Es gäbe viel zu erzählen von der englischen Hafenstadt Southampton. Etwa, dass die Titanic am 10. April 1912 hier ausgelaufen ist, mit New York als Ziel. Geendet hat die Fahrt bekanntermaßen vier Tage später im Nordatlantik nach der Kollision mit einem Eisberg und der berühmtesten Schifffahrtskatastrophe der Geschichte. Oder, dass die Höchsttemperatur im Sommer hier normalerweise nie die 23-Grad-Marke überschreitet.

Heute ist dies nicht relevant. Erstens sind 30 Grad prognostiziert und zweitens zählen an diesem Hochsommer-Tag nur die ersten drei Punkte für Österreichs Frauen-Fußballnationalteam bei der diesjährigen Europameisterschaft. Um 18 Uhr (ORF 1) trifft die ÖFB-Auswahl im St. Mary’s Stadion auf Nordirland, dem – zumindest auf dem Papier – schwächsten Gegner in der Gruppe. „Wir wissen, dass wir jetzt Ergebnisse liefern müssen“, sagt Sarah Zadrazil. Im Vergleich zum Eröffnungsspiel im Old Trafford, wo knapp 70.000 Fans dabei waren, werden heute rund 8000 Zuschauerinnen und Zuschauer erwartet. Der Großteil von ihnen kommt aus Nordirland.

Schon die nur 2500 nordirischen Fans beim WM-Qualifikationsspiel am 26. Oktober 2021 in Belfast machten ordentlich Lärm. „Die Hauptsache ist, dass es eine gute Stimmung gibt. Egal ob für oder gegen uns“, sagt Zadrazil. Damals mühte sich die Truppe von Teamchefin Irene Fuhrmann zu einem Last-Minute-Unentschieden, Stefanie Enzinger traf in der Nachspielzeit zum 2:2. Das Tor zum zwischenzeitlichen 1:0 erzielte Frankfurt-Legionärin Barbara Dunst. Beim 3:1-Heimsieg über die Nordirinnen traf die Steirerin erneut. „Mir ist aber wirklich ganz egal, wer trifft. Hauptsache, wir schießen Tore. Ich will unbedingt diese drei Punkte mitnehmen“, sagt die Offensivspielerin.

Ralph Hasenhüttl ist im Stadion dabei

Bis auf die positiv auf das Coronavirus getestete Laura Wienroither kann Fuhrmann auf alle Spielerinnen zurückgreifen. „Wir werden wieder ans Limit gehen müssen, sonst wird es nicht reichen“, sagt Fuhrmann. Die Favoritenrolle liegt bei den Österreicherinnen. Das verschärft die Drucksituation trotzdem nicht. „Wir können mit breiter Brust auftreten“, sagt Dunst. „Das Selbstvertrauen, das wir trotz der Niederlage gegen England gesammelt haben, gilt es umzumünzen. Das muss ab der ersten Minute zu spüren sein.“

Übrigens: Auch Ralph Hasenhüttl hat sich als Stadiongast angekündigt. Der Steirer ist seit 2018 Trainer des FC Southampton. Schon übermorgen geht es für ihn nach Österreich, er absolviert das Trainingslager mit dem Premier-League-Klub in Kärnten. Die Heimstätte des 54-Jährigen bezeichnet Fuhrmann „als Schmuckkästchen. Es ist für uns alle wie schon im Old Trafford ein Traum, hier auflaufen zu dürfen.“

Das Kreischen der Möwen, das vom nur einen Steinwurf vom Stadion entfernten Hafen zu hören ist, untermalt die idyllische Atmosphäre im St. Mary’s Stadion. Aber auch das ist heute nur eine Randnotiz, viel wichtiger wäre es, den Jubelschrei der Österreicherinnen zu hören, wenn die Partie gegen 20 Uhr abgepfiffen wird.