Vor dieser WM kannten ihn in Europa höchstens ein paar Experten - aber in Brasilien hat Enner Valencia bisher für viel Furore gesorgt. Der Stürmer erzielte bei Ecuadors wichtigem 2:1-Sieg über Honduras beide Tore und machte damit in einer weitgehend offenen Partie den Unterschied. Den Mittelamerikanern half auch das erste WM-Tor in 32 Jahren nichts. Beide Teams haben noch Chancen auf den Aufstieg.
In der Gruppe E präsentiert sich die Ausgangslage weiter spannend. Hinter Frankreich, das die Achtelfinal-Qualifikation so gut wie sicher hat, kämpfen die restlichen Mannschaften um Rang zwei. Auf Ecuador wartet am letzten Spieltag am Mittwoch nun die vermutlich härteste Aufgabe, geht es doch gegen den bisher makellosen Tabellenführer - dass man überhaupt noch im Rennen ist, hat "La Tri" ihrem Goalgetter Valencia zu verdanken.
Der 25-Jährige stahl am Freitag seinem bekannteren Namensvetter Antonio Valencia die Show und war in der Arena da Baixada in Curitiba mit seinem Doppelpack (34., 65.) der gefeierte Held. Manchester-United-Mittelfeldspieler Antonio, mit Enner nicht verwandt, verbrachte abgesehen von einer Gelben Karte dagegen eine relativ ruhige Partie. "Es waren definitiv die wichtigsten Tore meines Lebens. Schon als Kind habe ich davon geträumt, bei einer Weltmeisterschaft zu treffen", bekannte der "Man of the Match".
Dabei befände sich der 1,74 Meter große Schlaks im Moment wahrscheinlich gar nicht in Brasilien, wenn er im vergangenen Jahr nicht durch tragische Umstände in die Mannschaft gerutscht wäre. Der im Angriff gesetzt gewesene Christian Benitez, der 24 Tore für das südamerikanische Land geschossen hatte, war im Juli 2013 an einem Herzinfarkt gestorben. "Er ist kaum zehn Monate bei uns, aber seitdem war er immens wichtig für das Team. Er hat sich enorm weiterentwickelt", lobte Coach Reinaldo Rueda, der bei der WM 2010 noch Honduras betreut hatte, seinen Schützling.
Valencia, der für Pachuca in der mexikanischen Liga spielt, aber von einem Engagement in Europa träumt, hält nun bei drei Treffern bei dem WM-Turnier. Er schloss damit zu Ecuadors WM-Rekordtorschützen Augustin "Tin" Delgado auf. "Es freut mich sehr, diese Marke erreicht zu haben. Ich hatte Tin als Teamkameraden bei Emelec (Guayaquil; Anm.). Er gab mir viele Ratschläge, als ich gerade anfing", sagte Valencia. "Jetzt neben ihm da oben zu stehen, ist sehr bewegend für mich", verriet der Stürmer "FIFA.com".
"Ich denke nicht an die Torjägerkrone", versicherte er aber. "Wichtiger ist das Weiterkommen. Wenn ich dazu mit meinen Toren beitragen kann, ist es umso schöner." Vor Frankreich, dem abschließenden Gruppengegner, zeigte Valencia Respekt. "Wir wissen, wie stark Frankreich ist. Sie haben sehr gut gespielt, und wir werden unsere Sache besser als je zuvor machen müssen, um sie schlagen zu können", befand er. Frankreich habe seine Qualitäten eindrucksvoll demonstriert, meinte auch Rueda, "aber wir sind voll motiviert".
Motiviert bleibt auch Honduras, obwohl es mit null Punkten die schlechteste Ausgangsposition hat. Aber im Fall eines Sieges über die Schweiz am Mittwoch mit mindestens zwei Toren Unterschied und einer ausreichend hohen Niederlage Ecuadors ist das erstmalige Überstehen der Gruppenphase noch machbar. "Wenn wir ausscheiden, werden wir uns verabschieden, nachdem wir alles gegeben haben", kündigte Trainer Luis Fernando Suarez an, seinerseits von 2004 bis 2007 Teamchef Ecuadors.
Nicht gelohnt hat sich Carlo Costlys historischer Treffer zum 1:0 nach 31 Minuten. Es war das erste WM-Tor für Honduras nach 32 Jahren. Davor war letztmals Antonio Laing am 21. Juni 1982 in Spanien beim 1:1 gegen Nordirland erfolgreich gewesen. Costly verhinderte damit, dass Honduras die peinliche Bestmarke von Bolivien bricht, das seit 517 Minuten nicht mehr bei einer WM getroffen hat. "Los Catrachos" belegen in diesem Ranking mit nunmehr 511 Minuten Platz zwei.
"Das erste Tor seit 32 Jahren? Es ist nicht wert, darüber zu sprechen", meinte Suarez lapidar. "Ich wollte keinen Mythos zerstören", sagte Costly nach der Niederlage enttäuscht. "Ich wollte, dass meine Mannschaft einen Schritt voranmacht." Beinahe wäre Honduras kurz vor der Pause noch einmal in Führung gegangen. Doch nach einem Kopfball von Costly an den Pfosten verwertete Jerry Bengtson zwar den Abpraller, wurde aber wegen eines Handspiels zurückgepfiffen.