An sich hört es sich ja gar nicht schlecht an: Der Fußball-Weltverband FIFA hat die Prämien für die heute beginnende Frauen–Fußball-WM in Frankreich verdoppelt. In Zahlen heißt das: 30 Millionen Euro für 24 Teilnehmerländer, zusätzlich gab es 20 weitere Millionen für die Vorbereitung. „Das wird der Frauen-WM einen Boost geben“, versprach FIFA-Präsident Gianni Infantino, der aber bei seiner Wiederwahl auch eingestand: „Wir haben Fehler gemacht bei der Vermarktung. Wir müssen den Frauen-Fußball entwickeln, in ihn investieren und ihn separat vermarkten.“ Wie wahr, denn wer zwei Mal hinsieht, stellt fest: Im Vergleich zur Männerwelt sind die Prämien weiter bescheiden.

Bei der Männer-WM 2018 erhielt Sieger Frankreich 38 Millionen Euro und damit mehr als alle 24 WM-Teilnehmer-Nationen der Frauen zusammen. Die Proteste nahmen daher nicht ab, im Gegenteil: „Der Fußball hat als weltgrößter Sport eine grundlegende Rolle in der Gesellschaft, um zu zeigen, dass Frauen und Männer gleich bewertet werden“, hieß es in einer Reaktion der weltweiten Profifußball-Vereinigung FIFPro.

USA-Damen klagten den eigenen Verband

Die amtierenden Weltmeisterinnen aus den USA machten kürzlich auf den geschlechterspezifischen Lohnunterschied aufmerksam und klagten den eigenen Verband wegen Diskriminierung. Auch die WM-Teilnehmerinnen aus Australien wehren sich und rechneten vor: Gewännen sie die WM, gäbe es weniger Geld als für ihre Landsmänner bei der Herren-WM im Vorjahr – trotz Aus in der Gruppenphase. Die Diskussion, ob Frauen-Fußball genügend Geld und Aufmerksamkeit erhält, ist ein Teufelskreis: Die einen meinen, der Sport erzeuge zu wenig Interesse, um gezeigt zu werden. Die anderen sagen, er könne kein Interesse erzeugen, wenn er nicht gezeigt wird.

Doch es gibt auch rosige Zahlen. Sie belegen, dass der Frauen-Fußball weiter so etwas wie einen Boom erlebt – zumindest mancherorts: Das spanische Liga-Duell zwischen Atletico Madrid und Barcelona im Madrider Wanda Metropolitano ging kürzlich mit 60.739 Zusehern als bestbesuchtes Frauen-Spiel in die Geschichte ein. Als Barcelonas Frauen vor Kurzem im Finale der Champions League in Budapest auf Lyon trafen (und verloren), verschob der spanische Fußballverband die Spiele der Primera División der Männer um ein paar Stunden, damit diese nicht von den Frauen ablenken. Im WM-Gastgeberland Frankreich, Heimat des Champions-League-Seriensiegers Lyon, und in Norwegen erfreut sich der Frauen-Fußball großer Beliebtheit – nicht nur auf Klub-, sondern vor allem auf Nationalteam-Ebene.

Die WM der Frauen interessiert

Schon die jüngste WM im Jahr 2015 bescherte einigen TV-Stationen Traum-Einschaltquoten. Was ein Hype um ein Nationalteam auslösen kann, erlebte man auch hierzulande 2017: 1,2 Millionen ÖsterreicherInnen verfolgten den Einzug ins EM-Halbfinale des später drittplatzierten ÖFB-Teams. Zudem locken die Frauen die Fans auch ins Stadion: Rund 80 Prozent der WM-Tickets in Frankreich sind verkauft – eine gute Quote.

Sportlich gesehen hat sich der Frauen-Fußball in die Breite entwickelt, es gibt mehr Favoritinnen auf den WM-Titel als je zuvor: Deutschland, England, Frankreich, die Niederlande, Brasilien oder die dreifachen Weltmeisterinnen aus den USA sind ebenso im Rennen wie skandinavische Teams oder Japan. Ein Beleg dafür, dass sich die Frauen ihren Platz erkämpfen. Oder um es mit den Worten der deutschen Spielerin Svenja Huth zu formulieren: „Es gibt acht, neun Nationen, die Weltmeister werden können. Das ist toll für den Frauen-Fußball!“