Sie heißen Flüchtlinge, Asylsuchende und seit dem Ukrainekrieg auch Vertriebene. Sie brauchen humanitären Schutz, finanzielle und rechtliche Unterstützung, doch sie sind keine geschlossene Gruppe und manche entsprechen nicht dem Bild des „armen“ Flüchtlings. Etwa dann, wenn große SUVs mit ukrainischem Kennzeichen in der Wiener Innenstadt parken.
Diese Erwartungen, ob Integration, Arbeitsmarkt oder im politischen Diskurs, sind insgesamt schwer zu erfüllen, weil sehr widersprüchlich. Das sagt Migrationsforscherin Judith Kohlenberger in ihrem aktuellen Buch „Das Fluchtparadox“ (Kremayr&Scheriau) und meint, der Umgang mit Geflüchteten ist immer auch ein demokratiepolitischer Seismograph. „Sie werden in der Forschung oft als Kanarienvögel in der Kohlemine bezeichnet. Bergleute hatten Kanarienvögel mit um zu sehen, ob es noch genug Sauerstoff gibt. Wenn der Vogel umkippt, wird es auch bald für die Bergleute eng.“

Migrationsforscherin Judith Kohlenberger
Judith Kohlenberger plädiert für einen neuen Umgang mit Geflüchteten. Um, ganz pragmatisch, Arbeitskräfte zu lukrieren.
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Wie unterschiedlich Geflüchtete bewertet werden, zeige, so Kohlenberger, die Ukraine versus 2015. „Jetzt sind es jene, die man sich 2015 gewünscht hätte. Mütter, Kinder, alte Menschen. Die Gruppe wird sich aber nicht als erstes in den Arbeitsmarkt integrieren. 2015 wären es demographisch gesehen genau jene gewesen, die man für den Arbeitsmarkt benötigt. Junge, fitte Männer.“ Ist es in Ordnung, so pragmatisch zu denken? Die Expertin ist sich sicher, dass Arbeitsmigration und Fluchtmigration zusammengedacht werden müssen. „Wir wissen doch - spätestens seit Corona - wie abhängig wir von ausländischen Arbeitskräften sind. In der links geführten Debatte darf man Geflüchtete nicht als Humankapital sehen. Ich sehe das anders.“

Wie genau sie diese These untermauert, können Sie im "fair&female"-Podcast gleich hier hören.