Eigentlich sollte sich Österreich glücklich schätzen. Doch dem ist nicht so. In wohl keiner anderen Nation würde ein Spieler wie David Alaba derart wenig Wertschätzung erfahren wie hierzulande. Selbst neun deutsche Meistertitel mit dem FC Bayern, sechs Pokalsiege, fünf Superpokalsiege, zwei Champions-League-Triumphe, zwei FIFA-Klub-WM-Titel und 278 Bundesliga-Einsätze sorgen bei den härtesten Kritikern nicht für Besänftigung.

Am 9. März 2010 verhalf der damalige Bayern-Trainer Louis van Gaal dem erst 17-Jährigen zu seinem ersten Startelf-Einsatz in einem Pflichtspiel – im Champions-League-Achtelfinalrückspiel in Florenz gegen Fiorentina. Es sollte der Startschuss für einen Akteur sein, dessen Stammplatz fortan nicht mehr zur Diskussion stand. Bei jedem Trainer – van Gaal, Andries Jonker, Jupp Heynckes, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti, Willy Sagnol, Niko Kovac oder Hansi Flick – stand eines fest: Alaba ist gesetzt.

Seine Position veränderte sich mit der Zeit. Der gelernte zentrale Mittelfeldspieler wurde früh zum linken Außenverteidiger umfunktioniert. Das Zusammenspiel mit dem vor ihm positionierten Franck Ribery funktionierte derart blendend, dass man von der stärksten linken Flügelachse sprechen durfte. Aber sowohl in der Abwehrdreierkette unter Guardiola oder auch als Innenverteidiger und zentraler Mittelfeldspieler unter Flick zeigte Alaba mitunter groß auf.

Vor allem sein starkes Aufbauspiel macht den 28-Jährigen als Innenverteidiger zu einem Weltklasseakteur. Gelingt es den Kontrahenten allerdings, genügend Druck auf die Bayern aufzubauen, offenbart sich die größte Schwäche Alabas. Gegen den Ball gehört der Linksfuß keineswegs in die Riege der Allergrößten.

Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass der Sohn einer Philippinin und eines Nigerianers der erfolgreichste österreichische Fußballer aller Zeiten ist. Und die Erfolgsliste wird sich vielleicht schon heute fortsetzen. Denn obwohl die Bayern in Mainz überraschend mit 1:2 unterlagen, würde das Team von der Säbener Straße heute vorzeitig den neunten Titel in Folge feiern, sollte Leipzig eine Heimniederlage gegen Stuttgart einstecken müssen. Ein weiterer Meistertitel würde David Alaba zum Rekordmann machen. Gemeinsam mit Thomas Müller, der wie Alaba von van Gaal entdeckt und gefördert wurde, hätte er dann zehn Meistertitel in Deutschland gewonnen. Alaba wäre aber alleiniger Rekordlegionär. Sollte Leipzig alle vier ausstehenden Partien für sich entscheiden, reichen den Münchenern drei Punkte, um uneinholbar zu sein.

Für Alaba wird es zumindest vorerst der letzte Titel mit den Bayern sein. In der kommenden Saison streift der Familienvater das Trikot von Real Madrid oder des FC Barcelona über und will sich in Spanien beweisen. Dass Alaba nur dem Ruf des Geldes gefolgt ist, spiegelt in diesem Zusammenhang nicht die ganze Wahrheit wider. Real ist der erfolgreichste Klub der Welt und kann trotz kolportierter Schuldenberge auf einen prall gefüllten Geldspeicher zurückgreifen. Möglich macht das der horrende Marktwert des Kaders. Der Weg, sich einer neuen Herausforderung zu stellen und einer möglichen Erfolgssättigung in München frühzeitig vorzubeugen, beweist den Antrieb Alabas, sich stetig verbessern zu wollen.

Das tut auch dem ÖFB-Team gut, ist Alaba doch der einzige Weltklassespieler des Landes, auch wenn dies aus der Wertschätzung für ihn nicht abzuleiten ist.