Wie schwer ist es, einem so erfolgreichen Trainer wie Marco Rose in Salzburg nachzufolgen?
JESSE MARSCH: Ich denke, das ist normal. Wir haben in den vergangenen Wochen viel diskutiert, zum Beispiel über all die verlorenen Spieler. Wir wissen alle, dass dieser Verein in den vergangenen Jahren sehr großen Erfolg hatte, vor allem zuletzt mit Marco. Es ist nie einfach für den nächsten Trainer, aber es ist unsere Arbeit, Tag für Tag. Die ersten drei Wochen sind sehr, sehr gut für uns verlaufen. Jeden Tag läuft es ein bisschen besser. Das Team ist sehr konzentriert, die Spieler wissen, worauf der Fokus zu legen ist.

Wird die Red-Bull-Philosophie auch unter Ihnen fortgesetzt? Sie hat ja schon Tradition.
JESSE MARSCH:Der erste Teil ist der Fußball, der zweite ist die Geschichte des Vereins. Aus der Fußball-Perspektive heraus passt meine Idee vom Fußball gut zu dieser Mannschaft, zu diesen Spielern, für den nächsten Schritt. Zur Geschichte: Salzburg hatte viele ausländische Trainer, Trainer mit Erfahrung. Mit meiner Vergangenheit in New York und in Leipzig ist es sehr interessant.

Können Sie Ihre Idee vom Fußball skizzieren?
JESSE MARSCH:In den vergangenen drei Wochen habe ich gelernt, dass sich meine Idee von jener Marcos ein bisschen unterscheidet. Das war eine interessante Erfahrung in dieser ersten Phase. Wir haben uns viel mit der Frage beschäftigt, was das Beste für uns sei. Unsere Philosophie ist, dass jeder seine Freiheiten hat. Es ist wieder ein bisschen anders als in New York oder Leipzig.

Anders in welcher Hinsicht?
JESSE MARSCH:Es ist erstens die Liga, zweitens sind es die Spielertypen. Marco Rose hat den Fokus auf den Ballbesitz gelegt, ich lege meinen Fokus auf das Spiel gegen den Ball. Ich gehe davon aus, dass die Mannschaft mit dem Ball ohnehin stark sein wird.

Es hat neuerlich ein großer Umbruch in der Mannschaft stattgefunden, diesmal ist er noch ein bisschen heftiger ausgefallen als sonst. Viele arrivierte Spieler haben den Verein verlassen. Wie gehen Sie damit um? Ist es ein Problem?
JESSE MARSCH: Das ist kein Problem, so ist die Situation. Meine Aufgabe ist es, aus dieser Gruppe eine gute Mannschaft zu formen. Ich freue mich ebenso mit den jungen Toptalenten zu arbeiten wie mit den erfahrenen Spielern. Ich habe sehr viele Helfer in dieser Mannschaft. Und die Älteren müssen wie der Trainer die Jungen unterstützen.

Mit welchen Erwartungen gehen Sie in diese Saison, vor allem im Hinblick auf die erste Teilnahme an der Gruppenphase der Champions League?
JESSE MARSCH: Unser Fokus liegt nicht nur auf der Champions League. Die Bundesliga ist auch sehr, sehr wichtig. Es wird eine schwierige Saison mit einer neuen Mannschaft. Wir müssen jeden Tag denken: Was ist gerade das Beste in einem bestimmten Moment? Wir haben vor der Champions League fünf Spiele. Wir müssen uns da in jedem Spiel weiterentwickeln. Die englischen Wochen werden sehr, sehr schnell kommen, da müssen wir schon weit sein mit unseren Fortschritten.
Werden Sie sich im Angriff auf eine bestimmte Formation festlegen oder lassen Sie das offen? Der wichtigste Aspekt für den Angriff ist die Stabilität in der Defensive. Wir haben da schon sehr viel mit Videos gearbeitet. Diese Stabilität hilft vor allem unseren jungen Spielern in der Offensive.Welche Teams werden aus Ihrer Sicht die stärksten Herausforderer im Kampf um den Meistertitel sein?

Ich denke, dass beide Wiener Mannschaften stark sein werden, sie haben gute Trainer. Auch mit Sturm wird zu rechnen sein, es ist ein Topteam. JESSE MARSCH:Der LASK, der in der vergangenen Saison schon stark war, gehört auch zu den Mitfavoriten. Ich glaube, dass es in der Liga diesmal enger zugehen wird als in den vergangenen paar Jahren. Für den neuen Trainer gibt es jedenfalls viel zu tun.

Welche Gegner wünschen Sie sich für die Champions League und welche Teams wollen Sie gar nicht in der Gruppe haben?
JESSE MARSCH: Es ist besser für uns, wenn es ein bisschen leichtere Gegner sind. Wir müssen aber sowieso auf alles gefasst sein. Interessant wird es auf alle Fälle. Allerdings glaube ich, dass eine junge Mannschaft nicht so viel Angst hat. Ich hoffe, das ist ein Vorteil. Sie können frei spielen. Dass sie alles geben, ist selbstverständlich.