In den USA bricht eine spannende und entscheidende Polit-Woche an: Am Mittwoch soll der Kongress in Washington den Wahlsieg Joe Bidens offiziell bestätigen. An sich ein Formalakt – und doch zeichnet sich hier das nächste Störfeuer Donald Trumps und seiner Getreuen ab, die seine Wahlniederlage weiterhin nicht anerkennen wollen. Auch mit Straßenprotesten der Trump-Anhänger wird gerechnet.

Morgen findet zudem in Georgia die letzte und entscheidende Etappe der Senatswahl statt: eine Stichwahl um zwei Sitze, von deren Ausgang es abhängt, wer künftig im Senat in Washington die Mehrheit hat. Davon wiederum hängt ab, ob Joe Biden künftig mit der Unterstützung beider Parlamentskammern regieren kann oder ob ihm eine republikanische Mehrheit im Senat Prügel in den Weg legt. Umfragen sagen derzeit ein enges Rennen voraus.



Trotz mehrfacher Niederlagen vor Gericht bereiten die Trump-Getreuen für Mittwoch eine Blockade-Aktion im Kongress vor. Wie es die Tradition vorsieht, wird der Noch-Vize-Präsident, also Mike Pence, das Ergebnis der Wahl im Kongress verlesen. Dann ist amtlich, wer die Wahl gewonnen hat.

Eine Gruppe republikanischer US-Senatoren hat Widerstand gegen die Bestätigung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl durch den Kongress angekündigt. Bei der Sitzung am Mittwoch wollen sie die Einsetzung eines Untersuchungsgremiums fordern, das eine zehntägige Prüfung des Wahlresultats vornehmen soll, teilten sie mit. Auch rund hundert Abgeordnete des Repräsentantenhauses wollen Biden die Anerkennung verweigern.

Untersuchen

Die entsprechende Erklärung vom Samstag wurde von sieben amtierenden Senatoren, unter ihnen der Hardliner Ted Cruz, und vier neu gewählten Senatsmitgliedern unterzeichnet. Der Kongress solle „sofort“ eine Untersuchungskommission einsetzen, die möglichen „Wahlfälschungen“ auf den Grund gehen könne.
Für Wahlfälschungen gibt es allerdings weiterhin keine Belege. Die Wahlleute aus den Bundesstaaten haben Bidens klaren Sieg längst bestätigt. Die Bestätigung des Siegers der Präsidentschaftswahl im Kongress ist eigentlich nur eine Formalität.

Trump weigert sich jedoch, seine Niederlage anzuerkennen. In den vergangenen Monaten stellte er zahlreiche Behauptungen über mutmaßlichen Wahlbetrug auf, ohne Beweise dafür vorzulegen. Er hat seine Anhänger aufgerufen, am Mittwoch in Washington zusammenzukommen.

Die Blockade-Aktion spaltet auch die Republikaner selbst: Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, hat Biden bereits zu seinem Wahlsieg gratuliert. McConnell forderte seine Parteikollegen auf, Bidens Sieg bei der Sitzung am Mittwoch zu bestätigen, nachdem Anhänger des abgewählten Republikaners Trump vor mehreren Gerichten mit Versuchen gescheitert waren, das Wahlergebnis für nichtig zu erklären.

Verzögerung

Können die Hardliner die Amtsübernahme Bidens damit verhindern? Beobachter in Washington halten dies für ausgeschlossen. Erreichen können sie, dass sich beide Kongresskammern zu getrennten Sitzungen zurückziehen müssen, um die Einwände zu debattieren und am Ende abzustimmen, ob sie diesen folgen oder nicht. Das wäre praktisch eine Störaktion, aber sie könnte das Prozedere nicht stoppen, sondern lediglich in die Länge ziehen. Derek Muller, Rechtsprofessor an der Universität von Iowa, spricht von einem „politischen Gag“ – es ist allerdings einer, den nicht mehr viele lustig finden werden. Das Gesetz von 1887, das regelt, wie das Parlament die Wahl bestätigt, sei zwar nicht ganz eindeutig formuliert, so Muller, aber die meisten Gelehrten würden die Auffassung vertreten, dass dem Kongress die rechtliche Befugnis fehlt, eine Prüfung zu verlangen.

Abzuwarten bleibt, wie die Trump-Getreuen reagieren, falls in Georgia die beiden demokratischen Kandidaten gewinnen sollten. Trump drängte bereits, das Ergebnis in Georgia vom 3. November „zu ändern“. Die republikanische Senatorin Kelly Loeffler will ihr Mandat gegen ihren demokratischen Herausforderer Raphael Warnock verteidigen, Loefflers Parteifreund David Perdue seinen Senatssitz gegen den Demokraten Jon Ossoff. Die Stichwahlen sind nötig, weil in der ersten Wahlrunde keiner der Kandidaten die Schwelle von 50 Prozent erreicht hatte. Sollten die beiden Demokraten gewinnen, würde im Senat in Washington Gleichstand mit den Republikanern herrschen – im Streitfall würde dann Vize-Präsidentin Kamala Harris die Aufgabe zukommen, zu entscheiden.