Im Fernsehen läuft eine Soap-Opera, der Laptop liegt auf den Oberschenkeln - die Webseite eines Onlineshops ist geöffnet. Zeitgleich vibriert das Handy, eine WhatsApp-Nachricht wartet auf Antwort. Für fast drei Viertel der österreichischen Internetnutzer ist das Alltag, wie eine Studie von mindtake research zeigt. Sie sind sogenannte "Heavy Multi Screener".

"Kurz einmal eine SMS lesen ist nicht schlimm", erklärt der Grazer Medienpsychologe Alois Kogler. Über eine kurze Zeit kann der Mensch mehrere Aufgaben gleichzeitig bewältigen.

"Aber die Dauernutzung mehrerer Bildschirme wird zum Problem." Um sich konzentrieren zu können, muss man sich auf eine Sache fokusieren. Diese Eigenschaft ginge langsam verloren, sagt Kogler. "Das klassische Lesen - sich einer Geschichte lange zu widmen - wird verlernt." Das beeinflusst bei jungen Menschen auch die Entwicklung der Persönlichkeit. Die Zahl der Depressionen und Angststörungen werde zunehmen. Kogler: "Wir werden zur Gesellschaft der Nervöslinge".

Handy verdrängt Fernseher

Vor allem in den Abendstunden nutzen die Österreicher mehrere Bildschirme gleichzeitig. TV und Smartphone sind die beliebteste Kombination. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten sind Smartphones in Österreich sehr stark verbreitet. Daher kommt den Geräten in der Mediennutzung eine besondere Bedeutung zu. Das Smartphone ist immer online, man ist immer erreichbar. Am Abend verdrängt das Handy sogar den Fernseher als wichtigstes Medium. TV läuft im Hintergrund.

Diese Nutzung bis in die Nachtsunden bringt nicht nur psychische Probleme, erklärt Kogler. "Mit dem Smartphone in der Hand sitzt man nicht gemütlich vor dem Fernseher." Er geht davon aus, dass die Zahl der Menschen mit Rückenbeschwerden deutlich zunehmen wird. "Vom Rücken kann der Schmerz auch in den Kopf ziehen." 

Schlechtes Gewissen

Entkommen kann man der Entwicklung nur schwer, erklärt Kogler. "Wenn man eine Nachricht auf das Handy bekommt und nicht antwortet, kann es geschehen, dass man sozial isoliert wird. Außerdem meldet sich das schlechte Gewissen, wenn man hart bleibt und wirklich nicht reagiert." So würden die Smartphones dazu beitragen, dass die Menschen immer unsicherer werden.

"Dabei wissen tags darauf nur die wenigsten, was sie im TV gesehen haben und wer ihnen eine Nachricht geschickt hat", meint Kogler.

ROMAN VILGUT