Sie dürfen sich nicht wiederholen, die Fehler von damals. 2016 hatten Österreichs so bravourös nach Frankreich eingezogene Qualifikationseuropameister die erste Endrundenpartie gegen Ungarn schon gewonnen, noch ehe die Partie angepfiffen worden war. Es kam anders, wie der schwer geprüfte heimische Fußballfan aus bitterer Erfahrung gelernt hat.

Nun steht die Nationalmannschaft neuerlich vor einem Auftaktmatch, das in die allseits beliebte Rubrik "Pflichtsieg" hineinkategorisiert wird. Nordmazedonien darf nicht wie das magyarische Desaster vor fünf Jahren zum Anfang vom Ende des Euro-Traums werden. Der kluge Spieler baut vor. "Es kann ein Riesenvorteil sein, wenn man schon einmal dabei war", versucht Julian Baumgartlinger den Spieß jetzt umzudrehen. "Wir wissen um die Wichtigkeit des ersten Spiels."

Der Kapitän ist sich im Klaren darüber, dass eine Neuauflage des damals Unvorhersehbaren, ja eigentlich Unmöglichen, nicht passieren darf. "Man weiß, was auf einen zukommt und was man vermeiden sollte", sagt Baumgartlinger, dessen Platz in der Startaufstellung nach der überstandenen Langzeitverletzung bis zum Schluss wackelt.

"Wir können Geschichte schreiben"

Die österreichische Mannschaft ist auf einen historischen Moment eingeschworen worden. "Wir können Geschichte schreiben und das wollen wir auch", meinte Franco Foda am Tag vor dem Auftakt. Noch nie hat das ÖFB-Team ein Europameisterschaftsspiel gewonnen, nun gelte es, diese gewaltige Lücke zu schließen. Der erhoffte und allgemein auch erwartete Premierensieg wäre ein erster großer Schritt auf dem Weg ins Achtelfinale.

Dass dabei das Eröffnungsmatch zwischen Italien und der Türkei als Vorlage dienen kann, ließ Foda durchaus erkennen. Das Trainerteam hatte geschlossen den starken Auftritt der Italiener verfolgt. "Wir haben gesehen, dass man gegen Teams, die defensiv auftreten, Geduld haben muss", spielte Foda auf das den Bann brechende Eigentor in der zweiten Hälfte an. Dieser Faden darf also ebenso wenig reißen wie der spielerische. "Wir brauchen eine schnelle und dynamische Ballzirkulation", beschreibt der Nationaltrainer, wie er sich den fußballerischen Ablauf so vorstellt.

Es gibt mehrere Unbekannte in der Rechnung der Österreicher. Zu einem nicht zu unterschätzenden Faktor könnte die völlig unterschiedlich geartete Vorbereitung der beiden Teams werden. Die Nordmazedonier halten sich schon seit Dienstag in Bukarest auf, wo die von heftigen Schauern durchsetzte Wärme seit Tagen grassiert. Die Österreicher wurden da gleich voll erwischt. Foda macht sich in dieser Hinsicht keine Sorgen, er spielte den Aspekt etwas herunter. "Die Bedingungen sind für beide gleich. Ich gehe davon aus, dass die klimatischen Verhältnisse keine Rolle spielen werden."

Mit Kalajdzic und Arnautovic?

Auch auf personeller Ebene liegen abgesehen von Baumgartlinger noch Unklarheiten in der schwülen Luft. Foda deutete indirekt an, dass Marko Arnautovic Zum Auftakt eher in der Joker-Rolle zum Einsatz kommen werde. Vielleicht blufft der Teamchef aber, denn im Training wurde auch das Zusammenspiel zwischen Sasa Kalajdzic und Arnautovic einem Test unterzogen.

Seine ganz persönlichen Empfindungen wollte der Teamchef am Tag vor dem Match nicht nach außen tragen. Schließlich gibt Franco Foda am Sonntag sein Endrundendebüt als Fußballtrainer. Diesen Umstand wollte der 55-Jährige nicht überbewertet wissen. "Die Anspannung wächst stetig, aber ich habe ein gutes Gefühl, es waren alle im Training sehr fokussiert", meinte der seit 2017 amtierende Deutsche.