Mit der ORF-Elefantenrunde der Spitzenkandidatin und der Spitzenkandidaten fand der Marathon an TV-Terminen im Wiener Wahlkampf am Donnerstagabend ein Ende. Über eine halbe Stunde sollte es dauern, bis es zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung kam. Davor durften Menschen aus den restlichen acht Bundesländern Fragen an die Spitzenkandidaten stellen, die aber abgesehen von Aussage der grünen Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, die “leiwande Autofahrer” in Wien verteidigte, nichts Überraschendes bieten sollten.

Gleich zu Beginn wurden die möglichen Koalitionen nach der Wahl abgesteckt. Während SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig eine Zusammenarbeit mit der ÖVP weiterhin nicht ausschloss, warben sowohl die grüne Spitzenkandidatin als auch Neos-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr um die Gunst der Bürgermeister-Partei. Hebein attestierte in diesem Zusammenhang Ludwig aber auch einmal mehr Mutlosigkeit aufgrund seiner Blockade beim Projekt "autofreie Innenstadt". Gleichzeitig stellte Hebein die Einführung eines Abbiegeassistenten für LKW, der eigentlich schon seit dem Frühjahr vorgeschrieben sein sollte, als Koalitionsbedingung. 

TV-Duell zur Wien-Wahl: Mögliche Koalitionsvarianten

Das Thema Corona sollte dann die Gemüter erhitzen. Allen voran aufgrund der Ankündigung des SPÖ-Gesundheitsstadtrates Peter Hacker, an Sitzungen des Kristenstabs des Innenministeriums nicht mehr beiwohnen zu wollen. Bürgermeister Ludwig pfiff seinen Stadtrat am Donnerstagabend jedoch zurück und erklärte, dass dieser am Freitag sehr wohl an der Sitzung teilnehmen werde, um dort etwaige Unstimmigkeiten mit ÖVP-Minister Karl Nehammer zu beseitigen. 

Kritik an ausbleibenden Corona-Hilfen

ÖVP-Spitzenkandidat und Finanzminister Gernot Blümel sah in der Aktion Hackers einen weiteren Beweis dafür, dass Wien die Hilfe aus dem Bund nicht annehmen wolle. “Ich kann nur darum bitten, dass wir gemeinsam Maßnahmen setzen. Wenn wir so weitermachen, werden die Zahlen weiter steigen. Wir haben eine Wintersaison vor uns, da geht es auch um viele Arbeitsplätze”, sagt Blümel. Ludwig kontert: “Wir sind aber nicht an den Fällen in Tirol schuld, oder?”

Die Angebote aus dem Bund seien bislang nicht ernst zu nehmen gewesen, sagt Ludwig. Mehr Polizisten würde er sich dringend wünschen. “Wir leisten in Wien mit 25 Prozent des Personals etwa 60 Prozent der Arbeit in ganz Österreich. Ich frage mich: Welche Beamten würde mir das Innenministerium zur Verfügung stellen? Wir nehmen jedes Angebot an. Aber für PR-Aktionen ist die Coronakrise zu ernst.”

Von allen Seiten musste sich Blümel anschließend Kritik an der Finanzhilfen des Bundes in der Coronakrise anhören. Der Finanzminister forderte alle anderen Spitzenkandidaten auf, ihm Fälle, bei denen es Probleme gibt, mitzuteilen. Passiert sei das bislang noch nicht. Neos-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr sieht das anders: “Ich habe Ihnen schon so viele geschickt, manche Betriebe gibt es gar nicht mehr.”

Autofreie Innenstadt: Ludwig spielt auf Zeit

Während FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp im Corona-Zusammenhang auch Chaos an den Schulen anprangert, stellt Heinz-Christian Strache überhaupt gesundheitliche Maßnahmen wie etwa Corona-Tests infrage. Das wiederum ärgert Birgit Hebein , die es für fahrlässig hält, wie die FPÖ und Strache mit den Schutzmaßnahmen umgehen würden. Wirtschaftlich ginge es darum, rasch zu handeln. Daher habe Wien drei Maßnahmenpakete beschlossen während gleichzeitig im Familien-Härtefallfonds aus dem Bund das Geld nicht ankomme, sagt Hebein. Blümel antwortet, dass der Bund bereits das Zehnfache in Wien von dem ausbezahlt habe, was die Stadt selbst an Paketen geschnürt hat.

Emotional wurde es auch noch einmal beim Thema Verkehr. Ludwig will bis zu einer Lösung beim Thema "autofreier Innenstadt" noch stärker die Betroffenen einbinden und beruft sich erneut auf eine rechtliche Prüfung des Projekts, das nach aktuellem Stand “verfassungswidrig” sei. Nepp sieht an den Plänen “Autofahrer-Hass”, Strache sieht den “Tod für Unternehmer” im ersten Bezirk bevorstehen. Hebein daraufhin: “Wenn sie alle nichts für den Klimaschutz machen wollen, dann stehen sie dazu!”

Kleinere Überraschungen lieferten auch noch zwischen den einzelnen Themen durchgeführte Ja/Nein-Runden. So sieht Ludwig nicht mehr hundertprozentig die Notwendigkeit einer dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat. Man müsse erst abwarten, wie sich der Flugverkehr entwickeln würde. Eine ungewöhnliche Einigkeit zwischen Hebein und Strache gab es indes bei der Frage nach gratis Öffis in Wien, die nur von der grünen Spitzenkandidatin und dem ehemaligen Vizekanzler gefordert wurden. Keine Neuigkeit war hingegen die Frage nach einer Corona-bedingten Vor-Verlegung der Sperrstunde auf 22 Uhr. Für diese sprach sich nur ÖVP-Spitzenkandidat Blümel aus.