In den letzten Wochen standen praktisch alle Redaktionen vor einer scheinbar banalen Gretchenfrage. Wie hälst du’s mit der ÖVP? Und zwar farblich? Spätestens zum Wahltag musste diese scheinbar beiläufige Frage geklärt werden: In welcher Farbe soll in den Grafiken, die das Wahlergebnis abbilden, die ÖVP dargestellt werden? Bis dato war es immer Schwarz. Und jetzt Türkis? Geht man damit nicht Sebastian Kurz auf den Leim, der den Eindruck erwecken will, mit der alten ÖVP gebrochen zu haben und eine neue Bewegung aus der Taufe gehoben zu haben? Neubeginn oder  Etikettenschwindel?

So einfach ist die Frage nicht zu klären. In den Statuten der ÖVP findet sich nichts über eine Parteifarbe. Kurz musste denn auch keine Statuten ändern, um die Umfärbung zu vollziehen, als er die Partei übernahm. Die Schilder in der Parteizentrale, die Homepage der ÖVP, die Visitkarten, die Kugelschreiben sind längst  geändert worden, Türkis ist das neue Schwarz.

In den letzten Tagen sind offenkundig die Redaktionen des Landes flächendeckend von der Parteizentrale kontaktiert worden – mit der freundlichen Aufforderung, endlich doch die die neue Farbe in die Berichterstattung aufzunehmen.

Warum die Telefon glühen, liegt auf der Hand. Wie mein Kollege Stefan Kappacher am Wochenende treffend beschrieben hat, geht es einzig allein um das Framing, also um Versuch, durch eine neue Begrifflichkeit eine neue Wirklichkeit entstehen zu lassen.

Die ÖVP schickt sich an, mit der FPÖ Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, da soll in keiner Weise der Eindruck erweckt werden, es handle sich um eine Neuauflage der alten, vielfach verpönten schwarzblauen Koalition. Also schreibe und rede man lieber von Türkis-Blau.

Die nächsten Wochen werden zeigen, welche Begrifflichkeit sich durchsetzt. Die SPÖ, die vor dem Gang in die Opposition steht, hat Schwarz-Blau als Kampfbegriff bereits entdeckt.

Übrigens: Pantone 7709 heißt der türkise Farbton der ÖVP im Fachjargon. Die Schwarzen sind ebenso ein alter Kampfbegriff, der von den schwarzen Soutanen der katholischen Geistlichkeit herrührt.