Am Ende geht es auch beim Eishockey zwar um Sieg oder Niederlage. Allerdings erzählt jedes Spiel eine, zum Teil absehbare Geschichte. Speziell für Scouts tendiert der Überraschungseffekt gegen Null. Sie kennen und achten auf Details, sie können ein Spiel in einzelne Bestandteile zerlegen. Wie der Wiener Bernd Freimüller.

Freimüller ist freiberuflicher Scout. Das bedeuet? "Ich arbeite auf Honorarbasis. Jeder Klub, der gerne einen Bericht von mir hätte, kann mich buchen", erklärt er. Seine Klienten sind Klubs in der EBEL, aber auch über den Grenzen Österreichs hinaus. Der Job verlangt ihm einiges ab. 200 Eishockey-Spiele pro Saison zu beobachten sind keine Seltenheit. "Ich muss proaktiv tätig sein. Soll heißen, bevor ein Klub an mich herantritt, sollte ich schon die Informationen über die Spieler besitzen."

Und so läuft der Prozess ab: "Der Klub fragt mich über Informationen. Dann checke ich meine Reports und gebe meine Meinung ab. Ob der Klub dann den Spieler verpflichtet oder nicht, ist mir völlig egal."

In NHL-Transfer von Thomas Raffl involviert

Seit über 20 Jahren ist Freimüller im Geschäft. Früher stand er auf der Gehaltsliste von NHL-Klub Atlanta Thrashers (1998 bis 2011). Danach noch für ein Jahr bei den Winnipeg Jets. "Ich war damals sogar in den Transfer von Thomas Raffl involviert. Die Jets wollten alles über Thomas von mir wissen." Um in diesem Geschäft überhaupt Fuß zu fassen, benötigt es eine penible Arbeitseinstellung, Verlässlichkeit, Loyalität und vor allem Verschwiegenheit. "Früher war ich ein Hockey-Freak, jetzt ist es einfach viel Arbeit." Abgesehen vielen Reisen zu Spielen live vor Ort sieht er sich viele in Streams an.

Heutzutage, so gibt Freimüller zu, sei es leichter in diesem Geschäft Fuß zu fassen. "Auf einen guten Blog werden die auch Scouting-Agenturen aufmerksam", berichtet der Eishockey-Insider, der auch für den renommierten "Redline-Report" Texte verfasst. Einheitssprache ist Englisch. So reichen seine gescouteten Spielermärkte von Nordamerika über Skandinavien, Osteuropa, Deutschland bis in den Nachwuchs. Schweiz und Russland bezeichnet er hingegen als nahezu geschlossene Märkte.

Petersen hat überrascht

Die meisten Transfers seien für ihn absehbar. Nur ein einziger habe ihn in den vergangenen Jahren überrascht: "Nick Petersen. Es war nicht absehbar, dass dieser Mann tatsächlich beim KAC unterschreibt." Freimüller ist jedoch nicht einzig und allein Scout, sondern wirft bei Bedarf auch kritische Blicke auf die Eishockey-Szene.

Der Eishockey-WM in der Slowakei stattet er mehrere Besuche ab. Nach Bratislava und nach Kosice, den zweiten Spielort - wie viele andere Scouts, Assistant-General Manager und General-Manager aus allen Eishockey-Nationen. Selbstverständlich auch aus der NHL. "Dann werden zuerst die Kader durchgeblättert und die jüngsten Spieler markiert."

Freimüller wird auch über Hintergrund gefragt

Auf dem Eis werden alle individuellen Fähigkeiten unter die Lupe genommen wie eisläuferische Qualität, Hockey-Sense, Rolle im Team (Vorbereiter oder Torschütze etc.). Manchmal erhält Freimüller dann einen Anruf, ob er etwas über den Background berichten könne. "Es zählt nicht nur das Können auf dem Eis, sondern auch um welchen Menschen es sich handelt."

Wie der Scout aber betont, habe er kein schlechtes Gewissen, wenn die WM ohne ihn stattfindet. Denn die Vorarbeit hat er zu diesem Zeitpunkt schon längst geleistet. Wie heuer im Februar, als die Nationalteams von Frankreich, Dänemark, Norwegen und natürlich Österreich in Klagenfurt ihre Zelte aufgeschlagen hatten.

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