Welche Erwartungen haben Sie für die neue Saison unter diesen nach wie vor besonderen Voraussetzungen?

CHRISTIAN EBENBAUER: Hohe, sehr hohe. Wenn man es sportlich betrachtet, hoffe ich, dass der Grunddurchgang genauso spannend wird wie in der vergangenen Saison und in weiterer Folge, dass wir international so erfolgreich sind wie letztes Jahr. Der Start ist ja geglückt.

Und welche Vorstellungen haben Sie jenseits der rein sportlichen Aspekte?

Der für mich wichtigste Punkt ist der, dass wir wieder Zuschauer in die Stadien bekommen. Das ist das, was ich mir am meisten wünsche, worum ich wirklich bitte.

Nun, grundsätzlich sind Besucher ja gestattet, warum müssen Sie jetzt darum bitten?

Ich bin der Meinung, dass wir in der Bundesliga bewiesen haben, dass wir verlässliche Partner sind und unsere Aufgaben erfüllt haben, indem wir einen Spielbetrieb unter schwierigsten Bedingungen durchgeführt haben, was in vielen anderen Ländern nicht passiert ist. Die Bundesliga und alle Klubs arbeiten jetzt seit Juni sehr intensiv an Konzepten, dass Zuschauer wieder möglich sind und dass wir es auch mit der Zehntausender-Grenze schaffen werden.

Das Ampelsystem tritt demnächst in Kraft. Vier Klubs wären derzeit durch die Schaltung auf Gelb unmittelbar mit einer Beschränkung auf 5000 Zuschauer betroffen. Wie sehen Sie dieses Problem?

Wir werden sehen, ob Einschränkungen passieren auf Basis der Ampel. Es ist ja noch nicht rechtlich verankert, das sollte erst Anfang Oktober passieren.

Wie sehen Sie den Umstand, dass schon bei relativ niedrigen Zahlen die Ampel, so wie geschehen, von Grün auf Gelb geschaltet wird?

Grundsätzlich sollte man bei aller notwendigen Vorsicht die Zuversicht nicht verlieren und dann muss man auch auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze Rücksicht nehmen. Man sollte hier mit Maß und Ziel agieren, das erhoffe ich auch für den Fußball, weil dies für die Klubs überlebensnotwendig ist, nämlich dass sie einfach Zuschauer haben.

ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold hat im Zusammenhang mit dem Auftakt zur Nations League gemeint, "wir zittern uns von Test zu Test". Wie sehr könnte sich dieses auch durch die Maßnahmen erzeugte Klima der Angst negativ auch auf den Bundesliga-Fußball auswirken, zumal man vom Wesentlichen eigentlich permanent abgelenkt wird? Wie ist es da möglich, gegenzusteuern?

Ich denke, da hilft uns massiv das Fertigspielen der Saison in beiden Spielklassen. Wir hatten ja schon Fälle von Infizierten, auch jetzt, als Spieler vom Urlaub zurückgekommen sind. Da ist es sehr wichtig, dass wir diesen Vorlauf schon haben. Wir können daher sagen, dass wir in der Lage sind, auch bei Infektionsfällen durchspielen zu können und dass wir wegen einer positiven Testung nicht gleich ein Spiel absagen müssen. Hundertprozentige Sicherheit gibt es aber natürlich nicht.

Welche Erkenntnisse gibt es von der vergangenen Saison hinsichtlich des Publikumsinteresses, vor allem, was die TV-Quoten betrifft, nachdem die Zuschauer aus den Stadien verbannt worden waren?

Wir hatten laut den Zahlen von Sky 1,8 Millionen Kontakte pro Spieltag und eine Steigerung von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Das heißt, dass das Fernbleiben von den Stadien vorerst mehr Fans vor die TV-Schirme gelockt hat?

Ja, das kann man so sagen.

Das Interesse am Fußball hat demnach also nicht abgenommen?

In diesem immer noch relativ kurzen Zeitraum hat es nicht abgenommen, aber ich fürchte, dass wir mit jedem Tag mehr, an dem die Fans keine Möglichkeit bekommen, in die Stadien zu gehen, einfach Interessenten verlieren.

Wann wird Ihrer Einschätzung nach wieder ein Normalbetrieb in der Bundesliga möglich sein?

Wir rechnen damit, dass die aktuelle Situation bis Ende des Jahres andauern wird. Der Gesundheitsminister hat aber vergangene Woche mit der sehr positiven Nachricht, dass ab Anfang 2021 Impfungen möglich sein könnten, in Aussicht gestellt, dass eventuell wieder auf Normalbetrieb umgestellt werden kann. Wenn wir den Finaldurchgang regulär abwickeln könnten, wäre es ein Traum. Ich bin da aber noch ein bisschen skeptisch, man muss immer mit allem rechnen. Da gibt es das schöne Sprichwort von Konfuzius: Egal, wie schwer dein Problem auch ist, sich am Ellbogen zu lecken, ist schwerer. Daher müssen wir jedes Problem aufnehmen und lösen. Das Hauptthema ist und bleibt der wirtschaftliche Aspekt, denn die Klubs leben von den Fans.

Wie groß ist denn der wirtschaftliche Schaden, den die Bundesliga durch die Pandemie bisher erlitten hat?

Man muss zunächst der Regierung dankbar sein, dass wir für die Zeit von März bis September durch die Kurzarbeit und die Fördermaßnahmen das Optimum geschafft haben. Jetzt kommen wir aber in die heiße Phase im Herbst. Wenn da wieder Einschränkungen passieren und aus meiner Sicht die wirtschaftlichen Probleme erst so richtig zutage treten, wird der wahre Schaden entstehen. Das geschieht ja nicht nur klassisch finanziell. Wie willst du denn einem Abonnenten erklären, dass er nicht ins Stadion darf, der andere aber schon? Da verlierst du dann die Leute auf lange Zeit. Und hier noch eine Zahl: Von den zwölf Klubs liegen zehn selbst bei grüner Ampel unter ihrem Zuschauerschnitt im Grunddurchgang im vergangenen Herbst.

Das betrifft die unmittelbaren Besucherzahlen. Hegen Sie die Befürchtung, dass irgendwann auch die TV-Einschaltziffern zurückgehen, weil die Menschen die stimmungslosen Spiele schlicht und einfach nicht mehr ertragen können?

Das Thema begleitet uns schon das ganze Jahr. Grundsätzlich muss man froh sein, dass überhaupt gespielt werden kann. Aber je normaler das Leben ist, desto normaler wird es sein, zu sagen, das tue ich mir nicht mehr an. Ich will das ganze Fußballgefühl erleben, sonst interessiert es mich nicht mehr.

Wo steht Ihrer Meinung nach die Bundesliga im Zusammenhang mit der Pandemie im internationalen Vergleich?

Was wir in Österreich geleistet haben, ist meiner Meinung nach europaweit gesehen, erste Sahne. Die Möglichkeiten, die wir derzeit bei grüner Ampel vorfinden, sind auch sehr gute, noch. Da sieht man, dass sich der Einsatz im Frühjahr gelohnt hat. Wir haben da eine Vorreiterrolle eingenommen, es sind viele Länder an uns herangetreten, um unsere Zuschauer- und Spielkonzepte zu bekommen und zu adaptieren.