Der ÖFB befindet sich seit Jahren in einem ständigen Kampf gegen andere Nationalverbände um österreichische Fußball-Talente mit Migrationshintergrund. Dabei behielt der heimische Verband bei den großen Kalibern stets die Oberhand, so etwa bei David Alaba, Marko Arnautovic und Aleksandar Dragovic - auch deshalb, weil diese Spieler schon als Teenager ihr erstes Pflichtspiel für das ÖFB-A-Team bestritten und damit ein Nationenwechsel praktisch ausgeschlossen war.

So einfach dürfte es künftig mit der Sicherung von Rohdiamanten nicht mehr werden. Und das ausgerechnet in einer Phase, in der es darum geht, Sasa Kalajdzic nicht an Serbien und Yusuf Demir nicht an die Türkei zu verlieren. Die FIFA beschloss nämlich auf ihrem Kongress Mitte September eine Erleichterung von Verbandswechseln.

Die neuen Kriterien besagen unter anderem, dass ein Nationenswitch möglich ist, wenn der betreffende Spieler nicht mehr als drei A-Länderspiele (Test- oder Bewerbspartien) für den alten Verband bestritten hat, während der Länderspiel-Einsätze seinen 21. Geburtstag noch nicht vollendet hatte, für seinen alten Verband an keiner kontinentalen Endrunde oder WM teilgenommen hat, sein letztes Ländermatch mindestens drei Jahre zurückliegt und er bereits die Staatsbürgerschaft des neuen Verbands besessen hat, als er für den bisherigen Verband aktiv war.

Laut ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer wurden die neuen Regularien des Weltverbandes weder im Detail ausformuliert noch den Verbänden zugestellt, zudem ist offen, wann sie in Kraft treten. Eines steht für den Juristen aber schon jetzt fest: "Die Situation wird komplexer und unklarer."

ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel schwant nichts Gutes. "Ich habe mit der neuen Regelung keine Freude, es wird sicher noch ein bisschen schwieriger für uns", sagte der Wiener der APA. "Ich verstehe auch nicht ganz den Sinn dahinter. Mein Ansatz ist, dass jeder dort spielen sollte, wo er lebt und ausgebildet wurde."

Die FIFA wählte allerdings einen anderen Zugang, der die Gefahr erhöht, hoch veranlagte Spieler zu verlieren. "Doch wir wollen über die Nachwuchs-Auswahlen und die Talenteförderung eine Bindung schaffen, damit Spieler mit Migrationshintergrund bei uns bleiben", betonte Schöttel.

Große Chance bei Kalajdzic und auch Demir

Bei Kalajdzic sieht der Sportdirektor eine große Chance auf einen Verbleib beim ÖFB. Zumindest vorsichtig optimistisch ist Schöttel bei Demir, der als vielleicht größtes heimisches Talent gilt. Der Rapidler hat sämtliche heimische Nachwuchs-Auswahlen durchlaufen, ist derzeit U21-Teamspieler und steht in der A-Auswahl auf der Abrufliste.

"Er identifiziert sich hundertprozentig mit uns, trotzdem ist eine Bindung zur Türkei da. Unser Ansatz ist, ihm Perspektiven zu bieten", sagte Schöttel. Man führe zu diesem Thema regelmäßig Gespräche mit Rapids Talentemanager Steffen Hofmann und Demirs Berater, der sich zuletzt im "Kurier" wohlwollend über einen Verbleib seines Schützlings beim ÖFB geäußert hat. Dennoch bleiben bei Schöttel Zweifel. "Wir bemühen uns, doch man kann nie ausschließen, dass eine andere Entscheidung kommt."

A-Team-Einsätze sind nicht zu verschenken

Ausschließen könnte man einen Wechsel dadurch, dass man Demir und Kalajdzic so schnell wie möglich zu vier Länderspielen verhilft. "Aber jemandem A-Team-Einsätze zu schenken, kommt bei uns nicht infrage. Die muss man sich verdienen", betonte Schöttel.

Diese Meinung vertritt auch Teamchef Franco Foda. "Ich setze niemanden ein, nur damit er dann fix für Österreich spielt. Einsätze hängen von der Leistung ab", meinte der Deutsche, dem die Qualitäten von Demir nicht verborgen geblieben sind. "Er ist ein riesiges Talent und bei Didi Kühbauer (Anm.: Rapid-Trainer) in den besten Händen."