktuell befindet sich der ÖSV in einer Umbruchphase, vieles ist in Bewegung. In den vergangenen Wochen ist in mir der Entschluss gereift, dass auch ich mich noch einmal eine berufliche Veränderung und neuen Herausforderung stellen möchte – zum bestmöglichen Zeitpunkt. Die Entscheidung zu treffen, ist mir nicht leichtgefallen, aber sie ist richtig."

Giger fand zum Abschluss aber auch viele lobende Worte: "Dementsprechend dankbar nehme ich die Freude über alles mit, was in dieser langen Zeit für den Skisport in Österreich dank des Engagements vieler gelungen ist. Die sportlichen Erfolge, die technologischen Innovationen, die Fortschritte in der Sicherheit: Was diese Zeit für mich persönlich so wertvoll macht und was bleibt, das sind die menschliche Qualität, der Teamgeist und die Begeisterung hinter all den großen und kleinen Erfolgen. Mein besonderer Dank zum Abschied gilt daher allen, die den Weg mit mir gegangen sind."

Lobreden und Dankbarkeit

Zum Abschluss gab es für Giger aber noch viel Blumen. "Mit Toni Giger verlässt eine der erfolgreichsten Trainer- und Führungspersönlichkeiten der letzten Jahrzehnte den Österreichischen Skiverband. Er hatte maßgeblichen Anteil an den herausragenden Leistungen in den vergangenen Jahrzehnten, sowohl als Rennsportleiter, Leiter der Abteilung für Entwicklung, Forschung und Innovation wie auch als Sportdirektor. Dafür gilt ihm im Namen der gesamten österreichischen Skifamilie unser besonderer Dank und Respekt", erklärt ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober und wünscht dem scheidenden Sportdirektor für seinen weiteren beruflichen Weg alles Gute. "Wir verlieren einerseits einen besonderen Kenner und Insider der Ski-Rennsport-Welt, andererseits können wir weiterhin auf viele seiner Erkenntnisse und Innovationen – durch das von ihm ins Leben gerufene Kompetenzzentrum Ski Austria Service & Technology – zurückgreifen", hieß es in der Aussendung.            

In die gleiche Kerbe schlägt auch ÖSV-Finanzreferent Patrick Ortlieb. "Wer die Erfolgsbilanz von Toni Giger liest, weiß, welchen besonderen Fußabdruck er mit seinem Team in der österreichischen Skigeschichte hinterlassen hat. Es sind aber nicht nur die Siege, die seine Ära auszeichnen, sondern auch die zahlreichen Sportlergrößen – von Hermann Maier bis Marcel Hirscher – die es auch dank seiner Unterstützung an die absolute Weltspitze geschafft haben. Toni hat mit seiner Akribie und seinem Arbeitseinsatz perfekte Bedingungen für unsere Aktiven geschaffen und auch das System stets weiter optimiert."