Ganz neu ist die Geschichte nicht: Der SK Sturm will „sein“ Stadion in Graz haben.Zum Thema wurde es, weil die Fans anlässlich der 110-Jahre-Feier in der Gruabn die Initiative „Sturm braucht eine Heimat“ ins Leben riefen. Das Ziel: Die Stadt soll den Schwarzen die Merkur-Arena überlassen. Eine Forderung, die auch die Vereinsspitze seit Langem stellt.Doch so einfach ist die Sache nicht in einer Stadt, die sich er "Ein-Stadion-Politik" verschrieben hat. 

„Ohne Heimat gibt es keine Identifikation. Und ohne Identifikation hast du nicht die Emotion, die den Verein groß macht“, sagt Präsident Christian Jauk zum Grund, warum man so vehement darauf drängt, dass Sturm das Stadion in Liebenau bekommt. Er sieht Sturm, selbst im nationalen Vergleich, benachteiligt: „Die Ein-Stadion-Strategie, die man in Graz verfolgt, gibt es sonst im gesamten deutschen Sprachraum nicht mehr.“ Und er führt an, dass Wien – neben Allianz- und Generali-Arena – gerade das dritte Stadion für einen einzelnen Verein baut, den Sportklub-Platz. Er nennt Linz, wo „das Stadion für den LASK gerade in der Begutachtung ist, dann gibt es drei Stadien in und rund um die Stadt“. In Graz passiere dahingehend wenig.

Bürokratischer Dauerlauf

Jauk weiß: „International geht der Fußball in Richtung Investoren. Das wollen wir nicht, Sturm soll ein Mitgliederverein bleiben. Aber dazu brauchen wir die Emotion des eigenen Stadions“, sagt er und erklärt, dass der Verein etwa durch die unterschiedlichen Ansprechpartner („Das Stadion gehört der Messe, der Vorplatz einer Immobilientochter der Stadt, die Garage einem privaten Betreiber“) bürokratisch wie auch finanziell belastet wird.

Und Jauk ist optimistisch: "Ich bin überzeugt, dass wir eine vernünftige Lösung finden, wo wir einen Millionenbeitrag leisten. Wo wir auch als Betreiber tätig sind, mit Baurecht. Wir wären dann so eine Art Pächter, Betreiber, Stadionverwalter in einem, die Pläne werden wir noch im Detail präsentieren. Ich glaube, die Stadt Graz wird dem Wachstum der Stadt und dem Frauen- und Nachwuchsfußball Rechnung tragen müssen."

Hohensinner: "Wir investieren ja"

Das Problem: Die Stadt hat gerade erst ein großes Paket an Neuerungen abgearbeitet, viel investiert. „Wir haben in zwei Phasen das Stadion runderneuert, die zweite Phase ist am Laufen. Insgesamt fast 17 Millionen Euro wurden investiert. Aber ich verstehe die Anliegen des SK Sturm, kann sie nachvollziehen. Wir werden uns zusammensetzen und die Fakten anschauen“, sagt Sport-Stadrat Kurt Hohensinner.

Dazu erklärt er, dass er vor fünf Jahren nicht einmal damit gerechnet habe, dass man das jetzt getätigte Investitionsvolumen auf die Beine stellen kann. "Das war auch nur mithilfe des Landes möglich", sagt Hohensinner. Womit wir bei einem weiteren Problem sind: Einst war Liebenau ein "Bundesstadion", aus dieser Verantwortung hat sich der Bund aber verabschiedet, spätestens mit dem "Nein" aus Graz zur Euro 2008. Gelder vom Bund wird es also kaum noch geben, allzu große Investitionen sind für Stadt und Bund alleine kaum stemmbar. 

Zudem, erklärt Hohensinner, werde im Fußball weiter investiert, wenn auch nicht in Liebenau. "Zunächst wird die Gruabn mit einem Kunstrasenplatz versehen, dann ist die LUV-Anlage dran, da hängen ganz viele Kinder und Jugendliche dran. Sturm und GAK, das ist schon wichtig, aber es gibt auch im Fußball noch andere." Man werde sich aber alles anhören, sagt Hohensinner. Und wenn die Pläne passen, dann werde auch den Stadtrat damit befassen.

Die Sitzung mit dem GAK

Zusammengesetzt hat man sich schon, und zwar die Sturm-Führung mit jener des GAK. Und herausgekommen sind „sehr konstruktive Gespräche“, wie beide Seiten betonen. „Wir arbeiten daran, dass etwaige Feindschaft wieder zur gesunden Rivalität wird“, wie Klubmanager Matthias Dielacher unterstreicht. Doch bezüglich Stadion ist man auch beim GAK skeptisch. „Wir brauchen ein größeres Stadion, aber in Weinzödl wird das ohne Verkehrsinfrastruktur und am derzeitigen Standort kaum möglich sein.“ Dabei weiß auch der GAK: „Ich habe Verständnis für Sturm und die Probleme, sie haben definitiv einen Wettbewerbsnachteil.“ Aber: Derzeit wird in Weinzödl an Adaptierungen gebaut, für die 2. Liga bleibt die Merkur-Arena der Spielort im Herbst. „Wenn etwas passiert, dann wird das noch dauern.“

Klar ist auch für den GAK: Eine "Groß-Arena" mit an die 8000 Plätze wird unter den derzeitigen Gegebenheiten im Norden von Graz nicht realisierbar sein. Da stehen das Wasserschutzgebiet, die Straße und das Restaurant im Wege. Wenn, dann müsste man wohl völlig neu bauen - aber auch das sei illusorisch. "Wir müssen Entscheidungen treffen, mit denen auch noch unsere Nachfolger gut leben können", sagte Dielacher mit einem Seufzen. Ein Stadion sei da definitiv zu früh - auch wenn er wie Jauk unterstreicht: "Eines ist klar: Der VIP-Bereich in Graz ist im Vergleich zu anderen, wie etwa in der Generali-Arena, gar nichts. Und, man muss es so sagen: Da macht man eben viel Geld. Auch wenn die Fans auf der Tribüne für das Erlebnis mindestens ebenso wichtig sind, auch wenn sie nicht dieselbe Einnahmequelle bieten."

Erste Annäherung zwischen Rot und Schwarz

Es bleibt also vorerst, wie es ist. „Ich muss die Euphorie bremsen. Die Fakten sprechen eher gegen diese neue Lösung“, sagt der Grazer Sportstadtrat Kurt Hohensinner. Neu aber ist die Zusammenarbeit zwischen Sturm und GAK.Und wenn es schon keine Bewegung in der Stadionfrage geben wird, alleine das ist der größte Erfolg dieser Idee: Die Vereinsvertreter der beiden großen Grazer Vereine sind endlich wieder an einem Tisch gesessen und haben konstruktiv gesprochen, sogar Austausch vereinbart. Und gerüchteweise sollen sogar die Fans bereit sein, für eine Lösung aufeinander zuzugehen.

Dazu passt, dass es zuletzt in Wien das erste Derby seit fast zwölf Jahren gab – zwischen den Special Teams der beiden Klubs. Endstand: 2:2 – das passt irgendwie. Es gab keine Sieger und vor allem keine Verlierer, das wäre auch in der Stadionfrage die Ideallösung.