Steinfeste Beweise statt Begräbnisstimmung

Melanie
Melanie © EuroSkills 2020/Marija Kanizaj

Melanie Seidl (29). Europameisterin Steinmetz 2012.
Die Natur ist die größte Künstlerin von uns allen

Woran denkst du, wenn du die Berufsbezeichnung „Steinmetz“ hörst? Wahrscheinlich an Grabplatten und Friedhöfe, richtig? Meine Arbeit verbreitet aber nicht nur Begräbnisstimmung, versprochen. Ich wirke an der Restaurierung von historischen Gebäuden, Kirchen und Denkmälern mit, gestalte Produkte für Bäder oder Küchen oder ganze Treppen. Mein Beruf ist zum einen ein Handwerk, zum anderen aber eine Art des künstlerischen Ausdrucks. Einen Stein mit Hammer und Meißel zu bearbeiten, davor habe ich großen Respekt. Der Stein existiert über Tausende Jahre hinweg und bildet seine Eigenarten. Plötzlich komme ich. Innerhalb von wenigen Sekunden verändere ich seine ursprüngliche Gestalt. Der Klügere, also der Stein, gibt natürlich nach. Aber er verzeiht keine Fehler. Man kann im Nachhinein nichts kleben und flicken. Damit ich am Ende deshalb nicht als Esel dastehe, muss ich meine Arbeit gewissenhaft und einfühlsam erledigen. Auch wenn das vielleicht komisch klingt: Das bin ich dem Stein schuldig. Schließlich ist die Natur die größte Künstlerin von uns allen. Neben Eigenschaften wie Verbissenheit, Kreativität und Ehrgeiz kann natürlich auch das nötige „Muskelschmalz“ als Steinmetz nicht schaden. Aber keine Angst, nicht nur männliche Kolosse können den Hammer schwingen und hervorragende Arbeit leisten.
Mein Beruf brachte mich bis nach London auf Montage. Seit mittlerweile drei Jahren bin ich selbstständig. Meinen 1-Frau-Betrieb nenne ich bewusst „Künstlerfirma“. Seit November 2018 bin ich zudem als Steinmetzfachlehrerin tätig und gebe mein Wissen an interessierte Hände und Köpfe weiter.

Mit Stift und Computer

Fabian
Fabian © EuroSkills 2020/Marija Kanizaj

Fabian Gwiggner (22). Europameister Grafik Design 2016.

Es ist wichtig, dass man die Chance hat, Fehler zu machen. Das funktioniert vor allem dann gut, wenn man mit seinem individuellen Arbeitsstoff sofort in Berührung kommt. Nicht nur über das Schulbuch, sondern im praktischen Arbeiten. Über die Lehre. Dass ich im Bereich Grafik und Design arbeiten will, wusste ich bereits in der Hauptschule. Die Detailarbeit fasziniert mich jeden Tag aufs Neue. Mit Qualität und Feingefühl punkten, darum geht es. Quantität gibt es in Zeiten von Internet und Smartphone ohnehin genug. In meinem Beruf arbeite ich sowohl mit Stift und Papier, als auch mit PC und Grafikprogramm. Vom Logo über den Prospekt bis hin zur Website designe ich für nationale und internationale ­Firmen.

Bringt Farbe ins Leben

Lisa Janisch (27). Europameisterin Maler 2016

Lisa
Lisa © EuroSkills 2020/Marija Kanizaj

Eigentlich stand die Lehre nicht auf meinem Plan. Maturiert habe ich auf der HLW Weiz. „Nicht zum Kübeltragen im eigenen Familienbetrieb“ habe ich gegenüber meinem Vater stets betont. Gekommen ist es anders. Nach 1 1/2 Jahren Praxis im Betrieb habe ich meine Lehrabschlussprüfung gemacht. Der Beruf als Malerin und Beschichtungstechnikerin bietet viel Abwechslung und ist so nuancenreich wie die Farbpalette, mit der ich male. Oft wissen Kunden nicht genau, was sie wollen. Kein Problem. Ich habe bereits ein Bild im Kopf. Ob Imitationstechniken, Schriften, Wandtattoos oder Fassaden und Innenmalereien. Ich kann das Leben anderer bunt ausmalen. Die Arbeit, die ich schaffe, ist sichtbar und überdauert die Zeit – ein schönes Gefühl.

Kein Industrie­standard

Manfred
Manfred © EuroSkills 2020/Marija Kanizaj

Manfred Zink (24). Weltmeister Möbeltischler 2015.

Den Industriestandard der großen Ketten kann ohnehin jeder. Handwerkliches Geschick, logisches Denken und Einzigartigkeit kann eine Maschine aber nie ersetzen. Von der einzelnen Innentüre bis zur gesamten Einrichtung eines Wohnzimmers oder einer Gastwirtschaft – meine Kreativität kann ich als Tischlermeister jeden Tag aufs Neue unter Beweis stellen. Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Raum kann man mein Handwerk sehen, bewundern und benutzen. Nach meiner vierjährigen Ausbildung war ich der erste meiner Zunft, der seit 1997 den Weltmeistertitel nach Hause geholt hat. Meine Entscheidung, eine Lehre zu machen, habe ich nie bereut. Ich habe wirtschaftliche Sicherheit und kann mich auf meine Fähigkeit verlassen.

Geballte Flower-Power

Birgit
Birgit © EuroSkills 2020/Marija Kanizaj

Birgit Haberschrick (28). Europameisterin Floristik 2014.

Ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass meine Blumenkreationen nach wenigen Tagen verwelken und im Müll landen. Das Frische belebt schließlich den Raum. Wenn man statt Blumen Vasen schenken würde, wäre irgendwann das ganze Haus voll. Meine Werke beschränken sich auf den Moment. Im Leben gibt es Gott sei Dank viele davon. Die Floristin stellt man sich gerne im kleinen Geschäft mit Schere und Strauß in der Hand vor. Mein Handwerk kann aber mehr als nur eine kleine Geste bedeuten. Auch im großen Rahmen benötigt man mein Know-how. Ich dekoriere zum Beispiel auch für Tennisturniere in Madrid oder Umweltministertreffen in Graz. Jeder Auftrag verlangt mein individuelles Einfühlungsvermögen.