Wie stehen Sie zur Bezahlung im österreichischen Frauenfußball?

ELISABETH TIEBER: Es ist kein Geheimnis, dass der Männerfußball mehr im Fokus steht. Das ist in anderen Sportarten ausgeglichener. Klar hat auch der Fußball aufgeholt. Aber Sportarten wie Ski oder Tennis sind schon weiter. Auf Vereinsebene kann man Frauen nicht das zahlen, was die Männer bekommen. Aber beim Nationalteam würde ich mir wünschen, dass man die Gehälter in etwa gleich gestaltet, weil ich finde, dass wie im normalen Arbeitsleben Menschen, die die gleiche Arbeit leisten, das Gleiche verdienen sollten.

BERNHARD NEUHOLD: Die Erlösverteilung orientiert sich immer am Markt und den Erlösen, die wir über Finalturniere oder Länderspiele generieren. Wir wollen kein Ungleichgewicht herbeiführen, sondern können nur die Mittel verteilen, die wir in den jeweiligen Bewerben einnehmen. Es ist entscheidend, wie viel das Fernsehen für den Rechteerwerb bezahlt, wie viel Sponsoren beitragen oder wie viele Tickets veräußert werden. Dass wir noch weit von den Prämien der Männer entfernt sind, hat nichts damit zu tun, dass wir ungerecht vorgehen wollen, sondern nur das verteilen können, was der Markt hergibt. Und die Erlöse sind im Vergleich Frauen/Männer eben in einer anderen Relation.

ELISABETH TIEBER: Das ist ganz klar. Aber warum muss man alles, was die Männer bekommen, im Männerbereich ausschütten? In Ländern, in denen die Prämienverteilung angepasst wurde, glaube ich auch nicht, dass Frauen die gleichen Einnahmen wie Männer haben. Es geht mir darum, dass allgemeine Einnahmen von einem Verband gleich aufgeteilt werden.

BERNHARD NEUHOLD: Mir ist kein Land bekannt, das Prämien in absoluten Zahlen zu gleichen Teilen ausschüttet. Aber Faktum ist, dass wir wesentlich mehr in Frauen- und Mädchenfußball investieren, als wir erlösen. Da geht es gar nicht nur um die Prämien, sondern auch um Rahmenbedingungen, Betreuer, Projekte, Strukturen und administratives Personal. Schon da sind im ÖFB die Kosten definitiv höher als die Einnahmen, die wir über dieses Thema lukrieren. Trotzdem war es uns aus voller Überzeugung ein Bedürfnis, dass wir die Prämienstruktur in den vergangenen Jahren bei den Frauen erheblich weiterentwickelt haben.

Wie werden die Einnahmen der Männer genau verteilt?

BERNHARD NEUHOLD: Das Geld, das wir mit dem Männer-Nationalteam über Fernsehen, Ticketing und Sponsoring generieren, dient zu einem Großteil dazu, viele Projekte im ÖFB – etwa Mädchen- und Frauenfußball, Breitenfußball, Traineraus- und -fortbildung, Talenteförderung, etc. – quer zu finanzieren. All diese Themen verursachen Kosten, lassen sich aber am freien Markt nicht refinanzieren. Hauptsächlich kommen die Einnahmen vom Herren-Nationalteam. Da ist der ÖFB kein Spezifikum.

ELISABETH TIEBER: Dennoch sollte man versuchen, einen Weg zu finden, die Prämien Schritt für Schritt anzupassen. Die Männer verdienen bei den Klubs sehr viel. Für das eigene Land zu spielen, sollte eigentlich eine Freude sein. Da muss man nicht noch so viel zahlen im Nationalteam. Wenn man den Männern etwas weniger gibt und den Frauen etwas mehr, wäre das viel fairer.

BERNHARD NEUHOLD: Klar gibt es den Stolz, für das Nationalteam spielen zu dürfen. Aber es gibt auch wirtschaftliche Interessen, weil Fußballer nur begrenzt Zeit haben, Geld zu verdienen. Was ich nicht haben will, ist eine Neid- und Verteilungsdebatte. Ich glaube, dass wir den Frauenfußball und den Markt dafür weiterentwickeln müssen und nicht in die Richtung gehen sollten, den Männern etwas wegzunehmen, um den Frauen etwas zu geben. Ich orte in vielen Gesprächen mit Sponsoren, dass immer mehr Wert darauf gelegt wird, im Frauenfußball präsent zu sein. Die Frauen haben sich sehr viel erarbeitet. Das hilft uns auch, die Prämienstruktur weiter zu entwickeln.

