"Es gibt nicht mehr nur eine Wahrheit, denn wenn die Kinder zu uns kommen, dann kommen sie ja schon von zu Hause. Bei den anderen Eltern gelten andere Regeln und manchmal muss man die Kinder quasi wieder auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Ich finde, diese Auseinandersetzung ist eine sehr gute demokratische Übung", beschreibt Hosea Ratschiller einen Aspekt seiner Familiendynamik. Der Kabarettist (40) lebt in einer Patchwork-Familie und ist damit einer von vielen Menschen in Österreich.

Aber was bedeuten diese vielen unterschiedlichen Rollen für das Vatersein? Und was ist eigentlich ein guter Vater?

Darüber haben wir mit ihm im aktuellen "fair&female"-Podcast gesprochen. Und darüber hat sich Ratschiller gemeinsam mit seinem Vater Klaus Ratschiller in einem aktuell erschienenen Buch Gedanken gemacht. In "Den Vater zur Welt bringen" (Molden Verlag) versuchen Vater und Sohn dieser Vaterrolle, der "ungeklärten Frage unserer Demokratie" (Ratschiller) auf den Grund zu gehen. Das Spannende an den beiden Ratschillers: Hosea ist ausschließlich bei seinem Vater aufgewachsen, seine Mutter hat sich nach der Trennung für ein ganz anderes Lebenskonzept entschieden, es gab also nur Vater und Sohn. Und das in den späten 1980er-Jahren in Klagenfurt.
Und wie war es, als Hosea Ratschiller selbst Vater wurde? "Als Kinderloser war ich weitgehend unbelasteter Konsument der staatlichen Ordnung und meiner ungeheuerlichen Privilegien als Österreicher. Große Töne von der Revolution habe ich gespuckt, bevor mir klar wurde, wie radikal erschöpft man sein kann. Und dass man dann aber trotzdem noch Windeln wechseln muss."


Die Erschöpfung und das vielfache Scheitern – beide Dinge versucht Hosea Ratschiller zu mögen. Sein Beruf hilft. "Als Kabarettisten ist Scheitern unser Thema, Komiker zeigen, dass sie scheitern, nur Autoritäre müssen immer recht behalten. Daher enden autoritäre Systeme meist nicht in einem friedlichen Machtwechsel, sondern im Führerbunker. Oder vor Gericht, im besseren Fall." Für den Vater wünscht sich der Klagenfurter eine neue Zuschreibung. Eine, die dem Leben junger Männer und deren Bedürfnis, Vatersein heute anders zu gestalten, angemessener scheint. "Ich glaube, es ist eigentlich keine Rolle, sondern es sind vielmehr Tätigkeiten. Ich nenne es das 'Vatern'. Der Vater ist der erste Fremde, der bleibt. Anzunehmen, dass man – weil man kein Gebärender sein kann – immer der Fremde bleiben wird, ist die große Herausforderung. Doch die Qualität von 'vaternden' Händen ist, dass sie bleiben."