Herr Ruttensteiner, Sie sind jetzt seit mehr als einem Jahr als Sportdirektor in Israel tätig. Wie läuft die Arbeit?
Willi Ruttensteiner: Man muss es zweigeteilt betrachten. Auf der einen Seite steht die Nationalmannschaft, da haben wir in den letzten Spielen einen Rückschlag erlitten, ich bin aber mit der Entwicklung zufrieden. Auf der anderen Seite gibt es einen Langzeitplan mit Trainerausbildung, Talenteförderung, dem Breitenfußball, da geht es auch voran. Ich bin zufrieden mit der Arbeit.
Welchen Zeithorizont haben Sie sich für Ihre Tätigkeit gesetzt?
Ich habe ihn für das Land natürlich längerfristig gesetzt, ich persönlich habe einen Vertrag bis 2022, und da haben wir schon in verschiedenen Bereichen sehr gute Projekte eingeleitet.
Die da wären?
In der Trainerausbildung wurden die Kurse neu strukturiert, es gibt eine neue Lizenz. In der Talenteförderung wurde in Kooperation mit der UEFA eine Akademie eröffnet. Im Nachwuchsfußball wurde eine neue Philosophie eingeführt. Auch infrastrukturelle Pläne gibt es.
Wie funktioniert die Kommunikation? Läuft alles reibungslos ab oder gibt es Probleme?
Manchmal gibt es Diskussionen, durchaus auch heftige, aber die Kommunikation ist nicht so schwierig, wie ich es mir vorgestellt habe. Du kannst mit jedem direkt reden und gute Gespräche führen.
Halten Sie sich eigentlich permanent in Israel auf oder sind Sie nur fallweise vor Ort?
Man kann sagen, permanent. Man muss hier leben, das ist bei diesem Job als Sportdirektor gar nicht anders möglich.
Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann wieder in Österreich zu arbeiten?
Klar, auf jeden Fall. Ich habe soeben dem WAC einen Besuch abgestattet und ich war überwältigt von der Herzlichkeit, mir hat es irrsinnig gut gefallen. Ich habe keinen Grund, in Österreich nicht wieder zu arbeiten. Es ist nicht vorhersehbar, aber es ist mein Heimatland, warum nicht?
Beim ÖFB müssten sich wohl die Voraussetzungen verändern?
Da habe ich lange genug gearbeitet, das schließe ich eher aus.
Kommt es vor, dass aus Österreich bisweilen der Ruf nach Willi Ruttensteiner erfolgt?
Es kommt immer wieder vor. Ich habe sehr gute Kontakte zu verschiedenen Trainern und Klubs. Es war während meiner Tätigkeit oft kritisch und hektisch, auch unangenehm. Jetzt ist der Kontakt sehr positiv. Ich wundere mich direkt, wie herzlich Leute mir gegenüber jetzt sind. Früher habe ich zwölf Stunden am Tag gearbeitet und da war es nicht so herzlich.
Worauf führen Sie diesen Umstand zurück?
Wenn du Sportdirektor in einem Land bist – und ich kenne viele in Europa – dann ist das ein Job, in dem du etwas vorantreibst, Strukturen änderst. Das erzeugt Gegendruck. Leute neigen ja dazu, zu sagen, es ist gut so, wie es ist, dann kommt wer und sagt, es ist nicht gut so, das war in meiner Zeit beim ÖFB immens der Fall.
Veränderung fällt oft schwer?
So ist es. Und es ist häufig mit Widerspruch verbunden, das geht oft auch ins Persönliche und das kann Beziehungen empfindlich stören. Grundsätzlich war mir aber immer klar, dass man ohne Veränderung nicht vorwärtskommt. In Österreich ist ja kein Stein auf dem anderen geblieben, das war oft mit herber Kritik verbunden. Das ist jetzt ganz anders.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung in Österreich seit Ihrem Abgang?
Also der Erfolg mit der U21 war gewaltig, ich habe dem Werner Gregoritsch auch gratuliert. Da ist man auf einem guten Weg. Die Nationalmannschaft spielt auch wieder sehr gut. Was die gesamte Arbeit betrifft, so wird man das Ergebnis im nächsten Jahrzehnt sehen.
Wie ist Ihr Verhältnis zur derzeitigen sportlichen Führung in Österreich?
Ich habe (den jetzigen Sportdirektor, Anm.) Peter Schöttel in England bei einer Konferenz getroffen. Wir haben uns zusammengesetzt und ein sehr gutes Gespräch gehabt. Persönlich schätze ich den Peter sehr, ich habe ihn auch zum ÖFB geholt. Für mich war nur die Art und Weise, wie mein Abgang abgelaufen ist, nicht in Ordnung. Das haben wir geklärt, das ist auch nicht Peters Schuld.
Zurück zu Israel: Welches Ansehen genießt Andi Herzog aus Ihrer Sicht in Israel?
Also sein Standing ist ausgezeichnet, er hat eine sehr gute Arbeit gemacht. Was die Entwicklung der Mannschaft betrifft, hat er fast das Optimum herausgeholt. Nach den beiden Spielen wird man besprechen, wie es weitergeht.
Wie ist sein Ausraster nach dem verlorenen Spiel gegen Slowenien zu beurteilen und wie wurde dies in Israel aufgenommen?
Es war kein Ausraster.
Sagen wir, eine sehr emotionale Reaktion.
Aber eine völlig normale Reaktion eines Trainers, dass er sagt, ich habe es satt, wenn es heißt, wir arbeiten gut, aber wir fahren dann die Punkte nicht ein. Und alles andere, was geschrieben wurde, dass Spieler beleidigt worden seien und Ähnliches, das waren reine Lügen.
Wie sind in Israel die Reaktionen auf dieses Herzog-Interview ausgefallen?
Sehr positiv. Sie haben gesagt, er war sehr authentisch und hat eigentlich die Wahrheit gesagt. Und so war es ja auch.
Wie beurteilen Sie nun die Ausgangsposition in der Gruppe?
Für uns wird es sehr schwer. Nur wenn man gewinnen sollte, was ein unglaublicher Erfolg wäre, gibt es noch eine Chance.
Und wie sehen Sie die Situation in der Gruppe an sich?
Favorit ist für mich klar Österreich, es ist die stärkste Mannschaft. Polen schwächelt ein bisschen, ich denke aber, dass beide Teams die gleichen Chancen haben.