Ein Sommertag. Das Licht eines späten Nachmittags fällt durch das Fenster. In ihm tanzen Staubkörner träge dahin. Vom Boden aus kann man sie beobachten, die Wange an einen Teppich geschmiegt. Eine Hand liegt flach auf dem festen und zugleich nachgiebigen Stoff. Der Geruch der warmen Stofffasern dringt einem in die Nase, erfüllt Körper und Geist, trägt einen fort, lässt die Fantasie schweifen. Eine Momentaufnahme. Eine Kindheitserinnerung. Vielleicht haben Sie das auch – einen Teppich, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist. Der nicht einfach da war, sondern den sie aktiv erlebt haben und der für sie einen eigenen Lebensraum dargestellt hat. Auf dem Sie sich gerne niedergelassen haben, um zu entspannen, nachzudenken, zu essen oder sich mit Freunden gemütlich zu unterhalten – lange Gespräche, die die Nacht erfüllen.

Erst kürzlich wurde die Ausstellung rund um die Teppiche, die auf der Grundlage von Fotografien aus Gerhard Roths Bildband "Spuren" entstanden, eröffnet
Erst kürzlich wurde die Ausstellung rund um die Teppiche, die auf der Grundlage von Fotografien aus Gerhard Roths Bildband "Spuren" entstanden, eröffnet © KLZ/Nadja Fuchs

Beim Betreten der Teppichgalerie Geba werden diese Erinnerungen wieder wach. Der dezente und angenehme Teppichduft liegt in der Luft. Und schon beim ersten Blick auf die kunstvoll gewebten Stoffe wird klar: Bei diesen Teppichen handelt es sich nicht um einfache Dekorelemente. Diese Teppiche schaffen einen Raum neu – sie beleben ihn mit ihrer Seele.

Ein Leben für Teppiche

"Für mich waren Teppiche immer mit einer märchenhaften Romantik verhaftet", erzählt Harald Geba. Seine Augen leuchten, wenn er über seine Teppiche spricht – man spürt die Leidenschaft, die er in jedes einzelne seiner Kunstwerke steckt. Denn das sind sie – gewebte Kunst. Der Weg bis zur heutigen Galerie war für Harald Geba dabei nicht immer einfach. "Mit 18 Jahren habe ich begonnen, für einen Teppichhändler zu arbeiten. Nach einiger Zeit in meiner Anstellung habe ich mir eine Auszeit erbeten, um mich in London weiterzubilden und mehr über mein Fach zu lernen. Bei Viewings in Auktionshäusern habe ich für mich die moderne Malerei entdeckt. So entstand die Idee, Bilder nicht auf einer Leinwand, sondern auf einem Teppich umzusetzen. Damals war ein solches Konzept noch Neuland. Als ich zu meinem Arbeitgeber zurückkam, wurde mein Vorschlag auch eher belächelt."

Doch Harald Geba war überzeugt von seiner Idee, kündigte kurzerhand und machte sich auf eigene Faust, mit fünf Entwürfen im Gepäck, auf nach Anatolien. Zu der Zeit wurden Teppiche in der Türkei von Familienverbänden im Hochland über die Wintermonate von Hand geknüpft. Nach langem Suchen fand er einen alten Einheimischen, der ihm den Kontakt zu einer solchen Familie vermitteln konnte – so entstanden die ersten Entwürfe. Über die Jahre baute sich Harald Geba ein Netzwerk aus 300 Familien auf, die für ihn Teppiche herstellten. "Dann kam die Landflucht – Familienverbände zerfielen, da die Jungen in die Stadt zogen. Damit war es für mich wieder an der Zeit, eine neue Möglichkeit zu finden, um meine Teppiche herstellen zu lassen." Und er wurde fündig. Nach unzähligen Reisen begann Harald Geba in Nepal seine Teppiche von großteils tibetischen Familien, die aus ihrer Heimat flüchten mussten, fertigen zu lassen. Zu hundert Prozent in Fairtrade.

Handarbeit von der Faser bis zum Teppich

Ein jeder der Teppiche besticht durch seine ganz eigene Oberfläche
Ein jeder der Teppiche besticht durch seine ganz eigene Oberfläche © KLZ/Nadja Fuchs

"Mir ist es wichtig, dass die Menschen, die zu mir in die Galerie kommen, die Arbeit sehen, die in den Teppichen steckt", verdeutlicht Harald Geba. Bis zum fertigen Teppich sind viele Handgriffe notwendig. Die Wolle wird in Nepal in über 4000 Metern Höhe in einem Gebirgsbach gewaschen – das macht sie widerstandsfähig. Danach wird sie getrocknet und von Hand gebürstet. Für einen 70 bis 90 Zentimeter breiten Laufmeterteppich knüpft eine Person einen ganzen Monat. Die Arbeit und die Liebe, die in die Teppiche fließen, sieht und spürt man auch. Schon von weitem kann man erkennen, dass mit verschiedenen Materialien und Webstrukturen gearbeitet wird. Bei einigen Teppichen wird der Flor auf verschiedene Höhen geschoren. Die Schlingknoten, die für gewöhnlich aufgeschnitten werden, bleiben teils geschlossen, um eine andere Struktur zu erzielen. Verwebt wird nicht nur die tibetische Hochlandwolle – diese wird stellenweise mit Seide, Hanf, Brennnesseln oder Leinen ergänzt. Diese Komposition an verschiedenen Materialien und Webarten ergibt eine Oberflächenstruktur, die selbst zur Geschichte wird. Zu verlockend, um sie nicht zu berühren. Aus den Schuhen geschlüpft und über einen der Teppiche gelaufen – eine Fußreflexzonenmassage! Die Wolle und Seide schmiegen sich weich um die Zehen, während die geschlossenen Schlaufen einen festen Widerstand bieten.

Fazit: Ein Teppich, der bewusst gekauft werden will

Bei den Teppichen der Teppichgalerie Geba handelt es sich sicherlich um keine Stücke, die man einmal schnell im Vorbeigehen kauft, um "irgendeinen" Teppich unter seinen Esstisch klatschen zu können. Viel mehr sind sie die richtige Wahl für alle, die einem Raum etwas Besonderes verleihen wollen – mehr Behaglichkeit und Schönheit. Für einen Geba-Teppich lässt man sich Zeit und das kann man auch. Das Team von Harald Geba kommt mit den Teppichen sogar kostenlos bis in die eigene Wohnung, um den Kunden dort zu zeigen, wie das Stück Stoffkunst in einem Raum wirken würde: "90 Prozent der Teppiche werden nicht in der Galerie gekauft, sondern vor Ort in den Wohnungen der Kunden."

Entstanden in Kooperation mit der Teppichgalerie Geba.