Die vorherrschende These, dass zwischen heimischem Eishockey und den großen Nationen wie Schweden, Finnland oder mittlerweile sogar der Schweiz die Entwicklungs-Kluft etwa zehn Jahre beträgt, muss wohl nach oben korrigiert werden. Denn nicht nur aufgrund der länderübergreifenden Ausrichtung ist der Wortlaut „Österreichische“ Eishockey-Liga längst nicht mehr zulässig.

Wie in den vergangenen Jahren nützten die heimischen Klubs den Sommer intensiv, um den Transfermarkt abzugrasen. Dadurch verringerte sich der Anteil an rot-weiß-roten Akteuren auf 113 Cracks. Zum Vergleich: 2014/15 waren 154 Österreicher gemeldet, 2013/14 immerhin 151. Denn der Liga-Sportausschuss beschloss statt einer Legionärs-Reduktion lediglich eine fragwürdige Änderung: Heimische Nationalteam-Cracks werden bei Kaderpunkten (jeder Spieler erhält Punkte, maximal 60 erlaubt) abgestuft. Demnach eröffnet sich Raum für weitere Legionärs-Einkäufe, die erfahrungsgemäß in den kommenden Monaten getätigt werden. Besonders drastisch zeigt sich die Situation aber in Dornbirn. Erstmals in der EBEL-Geschichte sank der rot-weiß-rote Anteil unter die Zahl an kanadischen Spielern. Von Verdrängung müssen sich nicht zuletzt die Liga-Torhüter betroffen fühlen: „Von der Gesamteiszeit durften die Österreicher vergangene Saison nur 20 Prozent spielen. In der Schweiz beträgt der Ausländer-Anteil bei den Goalies dafür 20 Prozent“, rechnet Ex-NHL-Keeper Reinhard Divis vor.

Zumindest das befürchtete und exzessive Treiben während der Try-out-Phase sollte jedoch Geschichte sein. Dort bewegten sich die Klubs rechtlich auf dünnem Eis. Die Liga warnte, dass Probeverträge künftig an Bedingungen geknüpft sind. Neben einer Befristung von einem Monat müssen sie eine beidseitige Kündigungsoption beinhalten. Ein weiteres Manko: Die Import-Qualität scheint merklich gesunken. Steckten Österreichs Legionären in den Vorjahren noch über 2000 NHL-Spiele in den Beinen, sind es aktuell lediglich 1683.

Völlig konträr zur EBEL-Problematik wird in Schweden gearbeitet. Für die bevorstehende Eiszeit sind von 365 Spielern satte 260 Schweden gemeldet. Trotz Öffnung des Transfermarktes.

Es lässt sich nur schwer prognostizieren, wann bei den Klub-Managern bzw. der Liga ebenfalls ein neues Bewusstsein einsetzt. Da bewirken auch Predigten des Verbandes (ÖEHV) nichts. Ohne restriktivem Reglement scheint dies in der EBEL ein aussichtsloses Unterfangen zu werden. Ob die Geduld der Eishockey-Fans noch länger strapaziert werden soll? Sie warten ohnehin schon zehn Jahre auf die Trend-Wende.

MARTIN QUENDLER