"Wochen bis zur Angelobung katastrophal"

"Man kann sich kaum vorstellen, dass Trump die Wahlen gewinnen könnte. Vor vier Jahren sah es 14 Tage vor dem Wahltag auch ganz danach aus, dass Hillary Clinton das Rennen machen, dann kam es anders. 40 Prozent der Amerikaner stehen hinter Trump und wollen nicht wahrhaben, dass nicht alles wunderbar ist. Diesmal dürfte es für Trump nicht reichen, aber wenn das Chaos nach der Wahl besondere Dimensionen annimmt, weiß niemand, was passiert. Selbst wenn er klar verliert, werden die Wochen bis zur Angelobung von John Biden am 20. Jänner, so fürchte ich, katastrophal sein."

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Michael Orthofer
Michael Orthofer © (c) Roderick Aichinger

Michael Orthofer, Initiator und Chef des Literatur-Blogs Complete Review (New York) – in Graz geboren, in New York aufgewachsen.

"Patriotismus und Angstmacherei lenken von Veränderungen ab"

"Dieser Wahlkampf war deutlich gespaltener als jeder zuvor. Ich werde mich sicherlich am Wahlsonntag mit Freunden die TV-Show anschauen, um zu lernen, wie sich dieses Volks beeinflussen lässt. Wenn ich auch die jungen Leute so beobachte, so glaube ich nicht, dass sich das Weiße Haus auf einen neuen Bewohner vorbereiten muss. Corporate Amerika hat viel zu verlieren, es geht um sehr viel Macht und Geld. Internationale Beispiele haben gezeigt, dass die Menschen nicht zu viel Freiheit vertragen. Eitler Patriotismus und Angstmacherei lenken von substanziellen Veränderungen ab."

Tipp: Donald Trump wird gewinnen.

Edi Oleschak

Edi Oleschak, Filmproduzent in Hollywood – in Graz geboren, aufgewachsen und studiert, seit den achtziger Jahren in Los Angeles.

"Tragen der Maske als politisches Statement"

"Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich die Gräben im Land seit dem Amtsantritt von Donald Trump spürbar vergrößert und der Umgang des Präsidenten mit Covid-19 hat diesen Trend meines Erachtens verstärkt. Eine kleine Anekdote: Meine Lebensgefährtin und ich waren im Sommer in South Dakota auf Urlaub. Als wir beim Betreten des Hotels sowie bei diversen Sehenswürdigkeiten, wie vorgeschrieben Masken getragen haben, wurde dies immer wieder von anderen Reisenden auf negative Weise kommentiert. Das Tragen der Maske wurde offenbar als politisches Statement empfunden. Auf der anderen Seite wünschen sich mehr und mehr Amerikaner auf beiden Seiten, dass das Land wieder zusammenrückt. Aus der Sicht österreichischer Unternehmen mit US-Investments ist zu hoffen, dass sich nach der Wahl die Planungssicherheit wieder erhöhen wird (Verschärfungen in einigen Visakategorien und die Einfuhr von Zöllen auf diverse ausländische Produkte haben zum Teil beträchtliche Auswirkungen auf einige meiner Klienten), egal wie diese Wahl ausgeht."

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Stefan Größbacher

Stefan Größbacher (40) ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er lebt mit Unterbrechungen seit 2012 in Chicago und New York.

"Trump kann sagen und behaupten, was er will"

Die Dynamik des Wahlkampfes ist faszinierend. Kürzlich hat die New York Times ihre gesamte Beilage, die „Sunday Review“, ausschließlich Trump gewidmet. Das ist sicherlich historisch. Überfällig war, dass sich Obama zu Wort gemeldet hat. In mehreren längst fälligen Reden hat er sich kein Blatt vor den Mund genommen und Trump so hingestellt, wie er wirklich ist. Das Schlimme ist: Trump kann sagen und behaupten, was er will. Seine Anhänger nehmen das für bare Münze und verehren ihn mehr denn je. Dieser Unsicherheitsfaktor zieht sich bis zum Wahltag, obwohl ich an einen gewaltigen Sieg von Biden glaube.

