Wofür Veza Maria Fernández Ramos als Jugendliche Extra-Taschengeld kassierte? Wenn sie Platon oder Don Quijote las und ihrem Vater den Inhalt nacherzählte. Kunst und Kultur als Grundnahrungsmittel. So handhabte das ihre „intellektuelle, schräge und kulturliebende“ Familie im Dörfchen Calamocos in der nordspanischen Provinz León.

Es könnte sein, dass die heute 28-jährige Performerin in ihren Jugendjahren manchmal überbezahlt war – denn auf Kunst, Musik, Literatur, Film, Theater und Tanz war sie ohnehin bereits angefixt. Kein Familienfest ohne eine ihrer Tanzeinlagen. Später rebellierte sie mit ihrer Punkband „El Perro Andaluz“ und einer eigenen experimentellen Radiosendung.

Die Autodidaktin

Und trotzdem: Bis sie sich einmal selbst freischaffende Künstlerin nennen würde, sollte es noch dauern. Fernández Ramos studierte zunächst Englisch auf Lehramt, etwas Sicheres. Mit 20 dachte sie: „Der Zug für eine Karriere als Künstlerin ist abgefahren.“ Sie irrte sich. Ein Glück für die Steiermark. Nach einem Erasmus-Aufenthalt in Schottland zog sie 2007 zu ihrer Oma nach Graz. Und blieb.

Tanz-Text-Performance
Tanz-Text-Performance "Landsend": Veza Maria Fernandez Ramos mit Christoph Szalay © KK

„Ich habe damals gespürt, dass etwas fehlt“, erzählt sie über den inneren Drang, sich auszudrücken. Die Stimme schwieg nicht, wurde lauter, drängelnder. Die Autodidaktin besuchte Workshops und Trainings, experimentierte in Tanz-Laboren. Sie arbeitete hart an sich. Aber als sie sich am HZT Berlin bewarb, kassierte sie eine Abfuhr. Es mangle ihr, hieß es, an wirklichem Talent. Eine Absage, auf die sie mit ihrem ersten Stück „Die Roten Schuhe“ antwortete. Im Spanischen nennt man ihren Antrieb „visceral“; es muss von innen kommen.

"Mein Körper ist mein Zuhause"

„Mein Körper ist mein Zuhause, der Tanz meine Basis“, sagt sie in atemraubendem Sprechtempo. Fügt aber schnell hinzu: Der Text sei choreografisches Element, die Arbeitshaltung offen.

Sei es in ihrem Solo „Calamocos“ (Publikumspreis beim bestOFFstyria-Festival 2014), ihrer Tanz-Lesung „You love me more than I love you, etc“ mit Christoph Szalay oder ihren „Thinking Pieces“ mit Christina Lederhaas – der Begriff Körpersprache erhält bei ihre eine neue Übersetzung. Das bleibt aber sowieso nur so lange ein Geheimnis, bis man ihr gegenübersitzt und sie mit jeder Faser ihres Körpers aus ihrem Tänzerinnenleben in Graz und Wien erzählt.

Zehn Fragen an Veza:

1) Welche Superkräfte hätten Sie gerne?
Ich würde gerne in der Zeit reisen können: zu den altgriechischen Philosophen, ins Wien oder Paris der 1920er und in die Zukunft.

2) Was braucht es, um berühmt zu werden?
Dafür muss man seine eigene Sprache für seine Visionen finden. Die steht dann für sich selbst. Und viel Arbeit braucht es auch.

3) Was wollten Sie als Kind werden?
Stewardess, weil ich viel reisen wollte. Oder Schriftstellerin.

4) Welche Schlagzeile würden Sie gerne einmal über sich lesen?
Eine Watsche ins Gesicht. (Gemeint ist: Das Stück war stark, intelligent und sensibel)

5) Was lesen Sie beim Frisör?
Tratsch- und Klatschzeitschriften.

6) Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Für Essen oder um mit einer Freundin etwas trinken zu gehen.

Das erste Stück: Die roten Schuhe
Das erste Stück: Die roten Schuhe © George Kaulfersch

7) Ein Satz für die nächste Generation?
Mach einfach und arbeite hart.

8) Wohin würden Sie mit dem roten Koffer gerne reisen?
Nach Calamocos zu meiner Familie.

9) Mit wem würden Sie gerne einmal arbeiten?
In Graz mit dem Theater im Bahnhof oder dem Loose Collective, internationaler gedacht mit Jonathan Burrows und Matteo Fargion.

10) Schönste Reaktion auf Ihre Arbeit?
Bei Calamocos haben ein paar Menschen im Publikum geweint.