Eishockey ist gemeinhin nicht als der große Familiensport bekannt. Eher als einer der harten Männer, der mitunter sogar brutal sein kann. Robin Jacobsson (manchmal schreibt man ihn auch Jakobsson) ist definitiv einer, der sich auf der Eisfläche vor keinem verstecken muss. 1,90 Meter groß, fast 100 Kilogramm schwer, der Mann, das merkt man, könnte auch zulangen, wenn es denn sein müsste. Zu ihm passen würde es aber nicht. Der Schwede ist, ja, irgendwie schwedisch: Die Ruhe in Person, er strahlt Souveränität aus; auf und auch abseits der Eisfläche.

Sieht man ihn im Kreis seiner Familie, ist der 32-jährige Schwede ohnehin streichelweich. Kein Wunder: Gattin Stina und die zwei Kinder Ella (3) und Harry (1) machen die Jacobsson-Familie perfekt, richtig in Szene gesetzt fast „royal schwedisch“. Jacobsson (der oft auch Jakobsson geschrieben wird) ist zweifellos ein Familienmensch, das erkennt man sofort. In seinem Beruf ist es nicht immer leicht, Familie mit Arbeit zu verbinden. „Es stimmt schon, es macht großen Spaß, wenn die Familie immer dabei ist“, sagt er, „aber es ist zugleich eine große Herausforderung.“ Denn der Beruf erfordert „viel Energie und Zeit“, sagt er, „aber ich will ja auch sicher sein, dass es für die Familie o. k. ist.“

Kommentar: Warum dieses Jahr bei den 99ers kein Jahr wie jedes andere sein könnte.

Während er all das erzählt, ist ein Auge immer bei Töchterchen Nella, die am Tisch spielt. Und der Tisch, der steht dort, wo man Schweden laut Klischee vermutet: im schwedischen Einrichtungshaus. Ja, es stimmt also wirklich: Ikea, das ist „ein Stück Heimat fern der Heimat“, sagt Ehefrau Stina lachend. „Wir sind mindestens einmal pro Woche hier“, erzählt sie, „es ist ein guter Platz für Kinder. Und natürlich kaufen wir schwedische Lebensmittel, essen schwedisch. Es hilft, das Heimweh zu lindern.“ Obwohl sich dieses ohnehin in Grenzen hält in der steirischen Landeshauptstadt.

„Im Vergleich zu meiner vorigen Station, einer kleinen Stadt in Finnland, die die Finnen selbst das ,finnische Tschernobyl‘ nannten, ist es hier großartig“, erzählt der Verteidiger, der vor der endgültigen Unterschrift in Graz viele Informationen eingeholt hat: „Ich habe mit allen Schweden gesprochen, die im Vorjahr hier waren.“ Bisher hat er die Wahl nicht bereut. Sportlich nicht, obwohl die 99ers die Tabellenführung an Bozen abgeben mussten. Und familiär ist ohnehin alles bestens.

"Graz", schwärmt Stina, in Stockholm als Krankenschwester tätig, „ist ein großartiger Platz für Kinder. Es gibt so viele Spielplätze, dazu sind die Menschen sehr nett, höflich und sozial. In Finnland kümmern sie sich um ihre eigenen Sachen, nicht einmal die Nachbarn reden mit dir. Hier ist das ganz anders.“ Dazu kommt, dass die 99ers in dieser Saison zum echten „Familienklub“ mutiert sind. „Im Vorjahr gab es zwei Kinder im Team, hab ich gehört“, erzählt Jacobsson, „heuer sind es 16!“

Kein Wunder, dass da auch das Team fast automatisch zur großen Familie wird. Man trifft sich an der Eisfläche, geht zusammen Kaffee trinken, oder, während die Väter trainieren, am Spielplatz. „Letztlich haben wir alle dasselbe Ziel: Wir wollen die Kinder müde machen, damit sie in der Nacht gut schlafen. Denn guten Schlaf, den brauchen wir Spieler auch“, sagt Jacobsson. Bisher waren die 99ers ausgeschlafen, kämpfen um die Tabellenspitze. Für den Schweden ist das nicht nur Momentaufnahme: „Wir haben ein gutes System. Wir wollen den Puck sofort wiederhaben, wenn er weg ist, das mögen die Gegner nicht.“ Grundlage dafür, dass dieses Spiel funktioniert, ist „harte Arbeit. Aber in dieser Mannschaft ist jeder bereit, diese Arbeit zu leisten.“

"Wir haben ein gutes System!"

Offensiv, sagt Jacobsson, sei es das System von Headcoach Doug Mason, das greift. Defensiv feilt Co-Trainer Jens Gustafsson, ein weiterer Schwede, am System. Erfolgreich. Auch wenn klar war, dass es nicht nur Siege geben wird – gegen Bozen verlor man unglücklich und erstmals daheim. „In dieser Liga kann jeder jeden schlagen, aber das ist ja auch ein gutes Zeichen. Es spricht für das Niveau der Liga“, sagt Jacobsson, dem auch bewusst ist, dass die Gegner nun nicht mehr so naiv ins Spiel gehen werden wie in den ersten Spielen: „Vielleicht haben einige am Anfang gedacht, dass da ein ähnliches Graz kommt wie letzte Saison. Aber wir sind definitiv besser.“

Besser wollen die 99ers heute am „Familientag“ auch gegen Salzburg sein. Jacobsson hat eine Extraportion Druck: „Meine Tochter Ella liebt es, wenn wir nach einem Sieg noch einmal von den Fans aufs Eis gerufen werden – weil sie mit dem Maskottchen aufs Eis darf. Sie fragt schon vor dem Spiel, ob sie heute wieder mit Pucky einlaufen darf“, erzählt er lächelnd und ergänzt: „Da muss man ja fast gewinnen ...“