Er trabte, nur ist das sein gewohnter Rhythmus zum Start eines Abschlusstrainings. Aber er hielt sein Haupt gesenkt, er konnte dem Urteil nicht mehr die Stirn bieten.Marko Arnautovic gab sich tief betrübt ob des Urteilsspruchs der UEFA. Denn es ist kein gewöhnliches Fußballmatch, das Österreichs Vorzeigefußballer nach spielerischer Art verpasst, es ist der Schlager der Gruppenphase bei der Europameisterschaft gegen die Niederlande. Arnautovic wurde bestraft, weil er verbalen Unrat hinausgeschleudert hatte, nach seinem Tor beim 3:1 gegen Nordmazedonien.

Der Verband des Gegners hatte den UEFA-Instanzenweg in Gang gesetzt, ab diesem Zeitpunkt war klar, es würde passieren, was nach dem Lauf der Dinge nicht mehr zu verhindern war. Denn gesagt ist gesagt. Arnautovic hätte es gewiss gerne rückgängig gemacht, aber es war zu spät. Auch die rasche Entschuldigung gegenüber dem beschimpften Ezgjan Alioski konnte daran nichts mehr ändern. Dieser habe ihn, so hieß es seitens der Österreicher, sehr lange provoziert.

"Er hat sich im Vorfeld sehr viel anhören müssen vom Gegenspieler", versuchte David Alaba eine Art Verteidigungsrede. "Den Fehler sieht er ein. Sehr schade für uns, aber ich muss ihn auch ein bisschen in Schutz nehmen. Die anderen Worte waren tiefer als das, was er gesagt hat", meinte der Kapitän des Donnerstag-Hits in der Amsterdamer Johan-Cruijff-Arena.

"Hiobsboschaft für uns alle"

Franco Foda hatte Arnautovic ursprünglich eingeplant für das Match gegen die Oranjes. "Es war eine Überlegung, dass er von Beginn an spielen sollte", erklärte der Teamchef am Mittwochabend. Daher hatte Foda die schlechte Nachricht von der Sperre auch als "Hiobsbotschaft für uns alle" bezeichnet. Unvorbereitet traf den Nationaltrainer die Entscheidung nicht. Die Möglichkeit einer Suspendierung stand seit Dienstag im Raum, auch innerhalb des Trainerstabs.

"Wir haben uns natürlich mit dem Gedanken beschäftigt, dass er gesperrt werden könnte", gab Foda zu Protokoll. Alles andere wäre grob fahrlässig gewesen. "Sportlich trifft es uns sehr hart", gab der Deutsche unumwunden die Schwächung zu. Seine persönlichen Gedanken zum Urteil, ob es denn gerecht sei oder nicht, wollte Foda nicht preisgeben. "Es macht jetzt keinen Sinn, über dieses Urteil lange zu diskutieren. "Jetzt ist wichtig, dass wir den Fokus auf das Spiel legen." Ende der Durchsage.

Arnautovic wurde wegen Beleidigung sanktioniert, das ist eine sanfte Umschreibung der Eskalation der Worte. Ein Verfahren nach dem Rassismus-Paragrafen hätte in ein drakonisches Urteil gemündet. Eine Sperre für zehn Partien wäre möglich gewesen, auf jeden Fall hätte der 32-Jährige, der so viel Schwung in das österreichische Spiel eingebracht hatte, keine Euro-Minute mehr aktiv bestritten.

Auf Berufung wurde verzichtet

Die Causa hatte den gesamten Ablaufplan des österreichischen Aufgebots völlig über den Haufen geworfen. Es fiel naturgemäß schwer, die eigentliche Aufgabe im Auge zu behalten. "Es war natürlich ein Thema innerhalb der Mannschaft", aber wir sind zusammengerückt und haben gesagt, dass wir uns nicht ablenken lassen sollen", meinte Alaba und startete einen Versuch der emotionalen Aufhellung. "Marko hat dabei eine starke Rolle gespielt. Das zeigt  den Charakter, den wir innerhalb der Mannschaft haben, das war wirklich sehr positiv", berichtete der Neo-Real-Legionär aus der Stimmungsabteilung.

Auf eine Berufung verzichtete der ÖFB, aus naheliegenden Gründen. "Für uns ist die Sache abgeschlossen", erklärte Präsident Leo Windtner. "Wir wollen uns auf das Sportliche konzentrieren und alle Nebenschauplätze vermeiden." Die Sperre für ein Spiel ist die Mindeststrafe, auf einen Freispruch war nicht zu hoffen. "Der Ausgang einer solchen Berufung ist ungewiss und bewegt außerdem nur die Gemüter", stellte Windtner klar.

Eines ist gewiss. Sollte nicht wieder Unvorhergesehenes dazwischenkommen, wird Arnautovic, der sich via Facebook noch einmal ausgiebig entschuldigte, am Montag im letzten Gruppenspiel gegen die Ukraine wieder mit dabei sein, und dann ganz sicher von Beginn an. Im Verlauf des Abschlusstrainings konnte er dann auch schon wieder fröhlicher sein.