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Helga S. Kaiser
Helga S. Kaiser © Privat

Helga S. Kaiser ist gebürtige Grazerin und lebt seit 50 Jahren in den USA.

"Trump kann nur durch Wahlbetrug besiegt werden"

"Die politische Stimmung in den USA hat sich in den letzten 16 Jahren, seit ich hier lebe, enorm zum Schlechten verändert! Ich persönlich führe das auf den Machthunger und die Korruption des politischen Establishments (Cabal) zurück, das seit Jahrzehnten von beiden Parteien, den Republikanern und Demokraten besetzt war. Mit der 2016-Wahl eines Nicht-Politikers, des Großunternehmers Donald J. Trump, einem Republikaner, wurde nun der schlummernde Riese (Swamp) aufgeweckt, und in Folge wurde von der Gegenpartei, den Demokraten, sofort eine sogenannte Resistance gegründet, die sich auf die Fahnen schrieb "Trump muss weg". Seit seiner Angelobung am 20. Januar 2017 wurden keine Mittel gescheut, Trump abzusetzen, und keine üblen Tricks, wie Lügen und Angstmache, wurden ausgelassen, inklusive den kürzlich installierten, mitunter gewaltsamen Protesten von linken Randgruppen wie Antifa und Black Lives Matter. In einigen von Demokraten geleiteten Staaten, in welchen man "weg schaut" und nichts unternimmt, um die Ausschreitungen zu beenden, möchte man Trump dazu provozieren, dass er das Heer mobilisiert, was er meiner Meinung nach natürlich nicht machen wird.

Meiner Meinung nach, wird der "Präsident des Volkes" wieder gewählt werden, obwohl die Umfragen, genauso wie 2016, das Gegenteil behaupten wollen. Ich glaube dass die einzige Möglichkeit, Trump's Popularität zu schlagen, massiven Wahlbetrug bedeuten würde.
Bei jeder Wahl wird nicht nur der Präsident mit seinem Vizepräsidenten gewählt, sondern auch die Senatoren und Repräsentanten. Der Senat ist im Moment unter republikanischer, das Haus der Repräsentanten unter demokratischer Mehrheit."

Tipp: Donald Trump wird gewinnen.

Gerlinde Foltin

Gerlinde Foltin (66) ist ursprünglich aus Ilz in der Steiermark. Sie ist Pensionistin und lebt seit 2004 im US-Bundesstaat Arizona.

"Ich bezweifle, dass Biden es besser machen wird"

"Die Stimmung im Land ist aktuell extrem gespalten. Selbst in meinem Freundeskreis. Noch nie zuvor waren die Leute so polarisiert wie aktuell. Trump versteht es, die Fakten zu verfälschen und lud die Masken von Anfang an politisch auf. Das ist nach wie vor ein großes Thema (Eingriff in die persönliche Freiheit). Es ist schwer, überhaupt noch den Durchblick zu behalten. Der mittlere Westen ist konservativ, jedoch spiegelt Trump den Mittleren Westen nur teilweise wider. Die Leute hier sind unglaublich freundlich, hart arbeitend und extrem hilfsbereit. Ich habe mich von Anfang an willkommen gefühlt und es tut mir weh, dass Trump dieses Bild der USA gerade zerstört. Der Großteil der Amerikaner ist freundlich und alles andere als ausländerfeindlich - im Gegenteil. Ich bin ein Fan der USA, glaube nach wie vor, dass es hier enormes Potenzial gibt, jedoch ist das Gesundheitssystem aktuell eine Katastrophe. Ich bezahle zum Beispiel bis zu 2500 Dollar aus eigener Tasche für einen Besuch in der Notaufnahme. Ich bezweifle, dass Biden das besser machen wird - leider." 

