Anfang März war es so weit: Der erste bundesweite Lockdown wurde offiziell ausgerufen. Schon damals gab es große Kritik in der Bevölkerung bezüglich der von der Regierung beschlossenen Maßnahmen. Trotzdem hielt sich der Großteil der Menschen im Bezirk Liezen an die Ausgangsbeschränkungen. Es war vor allem die Angst vor Corona, die viele einschüchterte.

Und auch die Jugendlichen blieben zu Hause. Viele von ihnen vertrieben sich die Zeit mit „House Party“. Das ist eine Smartphone-App, die es ermöglicht, mit bis zu acht Personen über Video zu chatten. So konnte man trotz der Ausgangsbeschränkungen zumindest online mit Freunden interagieren. Auch einige Klassenkameraden griffen auf diese App zurück.

Geheime Treffen im Wald

Doch lange hielten es viele in den eigenen vier Wänden nicht aus. Eine Jugendliche aus dem oberen Ennstal verrät: „Anfangs haben meine Freunde und ich uns noch an die Beschränkungen gehalten. Irgendwann wurde es uns so langweilig, dass wir geheime Treffen im Wald ausgemacht haben. Auf dem Weg zu unserem Treffen hatten wir große Angst vor der Polizei, weil in dieser Zeit sehr viele Streifenwagen herumgefahren sind. Wir haben auch von mehrere illegalen Treffen gehört haben, die aufgeflogen sind.“

Alles wieder vergessen

Nach dem ersten Lockdown und natürlich auch begünstigt durch die sommerlichen Temperaturen, sanken die Infektionszahlen wieder. Ein normales Leben schien wieder möglich, für eine kurze Zeit war Covid-19 komplett vergessen. „Als ich im Sommer auf der Wiese am Badesee lag, fiel mir auf, dass sich keiner der Besucher so verhielt, als ob sie sich Sorgen um Corona machen würden. Das veränderte sich auch im Herbst nicht“, meint ein junger Weißenbacher.

Der Herbst ging in den Frühwinter über. In den Medien dominierte die Forderung des Handels, doch nicht das Weihnachtsgeschäft aufs Spiel zu setzen. Die Wirtschaft forderten die Regierung auf, die Geschäfte über Weihnachten zu öffnen. Die Jugendlichen hatten zu diesem Zeitpunkt andere Gedanken: Wie und wann kann ich meine Freunde endlich wieder sehen?

Polizei hat sich schwergetan

„Wir haben ab diesem Zeitpunkt klar gesehen, dass sich viele Ennstalern nicht mehr an die Ausgangsbeschränkungen gehalten haben“, weiß ein Polizist auf dem Bezirk. „Dazu musste man nur das Verkehrsaufkommen auf der Ennstalbundesstraße, aber auch den Landstraßen beobachten. Die Menschen haben wieder soziale Kontakte gesucht. Wir als Polizei haben uns mit dem Kontrollieren oft schwergetan, weil man nicht weiß, ob die Fahrten unter die Ausnahmeregelungen fallen oder unerlaubt sind. Außerdem konnten Privatpartys in Häuser und Wohnungen nicht kontrolliert werden, da es keine gesetzliche Befugnis dafür gab.“

Diese Situation hat sich auch ein Jahr später nicht geändert: „Mir ist nicht klar, welche Maßnahmen aktuell gelten und wie man sich dementsprechend verhalten soll“, sagt ein 19-Jähriger aus Aich. „Wir vermissen unsere Freunde und wollen sie sehen.“ Man wisse um die Unrechtmäßigkeit dieser Treffen, aber die Sehnsucht überwiege: „Es finden immer mehr Privatpartys statt“, weiß er.