Nicht erschrecken, aber Sie werden im Oktober 36. Beruhigend könnte wirken, dass Cristiano Ronaldo diese Schwelle schon überschritten hat. Wie geht es Ihnen mit dem fortgeschrittenen Fußballalter?

Andreas Ulmer: Soweit gut, ich fühle mich jetzt nicht schlechter als in den letzten Jahren. Es fällt mir nicht schwerer als früher, sich auf Spiele  vorzubereiten.

Die Regenerationsphasen werden also nicht länger?

Nein, ganz und gar nicht. Wir spielen jetzt ja so im Schnitt alle drei Tage, da habe ich mich eigentlich immer gut gefühlt.

Sie gehören seit 2009 diesem Klub an. Das ist ungewöhnlich, vor allem bei einem Verein wie Salzburg, wo es ständig zu Wechseln kommt. In welcher Rolle sehen Sie sich in einem Team, das von Jahr zu Jahr jünger wird? Der Abstand zu den Mannschaftskollegen wird immer größer. Wie kommen Sie damit zurecht?

Ich glaube, dass ich sehr gut damit zurechtkomme. Es ist ja spannend, die Fortschritte in all den Jahren aus nächster Nähe miterlebt zu haben, wie sich die Philosophie im Laufe der Zeit verändert hat. Als ich gekommen bin, war das alles noch anders. Es hat sich sehr gut entwickelt. Wir spielen zum dritten Mal hintereinander in der Champions League, das ist für einen österreichischen Klub schon überragend. Und was die Teamkollegen betrifft, so macht es für mich persönlich keinen Unterschied, ob ich mit einem jungen oder einem älteren Spieler auf dem Platz stehe. Es geht um die Leistung, und das machen die jungen Burschen eigentlich richtig gut. Es ist sehr konstant im Moment. Wir sind richtig gut unterwegs.

Wird man als erfahrener Spieler von den Jungen mehr respektiert?

Respekt ist, glaube ich, auf beiden Seiten gegeben, auch aus meiner Sicht. Was die leiste, ist schon beachtlich. Das kam zu meiner Zeit eher selten vor, dass so junge Spieler so zahlreich in einer Mannschaft vertreten waren. Damals hat es sich eher um Einzelfälle gehandelt. So gesehen, kommt von meiner Seite her sehr viel an Respekt gegenüber diesen jungen Fußballern. Genauso wird es auch andersrum sein. 

Nicht nur die Mannschaft verändert sich jedes Jahr, Salzburg muss sich auch spätestens alle zwei Jahre nach einem neuen Trainer umsehen. Wie erleben Sie diese ständigen Wechsel? Was ändert sich, was bleibt gleich?

Ich glaube, dass die Idee von Fußball grundsätzlich immer gleich oder zumindest ähnlich ist. Jeder bringt natürlich seine spezielle Note mit und charakterlich ist jeder Mensch anders, das bringt dann natürlich  Unterschiede mit sich.

Sie haben in der Disziplin der Trainerwechsel schon Routine. Wie schwer bzw. wie leicht fällt es ihnen, sich auf einen neuen Mann einzustellen?

Ich glaube, dass es auch ganz gut ist so. Es werden neue Reize gesetzt, man läuft nicht Gefahr, in ein bestimmtes Fahrwasser zu geraten. Es kommt immer wieder ein frischer Wind, das sehe ich positiv, besonders für jene, die schon länger hier sind.

Heuer sieht es ganz so aus, als hättet ihr gar keine Übergangsphase nötig. Wie ist das zu erklären oder täuscht der Eindruck?

Ich denke, diese Saison ist schon wirklich speziell, weil es ja doch einige Veränderungen gegeben hat und wir überragend hineingekommen sind. So einen guten Start haben wir, glaube ich, noch nie erlebt. Vielleicht werden wir jetzt für etwas belohnt, was wir uns schon früher verdient hätten. Eine plausible Erklärung gibt es nicht. Es wird jetzt gut gearbeitet und es wurde auch in den vergangenen Jahren gut gearbeitet. Man muss nur die großartigen Wege der Spieler verfolgen, die einmal hier waren.

Was ist in dieser Saison in der Champions League für Salzburg möglich?

Es kann sehr viel herausschauen, aber es kann natürlich auch ganz anders laufen. Die Gruppe ist sehr ausgeglichen. Der Start war im Nachhinein gesehen, in Ordnung. Ein Punkt beim Gruppenfavoriten in Sevilla - das kann man so stehen lassen. Es hätte angesichts der Elfer zwar mehr werden können, aber wir haben jetzt zwei Heimspiele vor uns.

Wie stehen die Chancen gegen Lille?

Nun, es handelt sich um den französischen Meister. Du musst dich gegen eine solche Konkurrenz mit Paris St. Germain oder Marseille erst einmal durchsetzen.

Derzeit läuft es bei Lille aber nicht besonders. Wie sehr kann dieser Umstand ein Match beeinflussen, oder versucht man das völlig auszublenden?

Auf dem Platz darf alles, was rundherum passiert, keine Rolle spielen. Die Ergebnisse, die beide Mannschaften bis dahin erzielt haben, zählen da auch nicht, da geht es nur um die 90 Minuten.

Mit Salzburg läuft es hervorragend, aber Sie sind auch Nationalteamspieler und da gab es zuletzt in der WM-Qualifikation wieder einen Rückschlag. Worin sehen Sie die gravierendsten Unterschiede? Fehlt in der Nationalmannschaft eine klare Linie?

Wir haben bei der Euro gegen Italien ein sehr starkes Spiel abgeliefert, sicher unser bestes. In den anderen Partien haben wir die Ergebnisse gebracht, die für den Aufstieg nötig waren. Im Grunde genommen haben wir für das Nationalteam richtig gute Spieler zur Auswahl. Da brauchen wir auch ein bisschen Geduld. Und ich glaube auch, dass so manche Länderspielgegner von uns schwächer gemacht werden, als sie sind.

Wie lange werden Sie dem Fußball noch erhalten bleiben?

Da setze ich mir kein Limit. Es macht einfach Spaß. Alle drei Tage ein Spiel zu haben, ist für mich das Schönste.