Es herrscht eine eigenartige, beinahe bedrohliche Stille. Vielleicht ist es die Nervosität, die der subjektiven Wahrnehmung einen Streich spielt. Nur sporadisch dringt ein Geräusch von draußen durch, jegliche Zivilisation scheint hier besonders weit weg. Ein Hobby-Eishackler gewöhnt sich ja sehr schnell daran, vor leeren Rängen zu spielen. Und eigentlich fühlt er sich von Zuschauern beobachtet. Ein Problem, das dieses Mal aber nicht zur Debatte steht. In allen vier Himmelsrichtungen thronen die Tribünen mit 30.000 roten oder grauen, vor allem aber leeren Plastiksesseln.


Dort, wo Fußballer im Sommer den Rasen penetrieren, führen schwarze Gummimatten in die Arena. Inmitten des Stadions ist innerhalb weniger Wochen ein Glaskäfig entstanden, der die Kunsteisfläche begrenzt. Mit jedem Tritt, der sich der Bandentür nähert wird, steigt die Unsicherheit. Nur noch einen Schritt ist das spiegelglatte Terrain entfernt. Hier gilt es, besonders aufzupassen: Ein Bauchfleck vor allen anderen brächte Spott und Häme für die restliche Hobby-Karriere.


Die ersten Schritte auf der Eisplatte sind noch etwas wackelig. Doch der Blick ist, trotz der Leere, imposant. Sofort zieht unter den Protektoren Gänsehaut auf. Der Untergrund schimmert matt-weiß. Vor mir sind keine Schrammen von irgendwelchen Kufen zu sehen. Hinter mir schon. Es ist ein fantastisches Gefühl, wie eine Skipiste mit Neuschnee hinunterzuwedeln. In der Ferne leert ein Kollege den Puckkübel aus, die ersten Schüsse knallen auf die Plexiglasscheiben. Sie hallen durch die Arena wie Kanonenschläge.


In den ersten 20 Minuten entwickelt sich ein hektisches Spiel. Jeder einzelne Akteur versucht an diesem Tag, sein bestes Eishockey abzurufen. Danach geht es gemächlicher zu, wohl auch weil die klirrende Kälte in den Lungen brennt und die nötige Spritzigkeit auf den Spielerbänken beidseitig schwindet.


Viel zu schnell ist die Eiszeit schließlich vorüber. Nur wenigen war es vergönnt gewesen, ein so wichtiges und prestigeträchtiges Tor vor dieser Kulisse zu erzielen. Die wird in wenigen Tagen beim Duell zwischen KAC und VSV nicht anders sein. Abgesehen von den fehlenden Fans gibt es dennoch einen gravierenden Unterschied zu den Profis: Heute erfolgt die Analyse bei Leberkäse und Gerstensaft.

MARTIN QUENDLER