Robert Almer ist aktuell Sportlicher Leiter sowie Torwarttrainer beim österreichischen Verein SV Mattersburg. Als aktiver Spieler stand er unter anderem für die Wiener Austria, Energie Cottbus und Fortuna Düsseldorf zwischen den Pfosten. Zudem stand er von 2011 bis 2016 insgesamt 32 Mal im Tor des österreichischen Nationalteams. Unsterblich machte er sich mit seiner Leistung im Gruppenspiel gegen Portugal bei der EM 2016. Der Wett-Plattform "bwin" gab der 34-jährige Steirer nun ein ausführliches Interview.

Man darf Ihnen zu Ihrer relativ frischen Position als Sportlicher Leiter beim SV Mattersburg gratulieren. Wie kam es zu dieser Ernennung vom Torwarttrainer zum Sportlichen Leiter?
ROBERT ALMER: Der Präsident hat mich damals gefragt und ich habe mir erstmal Bedenkzeit erbeten. Nachdem ich das Thema mit meiner Familie besprochen habe, war ich mir sicher, dass ich diese Riesenchance wahrnehmen will. Ich sehe im Verein großes Potenzial, will dieses mitentwickeln und bin deswegen sehr glücklich, dass ich dieses Angebot bekommen habe.

Sie sind momentan in Personalunion als Sportlicher Leiter und Torwarttrainer tätig. Wie lassen sich diese beiden fordernden Ämter miteinander vereinbaren?
ALMER: Ehrlich gesagt sehr schwer. Wenn man beide Ämter mit dem Qualitätsanspruch ausführen will, den ich an mich selbst stelle, tut man sich sehr schwer. Der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden. Da sollte man auch ein bisschen schlafen und natürlich möchte ich auch so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie verbringen.

Also werden Sie sich langfristig darum bemühen, den Posten des Tormanntrainers neu zu vergeben?
ALMER: Wir müssen uns dahingehend intern noch besprechen und schauen, dass wir eine optimale Lösung finden. Auf die eine oder andere Weise wird uns da sicher etwas Gutes einfallen.

Klaus Schmidt (Trainer des SV Mattersburg) hat kürzlich in einem Interview mit Sky sehr positive Worte für Sie gefunden: "Robert Almer ist ein riesen Mensch, ein riesen Typ und ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit beidseits, als Sportlicher Leiter und Tormanntrainer so weiterläuft. Dann werden wir sicher eine erfolgreiche Zeit miteinander haben." Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen beiden aktuell? Harmoniert die Arbeitsbeziehung so gut, wie es dieses Statement vermuten lässt?
ALMER: Das Verhältnis funktioniert wirklich sehr gut. Wir haben natürlich auch hin und wieder Meinungsverschiedenheiten, aber das gehört einfach zum Job dazu. Diese Differenzen werden dann ausdiskutiert und so kommt es am Ende hoffentlich zu einer passenden Lösung. Diese Diskussionen führen zwar dazu, dass wir uns beide momentan öfters sehen, als unsere Familien (lacht), aber das Ergebnis ist dafür meistens zufriedenstellend.

Am 20.10. steht für den SV Mattersburg gegen St. Pölten das nächste Bundesligamatch an. Glauben Sie, dass ein Sieg gegen das Überraschungsteam der Saison möglich ist?
ALMER: Möglich ist der Sieg immer. In den letzten Spielen haben wir immer wieder Phasen gehabt, in denen wir gezeigt haben, dass wir gegen jeden bestehen können. Natürlich gab es auch Phasen, in denen wir das nicht zeigen könnten – Relevant wird sein, dass wir kontinuierlich im Stil der guten Phasen weitermachen. Wer die Spiele gegen Rapid, Austria, Salzburg und Sturm gesehen hat, der weiß, dass der SV Mattersburg mit den großen Klubs durchaus mithalten kann, auch wenn das Ergebnis noch nicht immer gepasst hat.

Aktuell rangiert Ihr Verein auf dem 8. Tabellenplatz und würde, Stand heute, nicht in der oberen Playoff-Hälfte mitspielen. Wäre eine zweite Saisonhälfte in der unteren Tabellenhälfte mit weniger attraktiven Matches und weniger Zuschauern tragisch für den SV Mattersburg?
ALMER: Natürlich wollen wir es noch in die obere Tabellenhälfte schaffen, obwohl das, nach einem suboptimalen Start, natürlich hart wird. Für die Fans ist es klarerweise attraktiver, wenn man gegen die großen Vereine bestehen muss und dort seine Leistung abrufen kann. Nachdem es aber auch in der unteren Playoff-Gruppe die Aussicht auf einen internationalen Platz gibt, kann das durchaus auch spannend werden. Das System ist noch ganz neu, es fehlen Erfahrungswerte. Die Zeit wird also zeigen, was passiert und wie es für uns und unsere Fans sein wird.

Sehen Sie das neue System allgemein als Verbesserung an?
ALMER: Nachdem das System so neu ist, kann ich hier noch keine seriöse Bewertung abgeben. Aus Spielersicht war es im alten System aber sicher nicht attraktiv, viermal gegen die gleichen Teams zu spielen. Speziell die Möglichkeit, in der unteren Tabellenhälfte einen internationalen Startplatz zu ergattern ist attraktiv. Früher hatte man das als Verein in der unteren Tabellenhälfte ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr.

Glauben Sie, dass ein Abstiegsplatz in dieser Liga aus 12 Teams zu wenig sein könnte? Würden es zumindest zwei Plätze oder einRelegationssystem nicht spannender machen?
ALMER: Ich glaube, dass die Kapazitäten des kleinen Landes mit 12 Profivereinen in der höchsten Spielklasse nahezu ausgeschöpft sind. Würde es mehr Abstiegsplätze geben, würde es eine höhere Fluktuation geben, was dazu führt, dass mehrere Vereine auf dieses Level der Professionalität heranwachsen müssten. Das sehe ich momentan für Österreich einfach als utopisch an.

