Jeder Arzt ist verpflichtet, von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommene Gesunde und Kranke ohne Unterschied der Person gewissenhaft und nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft zu betreuen. Ärzte haben das Wohl der Kranken und den Schutz
der Gesunden zu wahren. Patienten haben Anspruch auf die Anwendung der nach dem Stand der Wissenschaft sichersten Maßnahme zur möglichsten Ausschaltung oder Einschränkung bekannter Operations- und Behandlungsgefahren. Patienten haben jedoch keinen Rechtsanspruch auf den medizinisch bestmöglichen Standard (den sog. „Goldstandard“).

In Österreich gilt das Prinzip der Therapiefreiheit. Jeder Arzt kann im Einzelfall nach bestem Wissen und Gewissen darüber befinden, welche von mehreren gleichwertigen medizinischen Maßnahmen unter den gegebenen Umständen den größtmöglichen Nutzen erwarten lässt. Hierbei gilt der Vorrang der Schulmedizin. Das bedeutet aber nicht, dass Ärzte bei der Behandlung von Patienten auf schulmedizinische Methoden beschränkt sind. Beim Einsatz alternativmedizinischer Behandlungsmethoden trifft den Arzt aber eine besondere Aufklärungspflicht. Er muss den Patienten ausdrücklich auf die mangelnde wissenschaftliche Evidenz hinweisen.

Die Verpflichtung von Krankenanstalten und Ärzten, Patienten nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft zu behandeln, stellt ein unabdingbares Recht dar, das der Patient notfalls auch mittels Klage auf Abschluss eines Behandlungsvertrages durchsetzen kann. 

Patienten haben ein Recht auf Behandlung und Betreuung nach den anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft, welches sie notfalls auch gerichtlich durchsetzen können. Dieses Recht geht jedoch nicht soweit, dass Ärzte entgegen ihrer berufsrechtlichen Verpflichtungen dazu gezwungen werden können, auf Wunsch des Patienten eine Therapie anzuwenden, die für diesen Patienten nach Überzeugung des Arztes weder eine anerkannte Methode der Wissenschaft, noch eine nach der ärztlichen Erfahrung indizierte Methode darstellt.

Das Recht auf Behandlung ist daher nicht so zu verstehen, dass Patienten ein Recht darauf haben, vom Arzt ihre „Wunschbehandlung“ zu erhalten. Patienten haben „lediglich“ ein Recht darauf, nach den anerkannten Regeln der Wissenschaft behandelt zu werden. Zur Betreuungspflicht des Arztes zählt auch, den Patienten vor sonstigen durch die Behandlung entstehenden Gefahren zu schützen. Die medizinische Indikation stellt stets die allgemeine Grenze der Behandlungspflicht dar und erlaubt letztlich sogar einen Behandlungsabbruch gegen den Willen des Patienten.

Auch bei Anwendung einer bestimmten Methode, die dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht, sind Grenzen gesetzt, nämlich dort, wo aus personellen oder apparativen Gründen diese Behandlungsmethode nicht durchgeführt werden kann. In diesem Fall wäre der Patient an eine andere Krankenanstalt mit einem entsprechenden Leistungsangebot zu verweisen und darüber aufzuklären.