Von diversen archaischen Gesellschaften, aber auch von Vereinigungen der Gegenwart mit vorsintflutlichem Gedankengut sind durchaus gewöhnungsbedürftige Aufnahmerituale überliefert. Im österreichischen Nationalteam geht es wesentlich gesitteter zu, denn in Tagen wie diesen ist Corona schon Prüfung genug. Wer neu zur Gemeinschaft stößt, braucht sich nicht fürchten, bloßgestellt zu werden, und die eben erst eingestellten Mitglieder lassen sich nicht einmal das Lampenfieber anmerken. Alles, was auch nur im Entferntesten mit erhöhter Körpertemperatur in Zusammenhang gebracht werden könnte, ist in Covid-19-Zeiten schon verdächtig.

Adrian Grbic und Christoph Baumgartner heißen die jüngsten Zugänge in der von Franco Foda zusammengestellten A-Auswahl der rot-weiß-roten Fußballgesellschaft. Was sie voneinander unterscheidet, sind, abgesehen von drei Lebensjahren, die Herkunft und der aktuelle Arbeitsplatz. Der eine, Grbic, ist ein Wiener aus dem 23. Gemeindebezirk und spielt beim französischen Erstligaklub Lorient, der andere kommt aus dem Waldviertel und hat sich beim deutschen Bundesligisten Hoffenheim inzwischen schon verdient gemacht. Was die beiden Novizen verbindet, ist ein möglicherweise angeborenes, zumindest aber im Lauf der Ausbildungsjahre erworbenes ausgeprägtes Selbstbewusstsein.

Torjäger der Zukunft

Es kann ja nicht schaden, wenn einem nicht gleich die Knie schlottern. Wie sollte ein Grbic denn dann bewerkstelligen, was er seiner persönlichen Einschätzung nach am besten kann? „Ich traue mich schon zu sagen, dass ich weiß, wo das Tor steht“, teilt der Stürmer als Basisinformation mit. Dass er es auch regelmäßig trifft, lässt der 24-Jährige nicht unerwähnt. 17 Tore waren es in der vergangenen Saison beim Zweitligaklub Clermont Foot, darunter auch Weitschüsse und Freistöße. Hätte Grbic eine Stellenbewerbung abgegeben, würde darin darüber hinaus auch noch der Zusatz „technische Fähigkeiten“ aufscheinen. Die Abschlussstärke war gewiss ein zentraler Gedanke in den Überlegungen des Teamchefs. Ob Foda es wagt, den Neuankömmling auch gleich debütieren zu lassen, wird sich erst weisen.

Der Weg nach Frankreich war ein wohlüberlegter Schritt, denn bei Altach hatte Grbic kein Fixleiberl, sein Stammplatz war die Ersatzbank. Durch seine Leistungen im Land des Weltmeisters hatte er sich auch Hoffnungen auf eine Einberufung ins Nationalteam gemacht. Berechtigterweise, wie sich nun herausstellt. „Ich habe Selbstreflexion geübt und mir schon Chancen ausgerechnet.“

Wiederaufbau nach Rückschlägen

Sein 21-jähriger Kollege ist sehr erfreut über den Umstand, nun ebenfalls der heimischen Elite anzugehören. „Ich habe in den ersten Trainings gleich versucht, Vollgas zu geben“, erzählt Christoph Baumgartner, der sich nach Rückschlägen (ein folgenschwerer Ausschluss im Klub und ein mitentscheidender verschossener Elfer bei der U-21-EM) in der vergangenen Saison ein ausreichendes Maß an Selbstvertrauen angeeignet hat. „Das sind Momente, in denen man dann versucht, das Positive herauszuziehen. Ich habe gelernt, dass es nicht immer nur bergauf geht.“

Baumgartner erhielt bei Hoffenheim weiter seine Chancen und nützte diese. Sieben Ligatore gingen auf sein Konto. „Ich bringe mittlerweile Selbstvertrauen mit. Du merkst, du kannst mit den ganz Großen mithalten, und ich bin jetzt nicht mehr der junge Bua“, meint der Offensivspieler aus der Kreativitätsabteilung des Fußballs. Er sei einer, „der gern etwas probiert und auch Riskantes“ versuche. Baumgartner verhehlt bei dieser Gelegenheit nicht, wo er sich am liebsten sieht, nämlich in der „Zehnerposition. Da habe ich nie ein Geheimnis draus gemacht.“ Aber er zeigt sich flexibel. „Ich bin variabel einsetzbar.“