20 Jahre nach dem Triumph im eigenen Land durfte die "Equipe Tricolore" am Sonntag in Moskau nach einem Finalsieg gegen Kroatien zum zweiten Mal in der Verbandsgeschichte den WM-Pokal jubelnd in die Höhe stemmen. Für Trainer Didier Deschamps schloss sich ein Kreis, 1998 hatte er noch als aktiver Spieler den Titel gewonnen.

Der 49-Jährige zog damit in einen elitären Kreis ein, ist erst der dritte Akteur, dem dieses Kunststück gelang. Zuvor hatten dies nur der Brasilianer Mario Zagallo und der Deutsche Franz Beckenbauer geschafft. Deschamps' Anteil am Erfolg ist ein großer, die taktische Ausrichtung in den entscheidenden K.o.-Spielen brachte jeweils den gewünschten Spielausgang.

Das Beispiel Frankreich zeigt auch, dass Kontinuität am Trainersektor ein Erfolgsgeheimnis sein kann. Der als Pragmatiker geltende Deschamps darf seit Juli 2012 als Teamchef werken, konnte die internen Streitigkeiten, mit denen seine Vorgänger Raymond Domenech und Laurent Blanc zu kämpfen hatten, weitgehend abstellen und ist auf der Erfolgsleiter Treppe für Treppe nach oben gestiegen.

Nach dem WM-Viertelfinale 2014 in Brasilien folgte die bittere Niederlage im Heim-EM-Finale 2016 gegen Portugal nach Verlängerung. Der WM-Triumph zwei Jahre später im dritten WM-Finale mit französischer Beteiligung innerhalb von 20 Jahren ist eine verspätete Entschädigung dafür.

Der mittlerweile längstdienende französische Teamtrainer konnte sich den Luxus leisten, nach einer nicht allzu souveränen Qualifikation Starspieler wie Anthony Martial, Alexandre Lacazette oder den seit Jahren nicht mehr nominierten Karim Benzema zu Hause zu lassen. Vor allem der enorm schnelle Kylian Mbappe und Antoine Griezmann sorgten dafür, dass deshalb keine Diskussionen aufkamen, sie erfüllten die hohen Erwartungen. Mittelstürmer Olivier Giroud trat vor dem Finale nicht als Torschütze in Erscheinung, machte aber viele Kilometer und wurde von seinem Trainer wegen seiner Arbeit für die Mannschaft mehrmals gelobt.

Der Erfolg stand beim neuen Weltmeister ganz klar über dem spielerischen Glanz. Die erhoffte Torgala der Traumoffensive rund um Griezmann und Mbappe bekamen die französischen Fans nur beim packenden 4:3-Erfolg gegen Argentinien im Achtelfinale geboten. Sonst war oftmals Magerkost angesagt, stand eine sichere Defensive samt erfolgreicher Kontertaktik auf dem Programm, die voll aufging.Der Gruppe-C-Sieg wurde mit Erfolgen über Australien (2:1) und Peru (1:0) sowie einem Remis gegen Dänemark (0:0) fixiert. Nach Argentinien wurden in der entscheidenden Turnierphase auf dem Weg ins Endspiel auch noch Uruguay (2:0) und etwas glücklich Belgien (1:0) aus dem Weg geräumt.

"Ich will Weltmeister werden. Dafür muss man Opfer bringen", hatte Mittelfeldspieler Paul Pogba schon vor dem Endspiel Frankreichs ergebnisorientiertes Turnier-Credo auf den Punkt gebracht. Nach dem zweiten WM-Titel fragt keiner mehr danach, ob das die richtige Entscheidung war. Frankreich ist erst die sechste Nation, die den WM-Titel mehr als einmal gewonnen hat. Öfter erfolgreich waren nur Rekord-Champion Brasilien (5), Deutschland und Italien (je 4).

Vor allem Mbappe, dessen Marktwert während der WM bereits auf 400 Millionen geschätzt wurde, wird das Turnier noch lange in Erinnerung bleiben. Gegen Peru avancierte er mit neunzehneinhalb Jahren zu Frankreichs jüngstem WM-Torschützen aller Zeiten. Nach dem Sieg gegen Argentinien war er der zweitjüngste Doppelpack-Torschütze der WM-Geschichte nach Brasiliens Pele 1958. Der Paris-St. Germain-Akteur wird auch in den nächsten Jahren eine zentrale Rolle bei "Les Bleus" spielen, die Zukunft schaut allgemein sehr rosig aus.

Auch für andere Stützen wie Griezmann, Paul Pogba, dem bei der WM nimmermüden Dauerläufer N'Golo Kante oder auch die Abwehr-Asse Raphael Varane und Samuel Umtiti wird es wohl noch einige Endrunden geben. Große Kaderänderungen stehen nach dem erfolgreichen Turnier nicht wirklich an. Bei der EM 2020 werden die Franzosen daher - sofern die Qualifikation dafür gelingt - die großen Gejagten sein.