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Stephan Schäper

Stephan Schäper (31) ist IT Project Manager und lebt seit 2018 in Nebraska.

"Die Demokratie wird gewinnen"

"Diese Wahl ist besonders spannend für mich, da meine Frau vor ein paar Wochen die amerikanische Staatsbürgerschaft bekommen hat daher unsere Familie zum ersten Mal wählt. Ich selbst kann, wie viele Auslandsösterreicher, wegen der österreichischen Doppelstaatsbürgerschaft-Diskriminierung leider selbst nicht wählen. Zum Unterschied mit Österreich sticht heraus, dass nicht nur der Präsident sondern knapp 40 Wahlen gleichzeitig stattfinden. Gouverneure, Abgeordnete, Senatoren, Staatsanwälte, Richter, Schulinspektoren, Sheriffs, Bezirksvorsteher, etc. werden alle direkt gewählt. Es gibt auch Referenden ob etwa eine U-Bahn gebaut werden soll oder mehr Geld in Fahrradwege fließen soll. Die unmittelbaren Stadt- und Bezirkskandidaten haben für unser Leben mehr Gewicht, als der Präsident. Das hat sich schon bei der letzten Wahl gezeigt. Bei der Präsidentschaftswahl stehen vier Kandidaten zur Auswahl und man kann auch einen anderen Kandidaten hinschreiben, selbst wenn diese Person nicht am Stimmzettel steht. Der Sieger der Wahl steht für mich jetzt schon fest: Das ist die Demokratie in Amerika, denn diese ist vielfältig, anpassungsfähig und voller Wettbewerb. Sie hat sich ein paar Jahre vor ihrem 250. Geburtstag als sehr robust erwiesen."

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Martin Wallner

Martin Wallner (34) ist Unternehmer, lebt in Austin, Texas und ist seit 12 Jahren in den USA.

"Diesmal wählen viel mehr Menschen"

"Trump lügt häufig - bis zu 50 Lügen täglich wurden ihm in Medien attestiert. Die Gerichte werden von der jetzigen Regierung unterwandert und mit loyalen Republikanern und unterqualifizierten Richtern besetzt. Auch Trumps Stab ist meiner Meinung nach mit wenig qualifizierten Leuten besetzt. Das Gesundheitssystem wurde systematisch geschwächt, die Selbstbestimmung von Frauen eingeschränkt. Trump selbst ist Rassist, der offen rechte Gruppierungen legitimiert. Er vermischt private und berufliche Agenden und hat die Covid-Krise völlig unterschätzt und schlecht gemanagt. 47 Millionen Amerikaner haben bis zum 22. Oktober bereits gewählt, das sind doppelt so viele wie im Jahr 2016. Und das hilft meiner Meinung nach den Demokraten."

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Hermann Reiner

Hermann Reiner (71) kommt aus Niederösterreich, lebt seit 42 Jahren in den USA und ist in der Hotellerie tätig.

Trump kann sagen, was er will

Die Dynamik des Wahlkampfes ist faszinierend. Kürzlich hat die New York Times ihre gesamte Beilage, die "Sunday Review", ausschließlich Trump gewidmet. Das ist sicherlich historisch. Überfällig war, dass sich Obama zu Wort gemeldet hat. In mehreren längst fälligen Reden hat er sich kein Blatt vor den Mund genommen und Trump so hingestellt, wie er wirklich ist. Das Schlimme ist: Trump kann sagen und behaupten, was er will. Seine Anhänger nehmen das für bare Münze und verehren ihn mehr denn je. Dieser Unsicherheitsfaktor zieht sich bis zum Wahltag, obwohl ich an einen gewaltigen Sieg von Biden glaube.

Tipp: Joe Biden wird gewinnen.

Helga S. Kaiser ist gebürtige Grazerin und lebt seit 50 Jahren in den USA.