ELISABETH TIEBER: Ohne Platz drei bei der EM 2017 wäre es vielleicht gar nicht dazu gekommen. Ich finde, dass Frauen immer etwas leisten müssen, bevor sie etwas zurückbekommen. Männer bekommen schon im Vorfeld sehr viel – unabhängig davon, ob sie etwas leisten.

BERNHARD NEUHOLD: Dass die EM 2017 ein Boost war, ist unumstritten. Aber es ist mir wichtig, zu betonen, dass schon vor 2017 einiges im Frauenfußball zum Positiven verändert wurde. Wir haben 2011 die Frauenakademie in St. Pölten eröffnet. Wenn man vergleicht, was vor zehn Jahren Standard war im Vergleich zu heute, ist das ein Riesenunterschied. In den Bereichen Ausrüstung, Hotel, Flugreisen und Betreuerstab gibt es keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Natürlich spielen Frauen in anderen Stadien als die Herren, was aber schlichtweg der Nachfrage der Tickets geschuldet ist. Aber was die grundsätzlichen Rahmenbedingungen betrifft, wüsste ich nicht, wo die Frauen den Männern hintennachstehen.

Frau Tieber, Sie haben lachen müssen beim Thema Ausrüstung. Warum?

ELISABETH TIEBER: Als ich noch im Nationalteam gespielt habe, war in den ersten Jahren entweder das T-Shirt viel zu groß oder viel zu klein. Wir haben abgetragene Kleidung der Herren bzw. Burschen bekommen. Das kann man nicht mehr vergleichen. Das hat sich stark entwickelt, da hat man investiert. Das ist sehr lobenswert. Es hat sich auch in anderen Bereichen einiges getan. Es wurde beim Personal aufgestockt, da geht aber noch mehr. Es gibt einige Projekte, von denen leider keines richtig explodiert ist. Der Medienauftritt ist super. Aber wieso gibt es nur eine Frauen-Akademie und bei den Männern 13?

BERNHARD NEUHOLD: Das ist den Zahlen der Aktiven geschuldet. Die Frage lautet immer: Wie viele Talente gibt es für den Spitzenbereich? Wir stellen uns regelmäßig der Thematik, ob es eine zweite, dritte oder vierte Akademie geben soll. Das hängt von den spielenden Mädchen ab. Auch bei den Männern fragen wir uns das ständig, ob 13, 7 oder doch 20 Akademien ideal sind. Es muss sich immer an der Anzahl der aktiven Burschen und Mädels orientieren. Solche Zentren sind ja nicht ganz billig zu finanzieren. Die Geldmittel sollen effizient eingesetzt werden. Wir wollen in den Akademien Talente für die Spitze ausbilden, nicht für die Breite.

ELISABETH TIEBER: 2011 war es richtig, eine Akademie zu haben. Aber zehn Jahre später müssen wir weiter denken. Es wäre sinnvoll, einen zweiten Standort im Süden zu machen für Kärnten, die Steiermark und das Burgenland und im Westen einen dritten für Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Denn es gibt viele Mädchen im Alter von 14 Jahren, die nicht von zu Hause weg oder nach St. Pölten wollen. Wichtig ist es, mit Außenstehenden zu reden, weil man intern schneller zufrieden ist.

BERNHARD NEUHOLD: Mehr und besser geht immer. Wir haben unser klares Bekenntnis zum Thema Frauenfußball abgegeben und werden alles daran setzen, dass dieses Thema einen immer größeren Stellenwert genießt.

ELISABETH TIEBER: Vielen Dank für den sehr guten Austausch. Schauen wir, dass wir für den Frauenfußball etwas Tolles zusammenbringen!

BERNHARD NEUHOLD: Ich danke. Es war eine hochinteressante und spannende Diskussion, gerne mehr davon.