In der vergangenen Saison war der FC Salzburg mit einem 6:2 gegen Genk auf furiose Weise in seine erste Champions-League-Saison gestartet, bei der zweiten Auflage benötigte das Team von Jesse Marsch fünf Anläufe, um das unentwegt präsente spielerische Potenzial auch in einen Sieg umzuwandeln. Nach dem hochverdienten 3:1-Erfolg bei Lok Moskau haben die Salzburger nun beste Chancen, auch im nächsten Jahr auf internationaler Ebene mitzuwirken.

Welche dies sein wird, ist noch offen, denn der eigentliche Nervenkitzel begann für Österreichs Meisterkicker erst lange nach Abpfiff der Partie in Moskau. Sie hofften auf die Schützenhilfe der Bayern, von deren Startelf im Match gegen Atletico Madrid im Vergleich mit dem Spiel gegen Salzburg allerdings nur David Alaba übrig geblieben war.

Die Spanier führten bis zur 86. Minute, dann kam der eingewechselte Thomas Müller zu Fall und der Gefoulte verwertete den Strafstoß zur Freude der Elf von Jesse Marsch zum 1:1. Das bedeutet für Salzburg ein Endspiel am kommenden Mittwoch in der Red-Bull-Arena gegen die Madrilenen. Ein Sieg wäre gleichbedeutend mit dem Einzug ins Achtelfinale der Champions League.

7000 Fans ließen in der 27.800 Zuschauer fassenden Moskauer Arena Erinnerungen an verflossene Zeiten stimmungsgeladener Fußballspiele wach werden. Davon beflügelt wurden in erster Linie die „Bullen“, die vom Ankick weg Spiel und Gegner unter Kontrolle hatten. In der 28. Minute brach Mergim Berisha den Bann, als er aus kurzer Distanz einschoss. Es folgten zwei bange Minuten der VAR-Auswertung, die hauchdünn zugunsten der Salzburger ausfiel. Eine Eckballserie von Lok überstanden die Gäste mit einigen Zittermomenten, ehe durch das zweite, wunderschön herausgespielte Tor, die Beruhigung gelang. Berisha nahm den von Sekou Koita weitergeleiteten Ball an und erzielte sein viertes Champions-League-Tor.

Der Spielstand schärfte das Bewusstsein für Risikominimierung bei den Salzburgern. Sie waren nach der Pause geflissentlich darauf vorbereitet worden, dass Lok nun Dampf machen oder dies zumindest versuchen würde. Also erweiterte der österreichische Meister seinen Gestaltungsspielraum auf verstärkte Defensivarbeit, was eher nicht dem Naturell der Salzburger entspricht, aber dem Zweck zunächst dienlich schien. Wirklich gefährlich wurden die Russen kaum, aber in der 78. Minute leistete sich Andre Ramalho eine folgenschwere Unüberlegtheit. Der Verteidiger stieß Ze Luis völlig unmotiviert im Strafraum nieder und brachte mit dem – sicher verwandelten – Elfer Salzburg ein bisschen in die Bredouille. Aber nur kurze Zeit später sorgte der eingewechselte 18-jährige Karim Adeyemi mit einem unglaublich abgeklärt finalisierten Konter-Sturmlauf für das befreiende und auch entscheidende 3:1.

Der Liveticker zum Nachlesen.

Die Stimmen zum Spiel

Jesse Marsch: "Wir mussten sehr aggressiv mit Pressing und Ballgewinnen sein und bei den Standards gut aufpassen. Das haben wir gut geschafft. Es war sicher eine unserer besten Leistungen in den zwei Jahren in der Champions League und ein sehr wichtiger Sieg für uns."

Zu Karim Adeyemi: "Er ist ein Top-, Top-Talent. Er ist sehr jung. Wir glauben, dass er eine große Zukunft hat."

Mergim Berisha (via "Sky"): "Ich denke, wir sind sehr gut in die Zweikämpfe gekommen, haben unser Spiel gespielt und waren sehr mutig. Jeder ist für den anderen gelaufen."

Andre Ramalho (via "Sky"): "Man hat von der ersten Minute an gespürt, dass wir für dieses Finalspiel bereit waren. Wir waren in allen Situationen bereit, waren nach hinten und vorne sehr konsequent. Wir haben das wahnsinnig gut gemacht, der Sieg war hochverdient."

Marko Nikolic (Lok-Trainer): "Wir haben versucht, die Mannschaft neu zusammenzusetzen. Wir haben uns bemüht, nach Salzburgs Führung weiterzuspielen und auch gewechselt. Es hat nichts geholfen. Der Gegner war auch recht gut. Es war ein hartes Spiel. In der zweiten Hälfte haben wir mit mehr Risiko gespielt, das hat aber auch keinen Erfolg gebracht."