Zur Geisterstunde herrschte auf einmal gespenstische Ruhe. Der Grund dafür ist einleuchtend, denn für den europäischen Fußballmarkt hieß es: "Sperrstund´is". In den Stunden, Tagen und Wochen vor dem Gong hatte noch reges Treiben geherrscht, wie auf einem orientalischen Basar, und in der Schlussphase bis zum finalen Pfiff um Mitternacht war die Hektik kaum noch zu ertragen. Nach dem Ende der Transferzeit bleibt festzuhalten, dass der Spielerhandel im zweiten Corona-Jahr einen Boom erlebte, der vor allem durch die Prominenz der Beteiligten gewaltiges Aufsehen erregte.

Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Kylian Mbappe, über dessen geplanten Wechsel von Paris St. Germain zu Real Madrid bis knapp vor Mitternacht noch immer die Unsicherheit schwebte, bilden ein Spitzentrio der größtmöglichen Art in dieser scheinbar völlig überzogenen Transferperiode. Die Namen jedoch verschieben die Relationen, denn die Gesamtsumme der Erlöse aus Spielerverkäufen fällt sogar geringer aus als 2019, im letzten Jahr vor der Pandemie. Weil aber die Besten der Topstars betroffen sind, steht die Fußballwelt im Bann dieser Veränderungen, getragen vom gesamten emotionalen Spielraum zwischen Staunen und Verzückung.

Abgänge, aus der Not geboren

Der Wahnsinn hat jedoch seit vielen Jahren Methode, und der zeitliche Zusammenfall einer Fülle außergewöhnlicher Transfers lässt sich im Großen und Ganzen auf zwei Faktoren zurückführen, nämlich die Lust auf Veränderung und, so paradox es klingt, die wirtschaftliche Not so mancher Klubs. "Viele Vereine können sich so teure Spieler nicht mehr leisten, sie sind zu hoch verschuldet", sagt Pini Zahavi, ein seit Jahrzehnten im internationalen Business aktiver Spielermanager. Der Israeli fädelte zuletzt etwa den Deal mit David Alaba ein. Der Transfer des Österreichs vom FC Bayern zu Real Madrid gehört zu den spektakulärsten Coups der nun abgelaufenen Wechselzeit. 

Während einige Klubs wie Manchester City oder Paris St. Germain über praktisch unbeschränkte Geldmittel verfügen, werden andere aufgrund von finanziellen Engpässen auf halbe Ration gesetzt, allen voran der FC Barcelona. Messi musste ablösefrei gehen, weil die Katalanen die finanziellen Vorgaben des Verbandes nicht mehr erfüllen konnten. "Er wurde davon abgehalten, wieder zu unterschreiben", sagt Zahavi, ein enger Freund von Barcelona-Präsident Joan Laporta. Schon vor einem Jahr schien der Argentinier weg zu sein, es war ein richtig langer Abgang mit ergiebigem Futter für die Medien.

Rein zufällig hatte nun auch Cristiano Ronaldo keine Lust mehr auf die italienische Liga, der 36-Jährige wollte den fußballerischen Lebensabend nicht bei der "Alten Dame" Juventus zubringen. Die Rückkehr zu Manchester United wurde ob der sentimental unterlegten Umstände zu einer Paradestory für Fußballromantiker.

Exorbitante Gagen

Dennoch ist nicht zu verhehlen, dass sich die Topklubs aus den fünf stärksten Ligen Europas (England, Spanien, Deutschland, Italien und - mit Abstrichen - Frankreich) die absoluten Spitzenleute untereinander aufteilen. Das liegt auch an den exorbitanten Gehältern, die nur in diesem elitären Kreis gezahlt werden können. Messis Gage soll sich auf 35 Millionen Euro jährlich belaufen, Ronaldo wird mit knapp 30 Millionen auch im fortgeschrittenen Fußballeralter noch fürstlich entlohnt. Dafür fiel die Ablöse im Fall des Portugiesen mit 15 Millionen vergleichsweise äußerst bescheiden aus. Der Juve-Vertrag wäre aber 2022 ausgelaufen.

So ging beinahe unter, dass - vorbehaltlich Mbappe - der teuerste Transfer den Engländer Jack Grealish betraf. Manchester City, wie PSG im Eigentum arabischer Scheichtümer, riss sich die Entdeckung der Europameisterschaft unter den Nagel. Dass diese schon unter Beobachtung gestandenen milliardenschweren Klubs nicht mehr in Konflikt mit der von der FIFA vorgeschriebenen Financial-Fair-Play-Regelung geraten, liegt am Geschick der Finanzberater. Zudem konnte PSG durch Verkäufe von Spielern mit hohen Gagen Kosten einsparen. Und weil Neymar, mit 222 Millionen Euro Ablöse der nach wie vor teuerste Fußballer, bis 2025 verlängerte, belastet der Brasilianer die Klubbilanz jährlich "nur" noch mit 11 statt bisher 44 Millionen Euro.

Spielervermittler reiben sich die Hände

Eine im Hintergrund agierende Berufsgruppe war in diesen Tagen ebenfalls ausgesprochen geschäftig unterwegs, nämlich jene der Spielervermittler. Sie stehen nicht im Rampenlicht, aber auch in der Schattenwelt lässt es sich vorzüglich leben. Gemäß dem FIFA-Reglement wird für die Bezahlung der Berater das Bruttogehalt des Kickers für die gesamte Vertragsdauer herangezogen. Als Richtwert sind drei Prozent angegeben, doch daran halten sich die wenigsten. Schließlich ist die Bestimmung nur eine Empfehlung ("...sollte maximal 3 % betragen"). Tatsächlich belaufen sich die Provisionen auf durchschnittlich zehn Prozent.

Aber in dieser Saison profitiert auch die Alpenrepublik vom Betrieb auf dem Markt, nicht nur dank Alaba. Im Fall des vorerst noch verliehenen 18-jährigen Yusuf Demir wird der FC Barcelona dem Vernehmen nach die Kaufoption in Bälde ziehen. Und der Transfer von Marcel Sabitzer zum FC Bayern rundet das Bild ab. Österreich ist mittendrin statt nur dabei.