Sie ist schon verblüffend, diese Selbstsicherheit des Karim Adeyemi. Da holt dieser Frechdachs im zweiten Champions-League-Spiel für Salzburg den vierten Elfmeter heraus, lässt sich von einer fünfminütigen Unterbrechung durch VAR-Diskussion und Einsprüche der gegnerischen Spieler nicht irritieren und schickt die Kugel ins Kreuzeck (35.). Und es stört den 19-Jährigen auch nicht, wenn ein Kollege einen Elfer erwirkt, es war der fünfte.

Lille-Stürmer Burak Yilmaz fischte einen Freistoßball von Max Wöber mit der Hand herunter, wieder netzte Adeyemi – ohne Diskussionen – ein (53.), diesmal in die Mitte des Tores. Sie haben ja auch geübt, nachdem die Spieler in Sevilla den Begriff des Strafstoßes zu wörtlich genommen und selbst gebüßt hatten. Diesmal deutete die Mannschaft von Matthias Jaissle die Entscheidungen des Referees korrekt, die Tore reichten für den 2:1-Sieg.

Für viele Mitglieder des Salzburger Fußball-Ensembles brachte der Auftritt Ungewohntes mit sich. Die letzte Begegnung in echter Champions-League-Atmosphäre lag schon beinahe zwei Jahre zurück. Immerhin war die gesamte Abwehr (Ulmer, Onguene, Wöber, Kristensen) mit einer solchen Kulisse (24.507 Zuschauer) vertraut, der Rest betrat gewissermaßen Neuland. Und es dauerte auch längere Zeit, ehe sich die heimische Mannschaft auf den Gegner, den OSC Lille, eingestellt hatte.

Salzburg übernahm die Tabellenführung

Die Franzosen erwiesen sich nämlich als lästige Burschen, störten den Aufbau der Salzburger schon im Ansatz und gingen selbst wiederholt zum Angriff über. Dieses Szenario gehört nicht zum Standard-Repertoire bei Darbietungen des Serienmeisters in der österreichischen Bundesliga. Und Torhüter Philipp Köhn ließ sich anmerken, dass er auf nationaler Ebene nicht so oft geprüft wird und von einem Freistoß von Yilmaz äußerst unangenehm überraschen.

Aber Salzburg schien Gefallen zu bekommen an dieser wesentlich intensiveren Form der Konfrontation. Und so änderte sich in der zweiten Hälfte auch der Charakter der Partie grundlegend, vor allem bedingt durch die Elfmetertore, grundlegend. Der eher verhaltenen, auch von Taktik geprägten Spielweise in den ersten 45 Minuten folgte nach der Pause ein offener Schlagabtausch. Auf die durch den Anschlusstreffer des französischen Meisters erzeugte Spannung hätten die Heimischen wohl gerne verzichtet (62.), allerdings beschleunigte dies auch das Spiel der Salzburger, die mit Vehemenz die Entscheidung suchten. Aber Lille wirkte beharrlich bedrohlich, und der dritte Treffer wollte partout nicht fallen, doch der knappe Vorsprung genügte. Mit dem Schlusspfiff explodierte die Arena und Salzburg setzte sich an die Spitze der Tabelle.