Für eine große Party am heutigen Tag seines 50. Geburtstags bleibt Andreas Herzog keine Zeit. Österreichs Fußball-Rekordteamspieler befindet sich in Belfast, wo er die israelische Nationalmannschaft auf das Testspiel am Dienstag gegen ÖFB-Nations-League-Gegner Nordirland vorbereitet.

Herzog wurde am 1. August zum Teamchef Israels bestellt und steht nach eigenen Angaben vor der größten Herausforderung seiner Trainerkarriere, schließlich soll er die aktuelle Nummer 93 der FIFA-Weltrangliste zur EM 2020 führen. "Ich möchte der Mannschaft so schnell wie möglich meine Philosophie einimpfen", sagt der Wiener: "Ich will ein spielstarkes, kreatives Team sehen."

Seine überraschende, von Israels Verbands-Sportdirektor Willi Ruttensteiner eingefädelte Verpflichtung sorgte in Herzogs neuer Wahlheimat auch für leise Misstöne. Erinnerungen an den Oktober 2001 wurden hervorgekramt, als Herzog in Tel Aviv mit seinem Freistoßtor (das Video finden Sie hier) in letzter Sekunde Israels WM-Play-off-Hoffnungen zunichtemachte. Zudem wurden alte Behauptungen aufgewärmt, Herzog habe sich im Vorfeld dieser Partie viele Palästinenser im Stadion gewünscht, um die ÖFB-Elf zu unterstützen - eine Aussage, die er nicht getätigt hatte.

Herzog hat mit diesen Geschichten aber ohnehin abgeschlossen. "Für mich ist das eine Ewigkeit her. Ich mache meine bestmögliche Arbeit und lasse mich durch nichts beeinflussen." Er gehe "mit viel Elan und positiv" an seine neue Aufgabe heran. Unterstützt wird er dabei neben Ruttensteiner auch von Klaus Lindenberger als Tormann-Trainer und Heinz Hochhauser als Scout.

"Ein absolutes Highlight"

Herzogs Trainerkarriere begann Ende 2005 als Assistenzcoach bei der österreichischen Nationalmannschaft. "Ich durfte gleich auf höchstem Niveau beginnen, war Co-Trainer bei der Heim-EM, das war sehr schön und reizvoll." Im März 2009 übernahm Herzog das ÖFB-U21-Team, ehe er 2011 dem Ruf Jürgen Klinsmanns folgte und US-Teamchef-Assistent wurde. "Ein absolutes Highlight", schwärmte Herzog über seine knapp fünfjährige Tätigkeit in Amerika, die auch die WM-2014-Teilnahme (out im Achtelfinale) umfasste.

Das langfristige Arbeiten als Chefcoach mit einer Mannschaft im Erwachsenenfußball fehlte Herzog aber bisher - was wohl auch ein Grund dafür war, dass er bei der ÖFB-Teamchefsuche dreimal Kandidat war und dann doch nicht genommen wurde. Beim Vorwurf der mangelnden Trainer-Routine schaltet der frühere Deutschland-Legionär mittlerweile auf Durchzug. "So etwas höre ich nicht mehr, ich muss mich auf mich selbst konzentrieren. Kritiker gibt es immer und bei jedem Trainer. Ich darf nicht so hochnäsig sein zu glauben, dass mich jeder schätzt. Ich muss arbeiten und überzeugen."

Alpen-Maradona

Keine Diskussionen gab es über Herzogs Qualitäten als Spieler. Als Teenager schaffte er bei der Vienna den Durchbruch, reifte dann bei Rapid zum Topspieler und feierte schließlich große Erfolge in Deutschland, wo er den Spitznamen "Alpen-Maradona" erhielt.

Mit Werder Bremen wurde er 1993 deutscher Meister sowie 1994 und 1999 DFB-Pokalsieger. Außerdem gewann Herzog 1996 mit dem FC Bayern den UEFA-Cup. "Ich hätte mir keine schönere Karriere wünschen können und hatte immer viel Glück mit den Trainern - Dokupil bei der Vienna, Krankl bei Rapid, Hickersberger im Team, Rehhagel bei Werder."

Ein Wermutstropfen bleibt in punkto Klubkarriere - die Zeit bei den Bayern verlief nicht nach Wunsch. "Aber nicht der Transfer nach München war ein Fehler, sondern mein Verhalten. Ich war am Anfang zu ruhig und zurückhaltend, hätte anders auftreten müssen", gestand Herzog.

Im Nationalteam war Herzogs Führungsrolle viele Jahre unbestritten, davon zeugen unter anderem 103 Länderspiele, 26 Tore und zwei WM-Teilnahmen. Sowohl 1990 als auch 1998 war jedoch nach der Gruppenphase Endstation. "Vor allem 1998 war eine bittere Erfahrung für mich. Ich hatte Verletzungen, war in einem Formtief und konnte meine Leistung nicht bringen."

Der Rekordnationalspieler

Trotzdem blickt der Wiener gern auf seine Teamkarriere zurück. "Ich bin sehr stolz darauf, Rekordnationalspieler zu sein. Ohne meinen Vater (Anm.: Anton, früher selbst Profi) hätte ich das nicht geschafft, weil ich zwei-, dreimal kurz davor war, aufzuhören, zum ersten Mal nach Färöer."

Das 0:1 im September 1990 in Landskrona war möglicherweise sein absoluter Nationalmannschafts-Tiefpunkt. Dafür avancierte Herzog einige Jahre später zum Helden, als er in der WM-Qualifikation die Tore zu den beiden 1:0-Siegen über Schweden erzielte und damit den Weg zur Endrunde ebnete.

In der ÖFB-Auswahl wie auch bei seinen Klubs agierte Herzog stets als "Zehner" im offensiven Zentrum praktisch ohne Defensivaufgaben. "In der Form gibt es diese Position gar nicht mehr", sagte Herzog und schmunzelte: "Ich möchte mich im Nachhinein bei allen meinen Mitspielern bedanken und entschuldigen, die hinter mir die Drecksarbeit gemacht haben und jetzt künstliche Gelenke haben."