Humor hat er, der Jonathan Scherzer. "Jetzt gibt es zumindest eine Statistik, wo ich ganz vorne bin", sagt der WAC-Linksverteidiger zu seinem Kunststück beim 1:8 gegen Rapid, in einem Spiel zwei Eigentore zu erzielt zu haben. In der Geschichte der Bundesliga hat das zuvor noch niemand "geschafft".

Bevor Scherzer in der vergangenen Woche zum Pechvogel avancierte, war der Spittaler schon in jungen Jahren ein Wandervogel. Mit den aus Drau- und Gailtal stammenden Eltern ging es mit zehn Jahren nach Amerika und in den Nachwuchs von Athens United im Bundesstaat Georgia. "Mein Papa hat an der Uni von Atlanta die Habilitation im Bereich Veterinärmedizin erlangt und dann dort gearbeitet", erzählt Scherzer, der es in Amerika auch in eine landesweite Auswahl der besten U14-Spieler brachte. Dort stand mit Zackary Steffen ein Spieler im Tor, der mittlerweile bei Manchester City unter Vertrag steht. Für weitere Ehren im US-Teamdress wäre die amerikanische Staatsbürgerschaft nötig gewesen. Ein ernsthaftes Thema war das nie.

Bei einem der Spiele der Auswahl saß auch ein Scout von Borussia Mönchengladbach auf der Tribüne. "Nach drei Jahren in Amerika bin ich nach Deutschland gewechselt. Meine Eltern sind geblieben und ich habe bei einer Gastfamilie gelebt. Das war sportlich und persönlich eine sehr prägende Zeit", sagt Scherzer.

Scherzer ist schon in der US-Auswahl gerne über Linksaußen gekommen
Scherzer ist schon in der US-Auswahl gerne über Linksaußen gekommen © Privat

Nachdem die Eltern von Amerika nach München übersiedelt sind, ging es in den Nachwuchs von 1860 und später weiter zu Augsburg. Über die Admira kam der 25-Jährige schließlich im Vorjahr zum WAC, wo sich Scherzer in seiner ersten Saison zum Dauerbrenner auf der linken Seite entwickelt hat. Nur Innenverteidiger Dominik Baumgartner hat mehr Spielminuten absolviert. Bei Flanken und Ballaktionen ist Scherzer ligaweit im Spitzenfeld zu finden. "Persönlich bin ich absolut zufrieden. In den letzten Spielen haben wir aber zu viele Tore kassiert. Da ist man als Abwehrspieler immer auch in seiner Ehre verletzt", spricht Scherzer nicht zuletzt von der höchsten Niederlage der Vereinsgeschichte in der ersten Runde der Meistergruppe. Die Enttäuschung innerhalb der Mannschaft sei extrem groß gewesen, man habe erst gar nicht gewusst, wie man da am besten wieder herauskommen soll. Für die meisten war es die höchste Niederlage der Karriere. "Wenn man sich dann zwei Tage darüber geärgert hat muss man es auch abhaken können. Mit solchen Rückschlägen muss man im Fußball zurechtkommen", sagt Scherzer, der in einer WAC-Wohnung in Wolfsberg lebt und mit dem georgischen Nationalspieler Guram Giorbelidze auf der Position des Linksverteidigers starke Konkurrenz um einen Stammplatz hat.

Heute muss der WAC zum LASK nach Linz. In der Meistergruppe steht man derzeit auf dem sechsten Platz. Der einzige, der alle Träume für einen Platz in einem europäischen Bewerb sofort beenden würde. Natürlich will man von da so schnell wie möglich weg. "Wir schauen nur nach oben. Es ist noch nichts verloren."