Wir schreiben den 12. Juni 2010. Meisterschaftsentscheidung in der Gebietsliga Mur. Vor der letzten Runde liegen der FC Knittelfeld und St. Lorenzen/Knittelfeld punktegleich voran. Es bahnt sich ein Kampf um jedes Tor an, um den Titelträger zu ermitteln. Dann passiert das schier Unglaubliche. St. Lorenzen/Knittelfeld überholt mit einem 30:1-Heimsieg gegen St. Stefan/Leoben den FC Knittelfeld, der „nur“ 21:0 gegen Schöder gewinnt.

Freude kommt aber nur beim Tabellendritten Gaal auf. Er darf aufsteigen, weil St. Lorenzen/Knittelfeld, FC Knittelfeld, St. Stefan/Leoben und Schöder bestraft werden. Die verdächtigen Partien werden letztlich mit 0:0 gewertet. Das Quartett muss in der darauffolgenden Saison mit minus 15 Punkten in die Saison starten und jeder Verein erhält je 1000 Euro Geldstrafe.

Heute jährt sich dieser Tag zum zehnten Mal. Wolfgang Bartosch, heute Präsident des Steirischen Fußballverbandes, damals noch als „Vize“ federführend in der Aufarbeitung der Angelegenheit, erinnert sich noch gut daran. „Das waren utopische Ergebnisse. Zuerst dachte ich, es handelt sich um einen Druckfehler, aber dem war nicht so“, sagt der 62-Jährige. „Das war schon ein Erdbeben und ein absoluter Tiefpunkt für den steirischen Fußball, weil das Fair Play mit Füßen getreten worden ist.“

Beweise konnten damals aber nicht erbracht werden. „Wir haben damals den Fair-Play-Gedanken in den FIFA-Bestimmungen herangezogen“, sagt Bartosch. Dieser Vorfall hatte auch zur Folge, den Paragraf 111a in die ÖFB-Rechtspflegeordnung aufzunehmen. Dieser ist bekannt, weil er zuletzt nach den verbotenen Mannschaftstrainings des LASK als Grundlage der Bestrafung herangezogen wurde. In der Steiermark musste er seit 2010 nicht mehr strapaziert werden.

Was aus den beteiligten Mannschaften von damals wurde? St. Stefan/Leoben spielt mittlerweile in der 1. Klasse Mur/Mürz A. Schöder stieg 2016 zwar als Zweiter auf, zwei Jahre später ging es aber wieder runter. Denselben Weg ging der FC Knittelfeld 2012 und 2016. Obmann-Stellvertreter Michael Mally, schon damals mit an Bord, erinnert sich: „Es ist eine andere Zeit angebrochen. Damals wollte man noch mit aller Gewalt aufsteigen, heute geht es darum, die Jugend zu forcieren und den Spielbetrieb zu erhalten.“

St. Lorenzen/Knittelfeld marschierte seit 2018 in die Oberliga Nord durch. Der seit 2015 amtierende Obmann Wilfried Stocker sagt: „In meiner Amtszeit ist das nie ein Thema gewesen., das ist abgehakt.“