Letztes Jahr sind Fanstimmen laut geworden, die eine Alpenliga mit den besten Teams der Schweiz und Österreich gefordert haben, was halten Sie davon?
ALMER: Ich glaube unterhalten kann man sich ja über viele Gedankenspiele und der Gedanke ist grundsätzlich auch spannend. Im Moment sehe ich es aber einfach als unrealistisch an. Es würden schlicht zu viele Probleme auftreten – Aus welchem Land kommen die Schiedsrichter, welcher Verband leitet das Ganze, wie erhält man dafür die Genehmigung der UEFA, ist es wirtschaftlich überhaupt sinnvoll, etc., etc.

Der SV Mattersburg hat, wie viele andere kleine Vereine, immer wieder mit einem geringen Zuschauerschnitt zu kämpfen. Glauben Sie, dass hier Verbesserungsbedarf in Puncto Marketing oder den Ticketpreisen besteht?
ALMER: Ich bin zu kurz beim SV Mattersburg, um diese Frage beantworten zu können und bin auch nicht im Marketing tätig. Die große Frage, der man meiner Meinung nach allerdings nachgehen müsste, ist aber warum Fans, die vor einigen Jahren regelmäßig in das Stadion gekommen sind, das nicht mehr tun. Als ich noch beim SV Mattersburg gespielt habe, hatten wir sehr gute Zuschauerschnitte – Dieser Bewegung müsste man auf den Grund gehen.

Zuletzt noch einige Fragen zum ÖFB Team – Schätzen Sie einen Sieg der Nationalelf kommenden Freitag gegen Nordirland als möglich ein, nach der Niederlage gegen Bosnien und Herzegowina?
ALMER: Möglich ist es sicher, die Frage ist, ob das Team die Leistung der Testspiele zum richtigen Zeitpunkt wieder abrufen kann.

Teamchef Franco Foda hat den 35-jährigen Marc Janko für das anstehende Spiel nominiert, nachdem etliche Stammkräfte verletzungsbedingt ausfallen. Sie haben in Ihrer Zeit als Aktiver selbst mit Marc Janko gespielt, seither sind aber einige Jahre vergangen. Halten Sie es für sinnvoll, einen so alten Spieler nochmals zu nominieren? Sollte man nicht eher frischen Spielern eine Chance geben?
ALMER: Wenn der Teamchef Marc Janko einberuft, dann wird das einen guten Grund haben. Er kennt die Qualitäten von Marc Janko wie von allen anderen Stürmern. Die Einberufung eines 35-jährigen Stürmers sollte allerdings den jüngeren Spielern zu denken geben. Denn scheinbar ist dieser zum Zeitpunkt X die beste Wahl. Das sollte dazu führen, dass sich die jungen, hungrigen Spieler selbst an die Nase greifen und alles dafür tun, um beim nächsten Mal selbst die beste Wahl zu sein.

Wie beurteilen Sie die Ära Foda bisher?
ALMER: Das ist als Außenstehender schwer zu sagen – Man sieht zwar die Ergebnisse, wie im Hintergrund gearbeitet wird allerdings nicht. Fakt ist – Wenn die Ergebnisse stimmen, arbeitet man im Auge der Öffentlichkeit gut, wenn sie nicht stimmen, dann nicht. Zunächst waren die Ergebnisse ja sehr positiv, jetzt sind erstmals Probleme aufgetaucht. Spannend wird es, jetzt zu sehen, wie das Team damit umgeht und wie sie die Niederlage gegen Bosnien verarbeiten konnten.

Sie waren selbst ein sehr beliebtes Mitglied des ÖFB Teams im Auge der Öffentlichkeit. Wird man da manchmal reumütig? Sehen Sie sich in der Zukunft irgendwann als Tormann- oder gar Cheftrainer des österreichischen Nationalteams?
ALMER: Das ist jetzt ganz schwer zu sagen, die Dinge können sich rasch verändern. Vor vier Monaten sah noch alles ganz anders aus – Da wollte ich erstmal Urlaub machen und mein Studium beenden, jetzt bin ich Sportlicher Leiter des SV Mattersburg. Ich sage nicht, dass mich irgendwann in der Zukunft solch eine Position nicht reizen würde, aber momentan bin ich sehr zufrieden in meiner Position und will hier einfach gute Arbeite leisten.

Sie haben sich als Nationaltorhüter während der EM2016 mit Ihrer Leistung gegen Portugal, beziehungsweise Cristiano Ronaldo, ja selbst ein Denkmal gesetzt. Wie erinnern Sie sich an das Spiel zurück? Was bleibt vom damals großartigen Auftritt?
ALMER: Für mich bleibt primär der Gesamteindruck der Europameisterschaft bestehen. Es war einfach beeindruckend zu sehen, wie solch ein riesiges Turnier aufgebaut ist und im Ablauf funktioniert. Das Spiel an sich ist natürlich eine wahnsinnig schöne Erinnerung, aber was ich auch bei einer Pressekonferenz damals gesagt habe: Hätte Ronaldo den Elfmeter damals verwandelt, würde man heute nicht so über mich in Verbindung mit diesem Spiel reden. Da sieht man wieder mal, wie nah Erfolg und Scheitern im Fußball zusammenliegen. Ich klopfe mir also nicht auf die Schulter und sage, dass hast du super gemacht, Robert, sondern genieße die Erinnerungen an die Momente, die ich erleben durfte.