Tore geben beim Fußball den Ausschlag darüber, welche Mannschaft ein Spiel gewinnt oder verliert. Österreich, dessen Herzstück die starke Defensive ist, zeigt sich in der Nations League nicht als jene Nation, die das Tornetz regelmäßig zappeln lässt. In zwei Spielen gelang das nur ein einziges Mal. Marko Arnautovic traf gegen Nordirland. Der Wiener nimmt im aktuellen Teamkader mit 20 Treffern die Spitzenposition ein. David Alaba liegt mit 13 Toren dahinter. Die übrigen 18 Feldspieler trafen zusammen nur ganze 16 Mal.

Darunter befinden sich auch die Sturmpartner von Arnautovic, nämlich Guido Burgstaller und Michael Gregoritsch. Die rot-weiß-roten Deutschland-Exporte versenkten das runde Leder nur je ein Mal. „Solange der ,Burgi‘ und ich nicht treffen, wird es die Diskussion immer geben, dass Österreich ein Stürmerproblem hat. Wir zeigen bei unseren Klubs ja, dass wir das Tor treffen. Wir müssen nur Ruhe bewahren“, sagt Gregoritsch, der sich diesbezüglich auch einiges von Marc Janko (28 Tore) abschaut. „Marc hat auch einiges an Kritik einstecken müssen. Er ist aber immer ruhig geblieben und hat gewusst, dass die Tore kommen werden. Wenn wir annähernd auf seine Torquote kommen würden, wäre es schon etwas Besonderes.“

Wichtig - nicht nur wegen Toren

Genauso selbstkritisch gibt sich Schalke-Angreifer Burgstaller. „Wenn ein Stürmer nicht trifft, gibt es Kritik. Ich wünsche mir so sehr, dass es im Nationalteam so funktioniert wie bei Schalke. Aber ich kann nur weiter hart arbeiten, dann kommt das Glück wieder zurück“, erklärt der Kärntner, den Teamchef Franco Foda unter seiner Leitung als Einzigen in jeder Partie zum Einsatz kommen ließ. Der Deutsche weiß nämlich um die Qualitäten von Burgstaller, aber auch um Gregoritschs.

Die alte Fußballerweisheit „Ein Stürmer wird an seinen Toren gemessen“ findet im modernen Zeitalter nicht mehr jenen Platz von früher – vor allem nicht in Nationalteams. Viele Topnationen bauen auf Mittelstürmer, die nicht primär für die Tore zuständig sind. Olivier Giroud ging beim WM-Triumph Frankreichs leer aus. Wie er sich defensiv aufopferte, das Pressing forcierte und Raum für Mitspieler schuf, indem er mehrere Gegenspieler beschäftigte, machte ihn so wertvoll.

Alaba und Arnautovic schwärmen von den Stürmern

Wie es diesbezüglich in Österreich aussieht, erklärt David Alaba: „Was Guido und Michi für die Mannschaft arbeiten, ist einfach top. Dass sie Tore schießen können, haben sie schon oft bewiesen. Aber im Nationalteam brauchen wir Leute, die auf dem Platz so ackern wie sie, um uns Torchancen zu erarbeiten. Das sieht man von außen oft nicht so. Aber wir wissen schon, was wir an ihnen haben.“

Überschwängliches Lob gibt es für Gregoritsch und Burgstaller auch von ihrem Sturmkollegen. „Für mich sind ,Burgi‘ und ,Gregerl‘ Topstürmer. Sie arbeiten, laufen und kämpfen enorm viel. Dazu probieren sie, immer im Strafraum für Betrieb zu sorgen“, sagt Arnautovic, der sich in die Situation des Duos versetzen kann. „Es ist nicht einfach, wenn man nicht trifft. Dann setzt man sich noch mehr unter Druck und will es beim nächsten Mal allen beweisen.“

Am Donnerstag (20.45 Uhr) bestreitet die heimische Auswahl im Wiener Ernst-Happel-Stadion das vorentscheidende Nations-League-Duell gegen Bosnien. Nur ein Sieg hält die Chance auf den Gruppensieg und den Aufstieg in Liga A aufrecht (siehe rechts). Die Gäste, die auf große Unterstützung bauen können (Arnautovic: „Es ist doch schön, wenn Fans im Stadion sind. Schreien tun sie eh alle das Gleiche“), werden wie schon beim Hinspiel in Zenica sehr defensiv erwartet.

Wer auch immer in der Sturmzentrale agiert, wird es schwer haben. „Wir sind aber ohnehin nicht die Mannschaft, die in jedem Spiel fünf Torchancen für die Mittelstürmer und zehn für die anderen Spieler kreiert, sondern eher eine, bei der die Mittelstürmer ein bis zwei Chancen vorfinden und der Rest vier bis fünf. Es geht nur darum, dass wir diese verwerten“, sagt Gregoritsch, der bereit ist, Drecksarbeit zu verrichten. „Wir haben Ausnahmekönner wie einen Marko im Team, für den wir gerne einen Lauf mehr nach hinten machen, damit er uns die Tore schießt.“

Dennoch hoffen Burgstaller und Gregoritsch auf ein persönliches Erfolgserlebnis, „denn das Schöne als Stürmer ist, dass du auch schnell der Held bist, wenn du triffst“. Die Zeit ist reif für neue Helden.